Elfenkrieg
Niemals hätte er gedacht, sie wiederzusehen könne ihn derart aufbringen. Es war doch schon so lange her, und wo ihm Vanoras Anblick schmerzhaft durch die Knochen gefahren war, als hätte er sie noch einmal verloren, erfüllte ihn Mearas Anblick mit der Sehnsucht nach Trost.
Kein sehr angenehmer Gedanke, denn er wusste, dass er zu nichts führte.
»Ihr geht es offensichtlich wieder gut.« Meara deutete zum Tempelaufgang, wo Vinae immer noch mit Ardemir zusammen war. »Sie scheint einen Narren an deinem Vetter gefressen zu haben.«
»Jeder mag Ardemir.« Mit einem Seufzer wandte Eamon sich nun wieder ganz Meara zu. »Was willst du hier?«, fragte er, müde vom Kampf. »Willst du mir erklären, wie ich plötzlich zu einer Tochter komme?«
Meara lächelte. »Du hast es sofort erkannt, hm?«
»Das war nicht sehr schwer.«
»Ja, sie sieht dir viel zu ähnlich. Schade um sie.«
»Macht dir das Spaß?«
Ihn erstaunte immer wieder, zu welch unschuldigem Ausdruck dieses ausgekochte Luder fähig war. Wie sanft die rehbraunen Augen ihn ansehen konnten, als wäre Meara zu keiner Intrige fähig. Es war erbärmlich, wie schwach ihn dieser Blick machte, wie offensichtlich er darauf hereinfiel und doch nichts dagegen tun konnte.
»Du hast ihr nichts von mir erzählt«, brach er das Schweigen und konnte den Vorwurf nicht ganz aus seiner Stimme heraushalten. »Nichts Konkretes zumindest.«
»Konkret wie deinen Namen, meinst du? Nein, den habe ich ihr nicht genannt. Sie lebte auch ohne ganz gut, Eamon. Sie braucht dich nicht.«
Der Hieb saß. Eamon nickte langsam. »Du hast dann ja bestimmt nichts dagegen, wenn ich ihr die Wahrheit sage.«
Meara hob die Schultern kurz an. »Es ist mir gleichgültig. Das Kind ist ohnehin verloren, du kannst mit ihr machen, was du willst.«
»Tu nicht so, als bedeute sie dir nichts.«
»Sie ist deine Tochter, Eamon. Ich wusste, das würde Folgen haben.«
»In dem Moment, als du in meinen Traum kamst?«
Meara sah durch ihre dichten Wimpern zu ihm hoch. »War es denn ein Traum?«, fragte sie honigsüß. »Vinae würde wohl etwas anderes dazu sagen.«
»Sag du es mir. Ich wachte auf, und nichts wies darauf hin, auf das, was ... passiert ist.«
»Nun.« Meara trat einen Schritt auf ihn zu, und Eamon konnte nur schwer dem Drang widerstehen, vor ihr zurückzuweichen, um seinem Impuls, ihr näher zu kommen, nicht nachzugeben. »Ich bin eine Magierin, Eamon. So mancher sagt, die mächtigste Elvions. Was glaubst du denn?«
»Aber was ist mit Vinae? Ist sie durch Magie ...«
Meara schnaubte ungeduldig. »Ach, was du für eine farbenfrohe Phantasie hast! Das zwischen uns war echt, Eamon, Vinae ist echt, genauso wie ihr absonderliches Wesen. Der Mistelzweig war doch ebenso real, oder etwa nicht?« Sie lachte auf. »Nevliin trägt ihn immer noch mit sich herum, nicht wahr?«
»Und wenn es so wäre?«
»Was, wenn ich ihm sagen würde, der Zweig ist einfach nur ein Zweig, und ich habe euch alle an der Nase herumgeführt?«
Eamon zuckte mit den Schultern. »Und?«, fragte er bemüht gleichmütig. »Hast du?«
»Wer weiß?«
Er hatte sie an den Schultern gepackt, noch ehe ihm bewusst war, sich überhaupt von der Stelle gerührt zu haben. Mit aller verbliebenen Kraft hielt er sie fest und beugte sich über sie. »Hör zu, Meara«, knurrte er, »denn ich sage es nur einmal: Hör auf mit deinen Spielchen mit Nevliin, mit Vinae und mit ... mir. Geh zu deinen Fürsten! Hier bist du nicht von Nutzen.Du bist zu schwach, um es mit der Nebelpriesterin aufzunehmen, also geh mir aus den Augen, bevor ich mich vergesse.«
Unter Aufbringung aller Willenskraft löste er seine Finger von ihren Armen und richtete sich auf. Das spöttische Lächeln in ihrem Gesicht hätte ihn beinahe die Beherrschung verlieren lassen, doch noch hielt er sich zurück.
»Autsch«, sagte sie und zog einen Schmollmund. »Das tat weh. Schön, zu sehen, dass du immer noch so leicht entflammbar bist.« Sie tätschelte seine Wange und sah ihm in die Augen. »Vielleicht komme ich noch einmal auf dich zurück.«
Mit diesen Worten drehte Meara sich um und ließ ihn zitternd vor Anspannung stehen. Der Anblick des Drachen oder des Nebels hätte ihn nicht verwirrter zurücklassen können. Es war einfach nicht möglich, gegen sie zu gewinnen. Sie konnte mit ihm spielen, wie sie wollte, und er ließ es sich auch noch gefallen. So konnte es nicht weitergehen.
Sein Blick glitt über den Tempelplatz und folgte der weißen Erscheinung. Meara
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