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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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das Bild. Er hätte der Modestrecke eines Männermagazins entsprungen sein können.
    Es kostete Aliénor einige Mühe, den Blick von ihm loszureißen. Sie holte tief Luft und schritt langsam die Treppe herab, eine Hand leicht auf den Treppenlauf gelegt, was schon allein wegen der hohen Absätze ihrer glitzernden Abendsandaletten nötig war. Es war ihr sehr bewusst, dass auch er sie nun das erste Mal hübsch zurechtgemacht sah. Er hatte sie betrunken und panisch in ihrem Eternal-Romantics- Outfit erlebt, zitternd und schwitzend bei ihrer Verwandlung, barfuß und in Jeans bei ihrer Flucht – aber noch nie so weiblich und elegant wie jetzt. Sie hoffte, es würde ihm gefallen.
    Als sie am Fuß der Treppe angekommen war, griff Frédéric nach ihrer Rechten und drückte sie sanft, als müsste er sie festhalten, damit sie nicht davonflöge. «Guten Abend, Aliénor. Wie geht es dir?»
    Der Ausdruck in seinen Augen sagte ihr, dass sie sich keine Gedanken hätte machen müssen. Es war sehr deutlich, dass sie ihm in ihrer neuen Aufmachung gefiel. Sie lächelte ihn an. «Danke, viel besser.»
    «Du siehst wundervoll aus.»
    Obwohl es genau das war, was sie hatte hören wollen, machte sein Lob sie doch verlegen, und sie spürte, wie sie errötete. «Danke. Das ist allein Roxannes Verdienst. Sie hat sich selbst übertroffen.»
    Mit einem Räuspern machte der Mann an Frédérics Seite auf sich aufmerksam. Frédéric ließ Aliénors Hand los und wandte sich ihm zu. «Darf ich vorstellen: Olivier d’Alençon. Einer meiner Freunde und zurzeit ebenfalls Gast in meinem Haus.»
    D’Alençon nahm Aliénors Hand und beugte sich zu einem Handkuss darüber.
    «Enchanté, Mademoiselle. Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen.»
    In diesem Moment erschien eine schlanke Frau mit rabenschwarzen langen Haaren in einem der Türrahmen, die von der Eingangshalle zu den Räumen des Erdgeschosses führten. Sie trug eine eng anliegende elegante Lederhose, hochhackige Pumps und eine einfache schwarze Bluse. Ihr Gesicht war schmal, makellos, mit einer edlen schlanken Nase und schön geschwungenen, ungeschminkten Lippen. Sie musterte Aliénor mit ernster Miene und aufmerksamem Blick von oben bis unten, sagte aber nichts.
    «Aliénor, das ist meine Schwester Valentine», stellte Frédéric sie vor.
    «Bonsoir, Madame la duchesse.» Aliénor streckte ihr ohne weiter darüber nachzudenken, die Hand entgegen. Valentine zögerte, erwiderte aber dann doch kurz ihren Händedruck.
    «Willkommen auf Château de Bonville, Aliénor», begrüßte sie sie mit kultivierter Stimme in fast akzentfreiem Deutsch. «Bitte nennen Sie mich Valentine. Mein Bruder hat mir viel von Ihnen erzählt.» Auch wenn die Worte freundlich waren, war doch in ihrem Tonfall eine gewisse Reserviertheit zu spüren.
    «Olivier.» Sie nickte Frédérics Freund kurz zu. Immerhin war sie zu ihm nicht deutlich freundlicher als zu ihr. Trotzdem fragte sich Aliénor, was Frédéric seiner Schwester wohl von ihr erzählt hatte. Oder war sie einfach so zurückhaltend, weil sie eine Elfe war? Sie zuckte innerlich mit den Schultern. Im Moment konnte sie ohnehin nichts daran ändern, und solange Valentine sie nicht hinauswarf, sollte es ihr recht sein.
    «Das Essen ist angerichtet», kam Bertrands Stimme von einer anderen Tür.
    Frédéric griff ihren Arm und führte sie hinüber. Aliénor bemerkte, dass Valentine zwar neben Olivier das Zimmer betrat, er ihr jedoch nicht den Arm angeboten hatte und sie ihn auch in keiner Weise berührte.
    Das Zimmer, in das Bertrand sie bat, entpuppte sich als kleiner Speisesaal. Eine Wandseite war verspiegelt, an der anderen hingen moderne Gemälde. In der Mitte stand ein langer Esstisch mit Platz für zehn Personen. Auch Tisch und Stühle waren modern, die Lehnen hoch und ungepolstert. Einer der Stühle in der Mitte der Längsseite war durch einen stilistisch nicht ganz passenden Hocker ersetzt worden. Der war wohl für sie gedacht, und in der Tat führte Frédéric sie auch genau dorthin.
    Er nahm neben ihr Platz, was ein wenig beruhigend war. Valentine und Olivier setzten sich ihnen gegenüber. Roxanne erschien und füllte Wasser und Wein in die bereit stehenden Gläser.
    «Möchten Sie Wein zum Essen, Mademoiselle Aliénor, oder lieber Saft?»
    Der Wein war deutlich verlockender als der hellorange Multivitaminsaft, den Roxanne in einer zweiten Karaffe bereithielt. Andererseits war sie sehr durstig und bestimmt war der Saft bekömmlicher. Es war an der Zeit

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