Elfenkrieg
anzuschneiden.
»Das mit deinen Eltern tut mir sehr leid«, sagte sie, auch wenn ihr bewusst war, wie leer die Worte für diesen Waisen klingen mussten.
Nefgáld sah von seiner Schüssel auf und zerkrümelte das Brot in seiner Hand. »Muss es nicht«, sagte er ernst. »Du warst es ja nicht.«
»Nein.« Vinae aß wieder einige Bissen, warf einen flüchtigen Blick zu den beiden Schlangenschilden, die sich von einer Magd mit Plätzchen versorgen ließen, und wandte sich wieder an den Jungen. »Die Fürsten sagen, er hätte sich gegen die Königin verschworen«, fuhr sie leise fort.
»Das hat er nicht!«
»Sch, sch.« Vinae sah wieder zu den Wachen, die jedoch beschäftigt waren. »Ich weiß«, sagte sie und berührte leicht Nefgálds Arm, um ihn zu beruhigen. »Deswegen habe ich ja versucht, ihn zu retten, aber ...« Der Junge ließ den Löffel sinken und funkelte sie mit seinen blauen Augen an.
»Aber?«, fragte er mit offensichtlich vergangenem Appetit.
»Ihm und deiner Mutter ist Unrecht geschehen. Ich muss wissen, wieso.«
Nefgáld schüttelte den Kopf. »Seit wann brauchen die Fürsten einen Grund, um Unschuldige abzuschlachten?«, fragte er gefährlich laut, was ihm noch einen eindringlichen Blick von Vinae einbrachte.
»Weißt du, wieso dein Vater in Derial war?«, fragte sie leise.
»Nein.« Er zuckte mit den Schultern. »Er hat nie etwas von seiner Arbeit erzählt. Weder mir noch Mutter. Nur, dass er dort jemanden treffen sollte.«
»Weißt du wen? Und wieso?«
Nefgáld schüttelte den Kopf. »Angeblich ist dort ein Drache aufgekreuzt und hat die halbe Stadt in Schutt und Asche gelegt. Ich glaube, mein Vater hat seinen Auftrag deshalb nicht ausführen können. Er sah ziemlich schlimm aus, als er nach Hause kam, bevor ... bevor ihn die Schlangenschilde geholt haben. Vermutlich haben sie ihn für sein Versagen hinrichten lassen.«
Vinae sah den Jungen fassungslos an. Die nüchterne Weise, in welcher er sprach, und das gefährliche Funkeln in seinen Augen machten ihr Angst. Doch seine Worte ergaben einen Sinn, sofern man versuchte, wie einer der Fürsten und nicht wie ein Lebewesen mit Herz zu denken. Deremir hatte eine Botschaft überbringen müssen und es wegen der Drachen nicht geschafft. Nur wen hätte er treffen sollen und zu welchem Zweck? Hatte der Drachenangriff etwas damit zu tun? So wie Vinae die Fürsten kannte, war Deremir zum Tode verurteilt gewesen in dem Moment, in dem er den Auftrag erhalten hatte. Selbst wenn sein Vorhaben geglückt wäre – er hätte nicht mit diesem Wissen weiterleben dürfen.
Es war zum Verzweifeln. Sie musste mehr erfahren, doch nicht von Nefgáld. Der Junge wusste nichts mehr, und sie wollte ihn nicht weiter quälen.
»Du verstehst dich doch mit Elrohir?«, fragte Vinae, um das Thema zu wechseln.
Nefgáld nickte. »Er ist ganz in Ordnung ... und Enra auch. Es tut mir nur leid, dass sie mich jetzt am Hals hat.«
»Sag so etwas nicht.«
»Ist ja auch egal.« Nefgáld löffelte wieder weiter. »Irgendwann holen einen die Taten immer wieder ein«, sagte er zwischen zwei Bissen. »Das hat mein Vater immer gesagt. Egal, ob die guten oder schlechten. Die Fürsten werden schon sehen, was sie davon haben.«
Er sah Vinae nicht an. Das ungute Gefühl in ihr wurde immer schlimmer. »Was meinst du damit?«, fragte sie, bemüht, gleichgültig zu klingen.
»Dass niemand ewig lebt.« Nefgáld sah sie an. »Was ist? Du bist doch auch froh, wenn Daeron dich in Ruhe lässt oder etwa nicht? Jeder weiß, wie er dir ständig nachschleicht.«
»Das ist meine Sache, Nefgáld, und auch wenn dir Schlimmes widerfahren ist ...«
»Keine Sorge, Vin. Ich kümmere mich darum.« Er sah ihr in die Augen, und plötzlich wirkte er nicht mehr wie ein dreizehnjähriger Junge. Er rutschte im Stuhl etwas zur Seite und hob sein Hemd an.
Vinae schnappte nach Luft, als sie den Dolch sah, der in seinem Hosenbund steckte, und sah sich schnell in der Küche um. »Bist du denn wahnsinnig?«, zischte sie, als sie sich ihm wieder zuwandte. »Wo hast du den her?«
»Meine Sache.«
»Nefgáld! Wenn dich jemand damit erwischt, bist du tot!«
»Mir egal.«
»Nefgáld! Sieh mich an, verflucht.« Er blickte wieder von seinem Teller auf, sagte jedoch nichts. »Du weißt, einfache Leute dürfen keine Waffen tragen«, fuhr sie ihn wütend an,»und dass das, was du vorhast, einfach nur Wahnsinn ist, muss ich dir wohl nicht sagen, oder?«
»Wieso? Ich erweise diesem Land damit einen Dienst.«
»Indem du
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