Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
letzten halben Stunde zwei Namen auf seiner Liste ausgestrichen hatte. In der ganzen Zeit hatte sich niemand anders in die Kammer des Schreibers verirrt, und der Elf verstand nun auch, warum das so war.
    »Sieh es doch einmal anders, hochverehrter Schreiberling. Wenn du mir hilfst, so verschwinde ich bald wieder, und du bist ungestört.«
    Marwahn fuhr sich mit der Hand, mit der er den Federkiel hielt, über die Stirn und hinterließ dort einen zweiten Tintenklecks. Dann legte er betont langsam die Feder zur Seite, holte ein großes schwarzes Buch, schlug es auf, legte es vor Ollowain auf den Tisch und warf dabei einen abfälligen Blick auf dessen Schwert. »Hier! Brauchst du jemanden, der dir vorliest, Krieger?«
    »Danke, ich komme zurecht«, entgegnete der Elf eisig. Kaum hatte er einen Blick in das Buch geworfen, da bereute er diese Worte schon. Die Schriftzeichen waren ihm durchaus vertraut, und auch die Namen, die fein säuberlich untereinander aufgelistet waren, konnte er durchaus lesen. Aber hinter jedem Namen stand ein Kauderwelsch aus Buchstaben und Zahlen, das für einen Uneingeweihten unmöglich zu durchschauen war.
    Trotzdem war Ollowain entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen. Sein Name und der Name Gandas waren die letzten in der Liste. Auf der Seite standen noch vierzehn andere Namen. Der einzige davon, der Ollowain vertraut vorkam, war der Name, der unmittelbar vor seinem eingetragen stand. Das musste der Besucher sein, von dem Chiron gesprochen hatte. Labax. Ollowain erinnerte sich an einen Kobold aus Phylangan, der so geheißen hatte.
    Der Finger des Elfen fuhr über die Zeile hinter dem Namen. Labax Ank. S-L, k.Magbg., Kob., Bed II, HW IX, Arb. Kl. XXV, BTT, Qb III Der Name war verständlich. Und Kob. Bedeutete wahrscheinlich Kobold. Aber der Rest ... Ollowain blieb keine andere Wahl, als Marwahn zu fragen.
    »Ich dachte, du kannst lesen«, entgegnete der Kobold, ohne aufzublicken. »Also bist du nicht nur ein Krieger, du bist auch noch ein Lügner. In letzter Zeit lassen sie wirklich jeden Dreck hier in die Bibliothek.«
    »Dir ist klar, dass die meisten Krieger Mörder sind?«, fragte Ollowain sehr ruhig. Marwahn blickte auf. Ganz offensichtlich versuchte er einzuschätzen, ob er möglicherweise in Gefahr war. »Ich bin Schreiber in der Bibliothek von Iskendria. Ich bin unantastbar.«
    »Wie sagtest du gleich? In letzter Zeit lassen sie jeden Dreck in die Bibliothek? Wie kommst du darauf, es könnte mich scheren, dass du unberührbar bist?«
    Der Kobold war eine Spur blasser geworden. Er suchte noch immer nach Anzeichen in Ollowains Gesicht, die darauf hindeuteten, dass er scherzte.
    Der Elfenkrieger hielt dem Blick des Kobolds stand. »Womit kann ich dir zu Diensten sein?«, fragte Marwahn schließlich ganz kleinlaut.
    Der Schwertmeister zeigte auf die Zeile hinter Labax‘ Namen. »Was bedeutet das?« Der Kobold drehte das Buch zu sich. »Ja, in der Tat, das ist nicht ganz leicht zu verstehen. Buchhalterhieroglyphen.« Er blickte auf, um ein Lächeln zu erhaschen, doch Ollowains Miene blieb wie versteinert.
    »Also, übersetzt heißt das: Labax, Ankunft über Sem-La, keine Magiebegabung, Kobold, Bedeutsamkeit II, Hüter des Wissens IX, Arbeiter Klasse XXV, Brauturm, Qualbam III. Sem-La hat ihm das Tor im Albenstern geöffnet, da Labax in Sachen Magie augenscheinlich nicht begabt war. Er war kein sehr bedeutsamer Besucher. Die Zahl gibt an, wie viel neues Wissen ein Gast unserer Bibliothek zu bieten hat. Je höher die Zahl ausfällt, desto besser. Man kann sie etwa mit der Zahl der Stunden gleichsetzen, die man durch einen Hüter des Wissens befragt wird.« Ollowain versuchte zu erkennen, was in seiner Zeile stand. CX. Hundertzehn Stunden! Die waren hier alle verrückt! »Hüter des Wissens IX gibt an, in wessen Zuständigkeitsbereich Labax fällt«, fuhr der Schreiber fort.
    »Und IX steht für Galawayn.«
    Marwahn blickte überrascht auf. »Richtig. Man hat Labax zu Galawayn geschickt. Das ist ungewöhnlich, denn der Elf beschäftigt sich nur mit ...« Der Kobold hustete nervös. Wahrscheinlich war er angewiesen, über Galawayns Aufgaben Stillschweigen zu bewahren. »Galawayn beschäftigt sich nur mit sehr besonderen Berichten. Labax muss in der Tat etwas sehr Interessantes gewusst haben. Sonst hätte man ihn niemals zu Galawayn geschickt. Aber sehr viel kann es nicht gewesen sein, was er zu erzählen hatte, denn zwei Stunden ist sehr wenig Zeit für ein Gespräch.«
    »Was du nicht

Weitere Kostenlose Bücher