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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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der Händler und atmete die tausend unbekannten Düfte, die Iskendria verströmte. Dann sah sie die zertretenen Blütenblätter auf den breiten Marmorplatten der Straße. Es waren frische Blüten. Und sie erinnerte sich an die schrecklichste Geschichte, die der Galeerenkapitän erzählt hatte. An die Hochzeit des Gottes Balbar, die in diesen unruhigen Zeiten jeden Tag auf dem prächtigen Tempelplatz gefeiert wurde.
    »Ich glaube, ich bin ein trauriger Held«, sagte Ollowain endlich, doch für solche Eingeständnisse blieb jetzt keine Zeit. Was immer der Elf von sich halten mochte, in ihren Augen war er ein Mann, der auf der Kippe stand. Etwas hatte ihn in seinen Grundfesten erschüttert. Ganda wusste nicht viel über den Krieg, den der Schwertmeister in der Snaiwamark und in der Welt der Menschen geführt hatte. Doch selbst das Wenige, das sie gehört hatte, reichte ihr, um sich sicher zu sein, dass der Elfenheld in seinem Innersten zutiefst verletzt war, auch wenn er äußerlich unversehrt wirkte. Wie sonst war zu erklären, dass ihn der Anblick der Katzen im Hafenbecken so sehr erschüttert hatte? Ganda hatte ihr Gespräch mit dem Kapitän abgebrochen, um auf Ollowain aufzupassen. Sie war überzeugt, dass er kurz davor gestanden hatte, das Floß der Priester zu entern. Und das alles wegen ein paar Katzen! Was würde er erst tun, wenn er sah, was vor dem Tempel des Balbar geschah? Sich in einem Aufbäumen unnützen Heldenmutes von der Menschenmasse dort in Stücke reißen lassen? Gewiss, er war der berühmteste Schwertkämpfer Albenmarks, aber nicht einmal er würde es überleben, wenn er allein den Zorn einer ganzen Stadt herausforderte. Und vielleicht wollte er das gar nicht? Vielleicht suchte er ja einen heldenhaften Tod? Sie blickte zu ihm auf. Er sah sie an, vielleicht schon die ganze Zeit. Offenbar wartete er immer noch auf eine Antwort von ihr. Seine Augen wirkten müde und traurig. Es gab Gerüchte, in der Schlacht von Phylangan sei seine Geliebte umgekommen. Doch niemand wusste etwas Genaues. Sah so ein Krieger aus, der nach einem guten Anlass suchte, sein Leben fortzuwerfen? Das wird nicht hier in Iskendria geschehen, dachte sie wütend. Nicht, solange ich für dich verantwortlich bin!
    Jetzt hörte sie dumpfen Trommelschlag und den hellen Klang der Zimbeln. Ein Lied von düsterer Feierlichkeit erklang. Das Marktgeschrei und unablässige Murmeln der Stimmen rings herum verstummte. Immer mehr Menschen drängten an ihnen vorbei, um das Schauspiel nicht zu verpassen, das sich auf dem großen Tempelplatz anbahnte.
    »Wir müssen jetzt hier entlang«, sagte Ganda entschieden und deutete auf eine enge Gasse, die von der Prozessionsstraße abzweigte.
    »Sagtest du nicht, das Haus, zu dem wir müssen, läge nahe bei dem Platz dort oben auf dem Hügel?«, wandte Ollowain ein.
    »Siehst du das Gedränge, Elf? Willst du dich an tausenden schwitzenden Menschenleibern vorbeischieben? Dort scheint irgendein Fest im Gange zu sein. Wir suchen uns einen Weg um den Platz herum. So gelangen wir auch zum Ziel, ersparen uns aber die Unannehmlichkeiten.« Der Schwertmeister erhob keine weiteren Einwände und folgte ihr in das Labyrinth der Gassen. Ganda mühte sich, dem Platz fern zu bleiben, ohne völlig die Richtung zu verlieren. Die Häuser hier waren vier oder fünf Stockwerke hoch. Fleckige Sonnensegel waren über die Gassen gespannt. Anfangs hingen noch bunte Glaslaternen an den Hauswänden, die ein warmes Licht spendeten. Hier gab es auch noch Läden. Perlenhändler, die ihre Ware auf langen Schnüren aus Hundesehnen feilboten, oder Wasserverkäufer mit bauchigen Krügen auf dem Rücken und breiten Gürteln, in denen schlichte Tonbecher steckten, aus denen ihre Kunden trinken konnten. Ein Mann hatte an einem langen Stecken erschlagene Ratten aufgespießt, die er als Leckereien für Hauskatzen pries. Schenken, deren Theken in Mauerdurchbrüchen zur Gasse hin ausgerichtet waren, verhießen Bier, Wein und andere, exotischere Genüsse.
    Die Häuser waren weiß verputzt. Der Regen und die Zeit hatten breite Schmutzbahnen auf die Fassaden gemalt. Hüfthoch waren die Wände mit rotbrauner Farbe getüncht, auf der der Dreck der Gosse weniger auffiel. Hölzerne Balkone streckten sich kühn über ihren Häuptern, und Holztreppen hangelten sich in scharfen Kehren an der Fassade hinauf zu den oberen Stockwerken. Allenthalben waren Leinen über die Gasse gespannt, auf denen Wäsche oder frisch gefärbte Tuchbahnen hingen.
    Immer

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