Elfenliebe
immer voller, weil immer mehr Elfen vom Speisen zum Tanz übergingen. Bald war Laurel Teil eines Rausches geschmeidiger Glieder und kapriziöser Körper, die sich schwebend drehten und im Rhythmus der mitreißenden Musik der Sommerelfen aneinanderschmiegten. Hauchdünne Kleider flatterten in der lauen Luft des ewigen Frühlings von Avalon.
Tamani führte Laurel unter seinem Arm hindurch in eine Reihe von Drehungen, bis ihr der Kopf schwirrte und sie lachend und keuchend an seiner Brust zusammenbrach. Dann merkte sie, wie eng sie beieinander standen. Es war ganz anders als bei David. Tamani war fast genauso groß wie Laurel und ihre Hüften trafen direkt aufeinander.
Er hielt sie im Rücken und zog sie fest an sich. Wahrscheinlich würde er loslassen, wenn sie sich wehrte, aber sie tat es nicht. Er fuhr ihr mit den Fingern durchs Haar und legte ihr dann zärtlich die Hand in den Nacken, damit sie den Kopf ein wenig zurücklegte. Tamanis Nase berührte die ihre und sein Atem wehte wie ein kühler Hauch über ihr Gesicht. Laurel ließ ihre Finger über die nackte Haut unter den Schnürbändern seines Hemdes wandern.
»Laurel.« Tamanis Flüstern war kaum zu hören. Bevor sie auch nur an Widerstand denken konnte, küsste er sie.
Seine Lippen waren so weich, so sanft und zart an ihrem Mund. Er schmeckte so süß, sie verschmolz mit ihm. Um sie herum wurde ein langsamer Walzer getanzt, und auch die Erde bewegte sich langsamer auf ihrer Umlaufbahn und würde gleich ganz stehen bleiben, nur für Tamani und sie.
Nur einen Augenblick lang.
Die Illusion verflog, als Laurel den Kopf zur Seite drehte, zurückwich und sich zwang, von ihm fortzugehen. Fort von der Wiese, den Tänzern. Weit weg von Tamani.
Sie schäumte vor Wut und Verwirrung. Tamani folgte ihr schweigend.
»Ich muss gehen«, sagte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen. Das war keine billige Ausrede. Sie war nicht sicher, wie lange sie getanzt hatte, aber wahrscheinlich zu lange. Sie musste zurück. Laurel ging dorthin, wo sie das Tor vermutete, und hoffte, dass sie den richtigen Weg an der Umgebung erkennen würde. Optimistisch wartete sie darauf, dass Tamani seine Hand auf ihre
Taille legen und sie sanft führen würde, wie er das schon so oft getan hatte.
Da hatte sie aber kein Glück.
»Du könntest dich wenigstens entschuldigen«, sagte Laurel. Sie war auf einmal schlecht gelaunt und wusste nicht genau, warum. Ihr Gefühlsleben war das reinste Chaos.
»Es tut mir aber nicht leid«, sagte Tamani keineswegs entschuldigend.
»Das sollte es aber!« Laurel wandte sich nur für einen Augenblick ihm zu.
»Und warum?«, fragte Tamani. Seine ruhige Stimme machte sie nur noch wütender. Sie drehte sich um und blieb vor ihm stehen.
»Warum sollte es mir leidtun? Weil ich das Mädchen geküsst habe, in das ich verliebt bin? Ich liebe dich, Laurel.«
Bei diesen Worten rang sie nach Luft, weil sie mit dieser Liebeserklärung nicht gerechnet hatte. Er hatte seine Absichten erklärt – manchmal sogar sehr forsch –, aber er hatte nie wirklich gesagt, dass er sie liebte. Damit wurde jeder Flirt zu einer ernsten Angelegenheit. Die Folgen waren nicht abzusehen. Sie wurde fast schon untreu.
»Wie lange soll ich denn noch geduldig darauf warten, bis du mit dir selbst im Reinen bist? Ich habe viel Geduld gehabt. Jahrelang habe ich mich in Geduld geübt, Laurel, und ich habe es satt.« Er legte ihr sanft die Hände auf die Schultern und beugte sich gerade so weit vor, dass er ihr direkt ins Gesicht sehen konnte.
»Ich will nicht mehr warten, Laurel.«
»Aber David …«
»Komm mir nicht mit David! Wenn du mich bittest, mich zurückzuziehen, weil du es nicht willst, dann sag das. Aber erwarte nicht von mir, dass ich Rücksicht auf Davids Gefühle nehme. David interessiert mich nicht, Laurel.« Er rang nach Luft. »Du interessierst mich. Und wenn du mich mit so viel Zärtlichkeit in den Augen anschaust«, sagte er und verstärkte ein wenig den Druck seiner Finger, »und jeder sehen kann, dass du geküsst werden willst, dann küsse ich dich. Zum Teufel mit David«, schloss er leise.
Laurel wandte sich ab. Sie hatte Kopfschmerzen. »Das kannst du nicht machen, Tam.«
»Was soll ich denn sonst tun?«, fragte er, und seine Stimme klang so verletzlich, so grundehrlich, dass sie ihn nur schweigend ansehen konnte.
»Warte … einfach.«
»Aber worauf denn? Dass deine Eltern sterben? Dass David tot umfällt? Worauf soll ich warten, Laurel, sag’s mir?«, klagte er.
In
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