Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elfenherz

Titel: Elfenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
Vom Netzwerk:
wie ein quakender Frosch, und Val sah, dass ihre Zunge schwarz war.

    »Nein.« Val erinnerte sich an die Warnung des Trolls und an das Scharfkraut in ihrer Tasche. »Ich muss los.«
    »Schon gut«, sagte die Grauäugige und scharrte mit dem nackten Fuß in der Erde. »Komm mal wieder, wenn du nicht so heftig verzaubert bist. Ich würde mich freuen. Du bist fast so hübsch wie er da.«
    »Ich bin überhaupt nicht hübsch«, sagte Val.
    »Wie du meinst«, erwiderte das Mädchen.

    Val wusste nicht, was sie erwarten sollte, als sie an brettervernagelten Mietskasernen und Läden mit kaputten Fensterscheiben vorbeikam. Das Haus, zu dem sie von dem Faden an ihrem Finger gezogen wurde, war ebenfalls vernagelt, aber zu ihrer Überraschung entdeckte Val einen blühenden Garten auf dem Dach. An einer Häuserseite hingen lange Ranken und halb ausgewachsene Bäume wuchsen aus einer dünnen Erdschicht. Darüber wölbte sich eine Art Aluminiumkäfig. Val ging zum Eingang, der von Efeu überwuchert war. Im zweiten Stock fehlten die Fensterscheiben; durch die gähnenden Löcher konnte sie beinahe in die Zimmer sehen.
    Als sie die bröcklige Treppe betrat, löste sich das Garn von ihrem Mittelfinger und fiel ins Gras.
    Val holte die Flasche aus dem Rucksack und stellte sie hin, wie der Troll sie angewiesen hatte.
    Als es plötzlich im Gras raschelte, kiekste Val erschrocken und machte einen Satz rückwärts. Ihr wurde bewusst,
wie still es auf einmal war. Noch immer fuhren Autos vorbei, aber die Geräusche der Stadt waren gedämpfter. Eine braune Ratte streckte ihr Gesicht aus dem Gras, die schwarzen Knopfaugen wie polierte Kiesel, mit zuckendem Näschen. Val lachte erleichtert.
    »Na du«, sagte sie und ging in die Hocke. »Ich habe gehört, du kannst sogar Kupfer durchbeißen. Das ist eine stolze Leistung.«
    Die Ratte drehte sich um und huschte durchs Gras davon. Dann trat eine Gestalt aus dem Schatten, hob die Ratte auf und setzte sie auf ihre breite Schulter.
    »Wer...«, setzte Val an, brach dann aber ab.
    Er trat ins Licht, ein Wesen, das fast so groß war wie der Troll, doch dicker, mit Hörnern, die sich wie bei einem Bock aus seinem Kopf wanden. Der dichte braune Bart war an den Spitzen grün und er trug einen Flickenmantel und selbst geschusterte Stiefel.
    »Komm herein und wärme dich auf«, sagte er und hob die verkorkte Bierflasche auf. »Ich habe ein paar Fragen an dich.«
    Val nickte, warf aber einen verstohlenen Blick auf die Straße und überlegte, ob sie weglaufen sollte. Da legte der Elf ihr hart die Hand auf die Schulter, womit sich die Frage erledigt hatte. Er schob sie zum Hinterhaus und durch eine Tür, die nur noch an einer Angel hing.
    Drinnen waren Körperteile von Schaufensterpuppen auf beunruhigende Weise an der Wand gestapelt. In der einen Ecke lagen die zu einer Pyramide gehäuften Köpfe, in der
anderen ein Berg Arme in den unterschiedlichsten Hautfarben. Ein Haufen Perücken breitete sich wie ein großes, ruhendes Tier mitten auf dem Fußboden aus.
    Ein winziges Wesen mit Mottenflügeln schwirrte durch die Luft. Es hielt eine Nadel und landete auf dem Brustkorb einer Männerpuppe, um eine Weste daran zu nähen.
    Val schaute sich angstvoll um, auf der Suche nach etwas, das als Waffe dienen könnte. Sie ging rückwärts, um im Notfall hinter sich greifen zu können. Die Vorstellung, die Kreatur mit einem Plastikbein zu bedrohen, war nicht berauschend, aber sie würde es notfalls tun. Nicht dass sie wirklich glaubte, damit großen Schaden anrichten zu können. Doch als sie die Finger um etwas schloss, das sie für einen Arm gehalten hatte, löste sich die Hand des Mannequins.
    »Was ist das hier?«, fragte sie in der Hoffnung, dass der Elf nichts merkte.
    »Ich stelle Wurzelstöcke her«, sagte das Wesen mit den Hörnern und setzte sich auf eine Milchkiste, die unter seinem Gewicht ächzte. »Nadelnixe und ich, wir sind die Besten auf dieser Seite des Ozeans.«
    Die mottenflügelige Elfe summte. Val wollte die Hand wieder auf das Regal hinter sich legen, aber ohne hinzusehen, fand sie keinen geeigneten Platz. Sie verstaute sie schließlich in ihrer Jeans unter dem Mantel.
    »Die Königin des Seligen Hofes, Silarial persönlich, nutzt unsere Dienste.«
    »Wow«, sagte Val, weil er ihr eindeutig imponieren wollte.
In der Stille, die darauf folgte, fühlte sie sich genötigt zu fragen: »Wurzelstöcke?«
    Als er lächelte, sah sie gelbe spitze Zähne. »Das ist das, was wir dalassen, wenn wir jemanden

Weitere Kostenlose Bücher