Elfenkuss
– »sind absolut symmetrisch. Wenn du uns längs teilen könntest, würde alles genau zusammenpassen. Deshalb sieht Laurel euren Models so ähnlich, wegen der Symmetrie.«
»Und die Orks sind nicht so?« Laurel wollte unbedingt von sich selbst ablenken.
Tamani schüttelte den Kopf. »Kein bisschen. Du hast gesagt, Barnes’ Auge hinge herab und seine Nase wäre nicht in der Mitte. Das ist die körperliche Asymmetrie, wobei sie bei ihm noch harmlos ist. Normalerweise ist es schlimmer. Ich habe Orkbabys gesehen, die so missgestaltet
waren, dass nicht mal ihre Mütter sie behalten wollten. Denen wuchsen Beine aus den Köpfen und Hälse seitlich in die Schultern. Ein grässlicher Anblick. Vor langer, langer Zeit versuchten die Elfen noch, sie aufzunehmen, aber wenn die Evolution einen aufgibt, ist der Tod unvermeidlich. Außerdem ist es nicht nur körperlich. Je dümmer sie sind – je schlimmer ihnen die Evolution mitgespielt hat -, desto weniger symmetrisch sind sie.«
»Warum sterben die Orks dann nicht aus?«, fragte David.
»Leider haben sie auch hier und da Erfolg; Orks wie Barnes werden in der Welt der Menschen nicht auffällig. Einige können sogar eine gewisse Kontrolle über Menschen ausüben. Wie viele, wissen wir nicht, aber sie können überall sein.«
»Wie kann man sie von Menschen unterscheiden?«
»Genau hier liegt das Problem – so einfach ist das nämlich nicht, manchmal sogar fast unmöglich. Für uns Wachtposten allerdings nicht, Orks sprechen einfach nicht auf unsere Magie an.«
»Überhaupt nicht?«, fragte Laurel.
»Jedenfalls nicht auf Frühlingsmagie. Eine Schande ist das, sonst wäre meine Arbeit wesentlich einfacher zu erledigen. Es gibt mehrere Merkmale, durch die Orks sich von Menschen unterscheiden, aber viele von ihnen kann man verbergen.«
»Welche Merkmale sind das denn?«, fragte Laurel.
»Früher lebten Orks unter der Erde, weil ihre Haut
keinen Sonnenschein ertrug. Mithilfe moderner Erfindungen wie Sunblocker und Sonnenschutzmittel können sie mehr aushalten, trotzdem haben sie selten gesunde Haut.«
Bei der Erinnerung daran, wie Bess’ Haut geplatzt war und sich rund um ihr Halsband geschält hatte, zuckte Laurel zusammen.
»Neben der Symmetrie haben die Augen oft eine unterschiedliche Farbe, aber das kann man mit Kontaktlinsen auch gut überdecken. Die einzigen sicheren Anzeichen sind ihre Stärke oder wenn man sie dabei erwischt, wie sie große Batzen rohen Fleisches essen.«
»Barnes war fasziniert von dem Blut auf meinem Arm«, sagte Laurel.
»Du blutest nicht«, erwiderte Tamani.
»Ja, es war auch nicht mein Blut, sondern Davids.«
»Auf deinem Arm?«
Laurel nickte. »Er schnitt sich am Arm, als Barnes uns durchs Fenster zog. Als ich mir den Rücken verletzte.«
»So richtig viel Blut?«, fragte Tamani.
»Genug, um Barnes’ Hand zu bedecken, als er mich packte.«
Tamani schmunzelte. »Das erklärt, warum er dich in den Fluss geworfen hat. Kein Ork, der bei Verstand ist, versucht, eine Elfe zu ertränken. Er hatte keine Ahnung, dass du eine bist.«
»Woher sollte er das wissen?«
Tamani seufzte. »Leider fällt es Orks leicht, Menschen
von Elfen zu unterscheiden. Orks riechen Blut sofort und Elfen haben bekanntlich keins. Wenn du nicht gerade blühst, können Orks dich überhaupt nicht riechen. Wenn sie etwas Menschenähnlichem begegnen, das nicht nach Blut riecht, wissen sie sofort Bescheid.«
»Und weil Davids Blut auf mir war, roch Barnes genug Blut, um keinen Verdacht zu schöpfen?«
»Das ist die einzige logische Erklärung.«
»Und wie war das im Krankenhaus?«
»Krankenhäuser riechen für Orks grundsätzlich nach Blut. Nicht einmal starke Putzmittel dämpfen diesen Geruch. Im Krankenhaus hätte er auch zehn Elfen nicht wahrgenommen.«
»Bei euch zu Hause«, sagte David, »habe ich nach dem Rauch des Lagerfeuers gerochen.«
»Er ist zu euch nach Hause gekommen?«, fragte Tamani und grub seine Finger in Laurels Schulter. »Das hast du nicht erwähnt.«
»Das ist schon länger her. Da wusste ich noch nicht, dass er kein Mensch ist.«
»Du hast unglaubliches Glück gehabt. Wenn er früher gemerkt hätte, dass du eine Elfe bist, wärst du wahrscheinlich längst tot.«
Laurel drehte sich der Kopf und sie lehnte sich zurück – direkt an Tamanis Wange. Sie beließ es dabei.
Als sie sich Brookings näherten, löcherte Tamani Laurel zu den Raumverhältnissen in dem alten Haus. »Es wäre einfacher, wenn ich mitkäme«, protestierte
sie,
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