Elfenlicht
Grotte hinauf in die Trollfestung führten. Wie in den meisten Burgen, die sie erbaut hatten, so hatten die Kobolde auch hier ein Labyrinth von Gängen und versteckten Kammern erschaffen. Eine zweite Felsenburg, in der sie sich verborgen vor den Blicken ihrer Herren bewegen konnten. Die Kobolde, die diesen Ort erschaffen hatten, waren längst verschwunden. Aber ihr Vermächtnis würde den Trollen der Nachtzinne den Untergang bringen.
Elodrin schaffte es, seine Panik einzudämmen. Er zwang sich,regelmäßig zu atmen. Überall entlang des Ufers bewegten sich Elfenkrieger.
Mit gleichmäßigen Zügen schwamm der Fürst zu einem flachen Felsen und zog sich hinauf. Shalawyn eilte ihm entgegen. Sie betrachtete kurz die Wunde an seinem Kopf, enthielt sich aber jeglicher Bemerkung. »Es gibt eine unerwartete Schwierigkeit, Fürst.«
Elodrin runzelte ungehalten die Stirn. Pochender Schmerz erinnerte ihn an die Wunde. »Welche?«
»Die Koboldtunnel. Jemand hat sie mit Geröll gefüllt. Wir konnten bislang keinen Weg nach oben finden.«
AN SEIDENEN SEILEN
Kadlin zog die Sehne bis zu ihrer Wange und ließ den schwarz gefiederten Pfeil fliegen. Sie hatte auf den Troll mit der riesigen Keule gezielt, der, die Waffe mit beiden Händen schwingend, die Formation der Langspeerträger durchbrochen hatte.
Der böige Wind zerrte an Kadlins Umhang und brachte den Pfeil ins Trudeln. Das Geschoss verfehlte den Troll um mehr als einen Schritt. Hilflos fluchend tastete sie nach dem Köcher an ihrer Seite. Die Hälfte der Pfeile war schon verschossen, und sie hatten fast keinen Schaden angerichtet.
Die Jägerin fühlte sich elend. Sie stand am Rand einer steilen Felsklippe mehr als hundert Schritt über dem Schlachtfeld. Hier war sie in verhältnismäßiger Sicherheit. Doch sie musste hilflos dem Gemetzel zusehen.
König Alfadas hatte mehr als dreitausend Krieger in das schmale, von Steilklippen eingefasste Tal geführt, das nahe der Trollburg lag. Nach Firnstayn zurückgekehrt, waren alle waffenfähigen Männer der näheren Umgebung zusammengerufen worden. Viele waren nur einfache Bauern oder Handwerker. Langspeerträger stellten die Mehrheit der Krieger. Ihre Waffen waren mehr als zweieinhalbmal so lang wie ein ausgewachsener Mann. Sie schlossen sich zu dichten Menschenblöcken zusammen. Die Speere nach vorn gerichtet, waren sie ein fast unüberwindliches Hindernis, so lange sie ihre Formation behielten.
Hinter dem Wall aus Speeren warteten drei Blöcke von Stangenbeilträgern. Diese Waffen waren für den Kampf gegenTrolle ersonnen worden. Man hatte Äxte auf besonders lange Schäfte gesetzt, um im Kampf gegen die Trolle mehr Abstand zu den Ungeheuern halten zu können. Diese Krieger sollten eingreifen, falls die Trolle es schafften, durch die Kampflinie der Speerträger zu brechen. Und sie hatten alle Hände voll zu tun, denn immer mehr Trollen gelang es, sich durch die Reihen der Speerkämpfer zu schlagen; die um sich greifende Panik vergrößerte die Lücken in der Schlachtlinie weiter.
Kadlins Finger waren steif vor Kälte, als sie zitternd einen neuen Pfeil auf die Sehne legte. Ihr standen Tränen in den Augen, so hilflos und wütend war sie. Das Wetter machte all ihre Pläne zunichte! Es war viel zu kalt für diese Jahreszeit. Heute Morgen waren siebzehn Männer nicht von ihren Schlafplätzen aufgestanden. Dutzende hatten Erfrierungen an Händen, Füßen und im Gesicht.
Verzweifelt blickte sie zu den hundert Reitern, die sich in einer Bodensenke ein gutes Stück hinter der Schlachtlinie verbargen. Es waren die besten Kämpfer des Königreichs. Alfadas selbst führte sie an. Sie würden angreifen, wenn die Trolle glaubten, der Sieg sei schon nahe. Björn war dort unten. Kadlins Kehle schnürte sich zu vor Angst. Ihr Björn! Die Männer dort unten konnten nicht sehen, was sie sah. Hunderte von Trollen waren in dem langen Tal. Es waren viel zu viele! Wenn die Elfen nicht bald kamen, dann würde die Schlacht in einem grausigen Gemetzel enden! Und sie war dazu verdammt, von hier oben hilflos zuzusehen.
»Wir müssen näher heran!«, rief der Befehlshaber der Elfenbogenschützen. Er sprach das Fjordländische auf eine seltsam singende Art aus. Und er wirkte unangemessen ruhig. Dass zu ihren Füßen hunderte von Männern starben, schien ihn nicht im Geringsten zu berühren. Und überhaupt: Was sollte das heißen, sie müssten näher heran. Sie standen schon am Rand der Steilklippe. Ein Schritt weiter, und sie würden in den
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