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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Ganda. Es hat mich noch nie jemand darum gebeten, eine Pothese aus lebendem Silber wieder abzunehmen.«
    »Hast du was zu trinken, Rika? Etwas Richtiges. Einen starken Schnaps oder schweren Wein.« Als Rika sich erhob, purzelte die kleine Jadeechse von ihrer Schulter, die sie mit einer Strähne ihres Haars angebunden hatte. Hilflos ruderte sie mit ihren Beinen in der Luft. »Du hast dich also entschieden«, sagte die Hexe mit warmer Stimme.
    »Ich habe mich entschieden, es dem Schicksal zu überlassen. Wenn du genügend Schnaps hier in der Hütte hast, um mich sturzbesoffen zu machen, dann nehme ich die Hand. Und wenn nicht ...« Sie zuckte mit den Schultern. »Dann hat das Schicksal eben anders entschieden.«
    »So große Angst hast du?«, fragte Rika mitfühlend.
    Ganda konnte den Blick ihrer Reptilienaugen nicht ertragen und wandte sich ab. Aber Rika hatte Recht. Sie hatte Angst. Angst vor den Schmerzen. Angst davor, was es bedeutete, ein Krüppel zu sein. Angst, dass die Silberhand an ihr hing wie ein Mühlstein um den Hals, wenn sie versuchte, sich zu verwandeln.
    Die Hexe zog einige Schilfmatten zur Seite, und ein großer Holzdeckel kam zum Vorschein. Sie klopfte mit der flachen Hand auf das Schloss und murmelte etwas. Rostige Angeln kreischten wie ein Falke im Sturzflug. Wie von Geisterhand schwang der Deckel auf. Rika hatte offensichtliche eine große Kiste im Boden eingegraben. Leise vor sich hinmurmelnd, kramte sie darin herum. Sie warf ein Bündel Amulette heraus. Ein knapp geschnittenes schwarzes Kleid, einen großen verbeulten Hut und etliche dünne Hefte aus vergilbtem, billigem Papier.
    Ganda beugte sich vor. Eines der Hefte kam ihr bekannt vor. Sein Einband war ganz zerfleddert. Ungläubig las sie den Titel.
    WIDER DIE SPIEL- UND TRUNKSUCHT
    Streitschrift des ehrwürdigen Elija Glops, Begründer der Liga zur Wahrung der inneren Größe Albenmarks
    Die Lutin griff nach den anderen Heften und las die Titel. AUF WELCHER SEITE STEHST DU?, GEBOREN ZU HERRSCHEN?, VON DER DIALEKTIK DER OHNMACHT, KOBOLDE ZUM LICHTE EMPOR und HALT STAND, TAPFRES ROTMÜTZENBLUT. Sie alle waren von Elija Glops verfasst.
    »Rika!« Breitnase war bis zur Kiste zurückgewichen.
    »Was?« Die Hexe richtete sich auf. In jeder Hand hielt sie eine verkorkte Flasche. Die kleine Echse war in ihr Haar zurückge
    klettert und lauerte über ihrer Stirn.
    »Sie hat die Hefte gesehen.«
    Rika stellte ruhig die Flaschen ab. Während sie falsch lächelte, kramte sie mit der Linken in der Kiste weiter. »Kannst du eigentlich lesen, Herzchen?«
    Ganda lachte auf. »Ob ich lesen kann? Die meisten dieser Hefte kenne ich nicht. Sie sind neu. Aber dieses hier ...« Sie hielt ein besonders abgegriffenes Exemplar hoch. »Das ist mir wohl vertraut! Ich habe für Elija die Druckfahnen von WIDER DIE SPIEL- UND TRUNKSUCHT korrigiert.«
    »Elija Glops macht keine Fehler!«, sagte Breitnase entrüstet, und Rika sah sie auf eine Art an, dass es Ganda kalt den Rücken hinablief.
    »Hör mal, Rika. Ich weiß nicht, was ihr beiden habt, aber ich kenne Elija Glops gut. Wirklich gut ...« Sie zögerte. Vielleicht war es klüger, nicht zu verraten, wie nahe sie sich einmal gestanden hatten.
    »Wirklich gut?«, fragte Rika lauernd.
    »Ja. Ich ... Ich kenne seine ganze Familie. Wir sind auf denselben Hornschildechsen geritten. Und seinem kleinen Bruder habe ich die Windeln gewechselt.«
    »Sprichst du von Kommandant Nikodemus?« Fast hätte Ganda losgelacht, aber Rika hatte etwas an sich ... So wie sie von dem Rotzlöffel Nikodemus gesprochen hatte, würde sie wohl als Nächstes behaupten, der hätte niemals in die Hosen geschissen. Was, um alles in der Welt, war passiert, seit sie Iskendria verlassen hatten? Warum kannte eine Hexe, die in einer Schilfhütte hauste, Elija und Nikodemus? Und wie kam sie an die Schriften von Elija?
    »Ich war einmal die Pfadfinderin von Elija. Ich habe ihn durch das goldene Netz geführt.«
    »Ach, und warum hast du ihn verlassen, Herzchen?«
    »Von Verlassen kann keine Rede sein! Ich habe eine Freundin besucht, die kurz vor der Niederkunft stand. Da hat mich Emerelle auf ihr Schloss bestellt. Sie hat mir befohlen, den Elfen, der mich hierher gebracht hat, bei einer Mission zu begleiten.«
    »Und du hattest nichts Besseres zu tun, als Emerelle zu gehorchen?«, fragte Rika entrüstet. »Weißt du nicht, dass sie die große Knechterin ist? Sogar dein Elf hatte Angst vor ihr. Und der sah nicht so aus, als gebe es vieles, wovor er sich

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