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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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an das Vergangene kam ihr die Galle hoch. »Fluch auf dich, Farodin. Möge dir dein Weib auf ewig genommen sein! Möge sich dir nie wieder ein Schoß öffnen, und möge dein Samen in dir verfaulen!« Eine Seelenfehde! Es hatte diesem heimtückischen Meuchler nicht genügt, Dolgrim zu töten. Nein, jedes Mal, wenn die Seele des Herzogs wiedergeboren wurde, begann die Jagd auf ein Neues. Immer wieder erschien dieser Elf. Er musste mit einer Glückshaut geboren worden sein. Er hatte es geschafft, den wiedergeborenen Dolgrim inmitten seiner Krieger zu töten. Das letzte Mal hatte er in diesem Zimmer gemordet. Den Herzog im Bett abgestochen. Mehr als dreißig Jahre war das her. Im Felsen und in den dicken Mauern der Nachtzinne gab es ein Netzwerk geheimer Gänge. Die Kobolde hatten es angelegt, während sie die Trollfestung erbaut hatten. Und sie hatten ihren Herren nichts davon erzählt. Irgendwie war es dem Elfen gelungen, in diese Gänge einzudringen. Und so hatte sein Messer wieder einmal zum Fleisch des wiedergeborenen Dolgrim gefunden. Wenn er wenigstens ein ehrliches Schwert für seine Morde nutzen würde! Das war eine ehrenhafte Waffe. Aber nein, es musste ein Messer sein. Als sei er ein Metzger. Skanga erinnerte sich noch gut daran, wie man den toten Herzog gefunden hatte. Seine Kehle war durchgeschnitten. Geschächtet, wie ein Stück Vieh.
    Ein Geräusch ließ die alte Schamanin aufhorchen. Was für eine Ironie, wenn ausgerechnet jetzt der Elfenmörder käme. Sie fühlte sich noch immer schwach. Würde sie gegen ihn bestehen? Ihr Hals brannte. Sie kratzte sich mit ihren gichtkrummen Fingern über die faltige Haut. War das eine Ahnung? Das Elflein zielte mit seinen Dolchen gerne auf den Hals.
    Angespannt lauschte Skanga. Nein, das Geräusch kam vom Gang vor der Kammer. Schwere Schritte näherten sich. Fahrig strich sie sich über ihr schäbiges, geflicktes Gewand und lächelte. Es war gleichgültig, wie sie aussah. Oder ... Ein kleiner Spaß? Warum nicht? Sie war nicht immer alt und hässlich gewesen. Ihre Augen waren einmal sehr schön gewesen. Unwiderstehlich. Deshalb hatte es Matha Naht, ihrer Lehrerin, besondere Freude bereitet, ihr Augenlicht auszulöschen.
    Skanga umgab sich mit einem Duft von Moschus und Ambra. Ihre alte Haut spannte sich, der gebeugte Leib streckte sich. Es kostete viel Kraft, der Erinnerung Gestalt zu verleihen. Sie schummelte, gab ein wenig mehr Fleisch auf ihre Hüften, als dort jemals gewesen war, machte sich etwas größer und verlieh ihrer Haut ein tieferes Grau. Ihrer Stimme nahm sie die raue Härte des Alters und gab ihr einen rauchig sinnlichen Ton. Auch ersetzte sie die fehlenden Zähne.
    Der Albenstein, den sie verborgen zwischen anderen Amuletten auf der Brust trug, wurde warm. So schnell so viel zu ändern zehrte an der Kraft, selbst wenn es nur Illusionen und keine wirklichen Veränderungen waren.
    Die schwere Tür schrammte über den Boden, als sie aufgeschoben wurde. Skangas Sitz stand mit der hohen Lehne zur Tür. Sie lauschte. Etwas fiel zu Boden. Wohl ein Kleidungsstück. Orgrim seufzte, als strecke er seine Glieder. Dann ließ er sich auf sein Lager sinken und richtete sich mit einem Ruck wieder auf, sobald er sie entdeckte.
    Einen Augenblick lang überstrahlte das helle Blau beherrschter Angst die anderen Farben seiner Aura. Dann hatte er sich wieder in der Gewalt. »Wer bist du, schönes ...« Er hielt inne und lachte leise. »Skanga! Welch eine Freude, dich zu sehen.«
    Die Schamanin runzelte ärgerlich die Stirn. »Wie hast du mich erkannt?«
    »Dein Kleid und die Amulette. Sie haben dich verraten. Hast du so einmal ausgesehen? Ist das ... echt?«
    Die Alte schnippte mit den Fingern, und die Illusion verging. Ihr gebeugter Leib sackte wieder in sich zusammen. »Nur Blendwerk für lebendige Augen.« Sie stieß ein bellendes Lachen aus. »Mein Kleid, tja ... Ein junges Weib, das dem Herzog den Kopf verdrehen will, wäre natürlich nicht in solchen Lumpen vor ihn getreten. Es ist wohl schon zu lange her.« Sie schenkte ihm ihr zahnlückiges Lächeln. »Ich habe dir ein weit besseres Geschenk mitgebracht als einen hübschen Körper. Davon solltest du hier in der Nachtzinne wohl genügend finden. Was ich dir bringe, ist einmalig. Ich biete dir die Herrschaft über dein Volk.« Sie erzählte ihm vom Tod Branbarts, natürlich nicht die wahre Geschichte, sondern die, die nun alle glaubten. Wie sich zeigte, war die Nachricht noch nicht bis zur Nachtzinne vorgedrungen.

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