Elfenmeer: Roman (German Edition)
Verbündete finden.« Sie sah ihn herausfordernd an. »Was glaubst du, würde Eamon dazu sagen, wenn er wüsste, was seine Schwester und sein Vetter in diesem Land treiben? Denkst du, dafür hat er ihr den Thron überlassen? Damit sie das Land zerstört?«
Ardemir keuchte. »Du willst Eamon in diese Sache hineinziehen? Bei den Sternen, Vin, wie weit willst du noch gehen?!«
Sie schob ihr Kinn vor. »So weit, wie ich muss. Eamon ist mein Vater. Er ist meine Familie.«
»Liadan ist deine Familie, Vin. Ich bin deine Familie!«
»Nein.« Sie trat einen Schritt zurück, doch er konnte sie einfach nicht loslassen. »Du bist ein Mann, der Menschen quält. Ich weiß, dass du an die Sache der Königin glaubst, und ich weiß, dass du eigentlich ein gutes Herz hast, Ardemir, aber im Moment lässt du es zu Eis erstarren – so wie deine Cousine.« Sie machte noch einen Schritt zurück, er hielt sie an seinen ausgestreckten Armen, seine Finger begannen sich zu lösen. »Du hast deinen Weg gewählt, aber verlange nicht von mir, dieselbe Schwärze in meiner Seele zuzulassen, der du Eintritt geboten hast. Du kennst mich. Du weißt, ich kann nicht anders.« Noch ein Schritt, seine Arme sanken an seine Seiten, und Schwäche überkam ihn. Ihre Eisaugen hielten ihn gefangen, sahen nicht weg, ließen ihn die Wahrheit hinter ihren Worten mit einer Intensität spüren, die grausamer war, als es der Drache in seinem Inneren je sein könnte. »Du stehst auf der Verliererseite, Ardemir. Ich bin Vinae Thesalis, und ich habe eine Armee. Da draußen segeln eure Feinde, und wenn das Land erst einmal erfährt, was die Königin vorhat, werdet ihr vernichtet. Ich werde noch weitere Verbündete finden, und eure Kristalle werden euch nichts mehr nützen.« Sie schluckte deutlich, und einen Moment lang sah er den Schmerz in ihren Augen aufleuchten, sah einen Wangenmuskel zucken, als sie ihre Kiefer anspannte. »Du stehst auf der falschen Seite, Ardemir.« Ihre Stimme brach, und Ardemir ballte die Hände zu Fäusten. Er wollte sie in seine Arme schließen, wollte sie festhalten, küssen, sie zwingen, nicht vonihm fortzugehen. Doch stattdessen verharrte er weiterhin schweigend und sah zu, wie sie die Hand zur Seite ausstreckte. Ascunsela reichte ihr ein zusammengerolltes Dokument, welches Vinae ihm entgegenstreckte. Ihr Blick war wieder voller Gleichmut, als hätte dieses kurze Aufflackern von Gefühlen niemals stattgefunden. »Die offizielle Kriegserklärung des Sonnentals, Ardemir. Alles hat seine Richtigkeit, ich werde euch nicht hier und jetzt vernichten …«
»Als ob du das könntest!« Die Worte brachen aus ihm heraus. All dies hier war eine Posse, ein Witz! Er stand Vinae gegenüber und sprach von Krieg, ließ Drohungen über sich ergehen und hörte doch nur den Donner in seinem Herzen. Er hasste sie, weil sie ihm diesen Schmerz zufügte, er liebte sie, weil sie für die Menschen einstand. Wieso konnte er kein anderer sein? Weshalb konnte er nicht an ihrer Seite stehen? Wenn er sich doch nur zu ändern vermochte.
»Wir sind stärker, als du denkst«, hörte er sich heiser sagen. Er nahm die Kriegserklärung entgegen und ließ sie zu Boden fallen. »Jeder meiner Ritter wiegt eine Handvoll deiner Krieger auf, Vin. Wir haben eine Flotte. Wir haben die Kristalle. Du wirst unterliegen.« Er holte zitternd Atem. »Du wirst sterben, Vin.« Er konnte nicht weitersprechen, wusste gar nicht, ob sie ihn noch gehört hatte, denn seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern gewesen. Vinae würde diesen Krieg verlieren, und wenn sie nicht im Kampf starb, so gab es für einen Verrat wie diesen nur noch den Weg aufs Schafott. »Ich kann dich nicht verlieren.« Hörte er diese Worte nur in seinen Gedanken oder kamen sie aus seinem Mund? Er wusste es nicht, alles verschwamm vor seinen Augen.
»Diese Menschen werden frei sein.« Vinae hob ihren Kopf und wies zu den Käfigen hinüber, ihre Stimme klang ungewohnt schrill und abgehackt. »Ich … wir … wir werden siebefreien. Mit dir oder ohne dich.« Sie sah ihm nicht mehr in die Augen, ihre Hände glitten fahrig über ihre Oberschenkel, als versuche sie, sich irgendwo festzuklammern. »Dieses Unrecht wird nicht weiterbestehen und …« Plötzlich machte sie zwei Schritte zur Seite und packte eine Menschenfrau, die gerade einen Karren von einem der Boote wegzog. »Und mit ihr fange ich an.« Sie zog die verdatterte Frau an ihre Seite. »Sie kommt mit mir.«
Ardemir hatte Mühe, nicht vor Schmerz
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