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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Fingern ist?« Breitnase grinste frech. »Ein Geheimnis meiner Zunft.«
    »Was genau war deine Zunft? Es ist mir wieder entfallen.«
    Der Mausling schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht. Ich habe es dir nie gesagt. Ich bin ein Entmangler.«
    »Entmangler? Was soll das sein?«
    »Er ist ein Zauberer und dazu einer der begabtesten, die ich kenne«, mischte sich Rika mit ihrer samtenen Stimme ein.
    Es war ein Wunder, dachte Ganda, wie man so hässlich sein konnte, dass sich selbst Hühneraugen geschlossen hätten, um dem Anblick zu entgehen, und zugleich mit einer solchen Stimme beschenkt war. Fast mochte man meinen, die Schöpfung habe im letzten Augenblick versucht, wieder etwas gutzumachen.
    Breitnase schüttelte den Kopf. »Ich bin kein besonderer Magier. Ich versuche Mängel zu beheben. Manchmal glückt es mir, die Welt ein klein wenig besser zu machen.«
    »Ach, er ist viel zu bescheiden«, erwiderte Rika. »Vergiss seine Größe. Wenn Körpergröße etwas mit Können zu tun hätte, dann müsste er ein Riese sein. Ich selbst habe gesehen, wie er für einen verletzten Schmetterling einen Flügel aus lebendem Silber erschaffen hat. Und er konnte wieder fliegen. Du hättest das sehen sollen, Ganda. Es war einfach wunderbar! Er ist geflogen, als habe ihm nie etwas gefehlt.«
    »Mit einem Flügel aus Silber?«, hakte die Lutin nach. »War der denn nicht viel zu schwer?«
    »Lebendes Silber, Ganda. Lebendes Silber! In ganz Albenmark gibt es höchstens eine Hand voll Alchimisten, die dieses Metall erschaffen können.«
    »Ach, ein bedeutender Alchimist ist er auch noch«, murmelte die Lutin.
    Breitnase zuckte mit den Schultern. »Du musst die Hand nicht annehmen. Sie ist ein Geschenk. Ich glaube, sie ist eines der besten Werkstücke, die ich je gefertigt habe.«
    »Wie kann man nur so undankbar sein!«, fluchte Rika.
    »Hast du denn gar kein Feingefühl? Weißt du, dass Breitnase in den letzten beiden Tagen kein Auge zugetan hat, weil man die Arbeit am lebenden Silber nicht einen einzigen Augenblick ruhen lassen darf, bevor sie vollendet ist? Sonst verdirbt nämlich das Werk. Das Metall wird hart, der Zauber verfliegt, und alles war vergebens.«
    Ganda betrachtete wieder die Hand. »Was soll das heißen, das Metall wird hart?«
    »Berühr die Hand, dann wirst du es wissen«, sagte der Mausling sanft.
    »Na los, mach schon«, drängte Rika. »Ohne Breitnase wärst du nicht einmal zu mir gekommen und würdest noch immer draußen den Wald voll bluten. Er ist der Mutigste unter allen Bewohnern Yaldemees. Die anderen haben sich ausnahmslos verkrochen, als sie deinen Elfen gesehen haben. Zum Fürchten hat er ausgesehen in diesem blutbesudelten Gewand. Sie haben geglaubt, die Trolle wären schon im Herzland. Nur Breitnase hat sich deinem Elfen gestellt. Er hat den Mangel an Gastfreundlichkeit behoben und euch beide hierher gebracht. Und das war gut so. Und jetzt solltest du dich als Entmanglerin versuchen und deine Schwächen in Sachen Höflichkeit ausbügeln, auch wenn du eine Lutin bist. Nimm die Hand und sieh dir Breitnases Arbeit an.«
    Die beiden schafften es tatsächlich, ihr ein schlechtes Gewissen zu machen, dachte Ganda ärgerlich. Sie wollte nicht unhöflich sein. Doch die Silberhand machte ihr Angst. Bisher hatte sie es vermieden, den Stumpf ihrer Hand auch nur anzusehen. Sie war einfach noch nicht bereit, sich dem zu stellen. Am liebsten hätte sie einfach in der Schilfhütte gelegen, vor sich hin gestarrt und die Welt verflucht. Ollowain hatte sie hier einfach abgeladen, als er sie nicht mehr gebraucht hatte. Und das Buch hatte er ihr auch gestohlen. Wütend dachte sie an das, was Rika ihr erzählt hatte. Dieser Mistkerl! Er hatte ihr das Buch genommen und drohte ihr mit dem Scharfrichter der Königin. So war er fein raus. Er hatte die Gesetze Iskendrias nicht gebrochen, und sie war eine bestohlene Diebin, die den Henker fürchten musste, wenn sie zu Emerelles Burg ging, um Gerechtigkeit zu fordern.
    Bestimmt hatte Emerelle ihren falschen Helden reichlich belohnt. In Melianders Buch stand sicherlich alles aufgeschrieben, was die Königin wissen musste, um die Yingiz zu vertreiben. Ganda hatte seine Macht spüren können. Dieses Buch war gefährlich. Gefährlich genug, die Schatten zu vernichten, denen sonst nichts gewachsen schien. Und wenn die Heldentat vollbracht war, dann konnte sie vermutlich froh sein, wenn sie als Fußnote in dieser Geschichte vorkam. Die arme verkrüppelte Lutin ... Wie war auch

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