Elfenkuss
lebt?«
Tamani warf Shar über die Schulter einen Blick zu und wandte sich dann wieder Laurel zu. »Nein. Sie wollen es, weil hier die Pforte liegt.«
»Die Pforte?«
»Tamani, du gehst zu weit«, knurrte Shar.
Tamani drehte sich erneut zu ihm. »Wieso? Findest du nicht, dass ausgerechnet sie unter allen Elfen das Recht hat, es zu erfahren?«
»Diese Entscheidung obliegt nicht dir. Du lässt zu, dass es persönlich wird.«
»Es ist persönlich«, sagte Tamani mit Bitternis in der Stimme. »Es war schon immer persönlich.«
»Wir halten uns an den Plan«, beharrte Shar.
»Ich habe mich zwölf Jahre an den Plan gehalten, Shar. Doch Orks, die in wenigen Stunden dieses Land ihr eigen nennen und alles zerstören, wofür wir gearbeitet haben, passen auch nicht in den Plan.« Er sah
seinen Partner wütend an. »Die Dinge haben sich geändert, und sie muss wissen, worum es geht.«
»Das wird der Königin nicht gefallen.«
»Die Königin hat die meiste Zeit ihrer Herrschaft dafür gesorgt, dass es mir schlecht ging. Vielleicht ist es gut, wenn sich die Zeiten wandeln.«
»Ich vertraue dir, Tamani, aber du weißt, dass ich das nicht unter der Decke halten kann.«
Die beiden Männer musterten sich lange. »So sei es«, sagte Tamani schließlich und drehte sich wieder zu Laurel um. »Ich habe dir neulich gesagt, dass ich etwas sehr Kostbares hüte. Es handelt sich nicht um etwas, das man aufheben und woanders hinbringen kann – darum ist dieses Grundstück so wichtig. Ich hüte die Pforte zum Elfenreich. Die einzige, die zum Tor nach Avalon führt.«
»Avalon?«, hauchte Laurel.
Tamani nickte. »Auf der ganzen Welt gibt es vier Tore, durch die man dorthin gelangt. Vor Hunderten von Jahren standen die Tore offen. Sie waren auch damals geheim und wurden von jenen bewacht, die sie kannten, aber irgendwann wussten zu viele von diesen Toren. Seit Anbeginn der Zeiten versuchen Orks, Avalon zu erobern. Es ist so ein vollkommener Flecken Erde, dass nicht nur die Natur dort üppig schwelgt. Gold und Diamanten sind so verbreitet wie Stöcke und Steine. Uns bedeuten sie nichts, außer als Schmuck.« Tamani grinste. »Wie du weißt, mögen wir alles, was glänzt und funkelt.«
Laurel musste lachen, als sie an die Glasprismen dachte, die sie vor Jahren an ihr Fenster gehängt hatte. »Ich dachte, das ginge nur mir so.«
»Ich habe noch keine Elfen getroffen, bei denen es nicht so war«, sagte Tamani lächelnd. »Doch die Orks versuchen seit jeher, sich mit Geld und Bestechung Macht in der Welt der Menschen zu verschaffen. Einige Orks verbringen ihr ganzes Leben auf Schatzsuche, und Avalon ist ein zu großer Schatz, als dass sie ihn nicht unbedingt hätten haben wollen. Jahrhundertelang herrschten dort Tod und Zerstörung, während die Orks versuchten, uns zu besiegen, uns zu vernichten. Die Elfen verteidigten ihre Heimat verzweifelt, bis es unter König Artus endlich anders wurde.«
»Unter König Artus? Dem König Artus? Du machst Witze!«
»Gar nicht, wobei man sagen muss, dass die Sagen wieder mal alles verdrehen. Ich sage dir was: Wenn du ein Geheimnis bewahren willst, musst du nur eine Geschichte für Menschen daraus machen. Innerhalb von hundert Jahren spielen sie ihr so übel mit, dass niemand mehr die Wahrheit von der Legende unterscheiden kann.«
»Ich müsste jetzt beleidigt sein, aber leider kann ich dir nur recht geben.«
Tamani zuckte mit den Achseln.
»Was hat König Artus getan?«
»Wichtiger ist, was sein Zauberer Merlin getan hat. Artus, Merlin und Oberon …«
»Oberon? Shakespeares Oberon?«
»Shakespeare war wahrlich nicht der Erste, der ihm ein Denkmal setzte, aber ja, dieser König Oberon. Gemeinsam mit Artus und Merlin schuf Oberon ein Schwert, das so viel Magie enthielt, dass jeder, der es schwang, siegreich aus der Schlacht hervorging.«
»Excalibur«, sagte Laurel atemlos.
»Ganz genau. Oberon, Artus und Merlin führten die größte Armee, die Avalon je gesehen hat, in die Schlacht gegen die Orks, um sie für immer zu vertreiben. Die Elfen, Artus und seine Ritter, Merlin und seine drei Geliebten und Oberon selbst. Die Orks hatten nicht den Hauch einer Chance. Die Elfen befreiten Avalon von den Orks, und Oberon schuf die Tore, um sich gegen ihre Rückkehr zu schützen. Doch selbst für einen Winterelf war diese Magie mehr, als eine Pflanze überleben konnte. Der größte Elfenkönig der Geschichte opferte sein Leben, um das Tor zu schaffen, das ich hüte.«
»Absolut unglaublich«, sagte
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