Elfenmeer: Roman (German Edition)
auf ihn hatte, die jedoch auch mit innerer Anspannung und Aufregung einherging. Sie war ihm so vertraut, und in ihrer Gegenwart fühlte er sich sicher wie nirgendwo sonst. Er hasste es, sie anlügen zu müssen.
»Ich habe gehört, was passiert ist.« Sie kam auf ihn zu, ihreneisblauen Blick auf ihn gerichtet, ihre kleinen Hände legten sich auf seine Brust, als gehörten sie dorthin. Sogar durch den Elfenstahl hindurch meinte er, ihre Berührung zu spüren. Wieso mussten sie sich unter diesen Umständen treffen? Er wollte sie in die Arme ziehen und sich in ihr verlieren, stattdessen musste er sie von sich stoßen und einen kühlen Kopf bewahren.
»Gehört?« Er blinzelte ein paarmal, als würde ihm das helfen, wieder zu Verstand zu kommen. »Wie das denn? Liadan wurde erst vor kurzem …«
»Einer deiner Ritter ist sofort zu mir geeilt, nachdem es geschehen war. Du weißt doch, du gabst ihm einen Schlüssel zum Weltentor – im Falle eines Unglücks sollte er alle Fürsten Elvions informieren. Die anderen Fürsten waren ja bereits anwesend, aber mich hat er geholt.«
Ardemir biss sich auf die Zunge, um einen Fluch zu unterdrücken. Diese alte Vereinbarung hatte er schon ganz vergessen! Es war ein Glück gewesen, dass Vinae gemeint hatte, Wichtigeres zu tun zu haben, als an einer dummen Zeremonie teilzunehmen, die niemandem half und nur wenigen schmeichelte. Doch sein eigener Befehl hatte sie hierhergebracht. Und jetzt musste er zusehen, wie er sie wieder loswurde.
»Vin…« Er legte seine Hände auf die ihrigen und bemühte sich, ihrem Blick standzuhalten. Wo Vlidarins Aufmerksamkeit unangenehm gewesen war, konnten Vinaes Augen tiefer sehen als alle anderen. Er musste sich zusammennehmen, sonst erkannte sie sofort, dass etwas nicht stimmte.
»Ich bin wirklich froh, dass du hier bist.« Er beugte sich zu ihr hinab und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze.
Vinaes Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, und noch ehe sie antworten konnte, fuhr er fort: »Es ist schön, dich zu sehen, aber hier kannst du nichts ausrichten. Du tatest gutdaran, im Sonnental zu bleiben, und es ist besser, du kehrst nun dorthin zurück. Ich muss mich jetzt um … diese Sache kümmern. Während Liadan fort ist, trage ich die Verantwortung, und ich muss versuchen, sie zu befreien.«
»Natürlich musst du das.« Vinae zog ihre Hände unter den seinigen fort und legte sie auf seine Wangen. Ihre zarte Haut zu spüren, machte alles nur noch schlimmer. Wieso konnte er nicht völlig nüchtern auf ihre Anwesenheit reagieren? Warum erfüllte sie ihn stets mit der Sehnsucht nach dem Unmöglichen? Sie waren schon so oft voneinander getrennt gewesen, und jetzt, da sie zusammen sein konnten, musste er eine Barriere zwischen ihnen errichten.
Vinae sah ihn mit den Spiegeln zu ihrer gütigen Seele an, und er wusste, er verdiente sie nicht. »Du musst tun, was du zu tun hast, Ardemir, aber nicht allein. Ich bleibe an deiner Seite.«
Ardemir zuckte zusammen, noch ehe er seinen Körper wieder unter Kontrolle hatte. Ein Teil von ihm wollte sie küssen und ihr alles anvertrauen, aber der andere Teil wusste, dass sie es nicht verstehen würde. »Vin«, seufzte er, und ihm war klar, dass die Sehnsucht seiner Stimme anzuhören war. Ein Blinder hätte gesehen, wie sehr er diese Elfe liebte. Er legte erneut seine Hände auf die ihrigen, nur dieses Mal hielt er sie nicht fest, sondern nahm sie herunter. Sie durfte ihn nicht länger auf diese Weise berühren, auf diese Art ansehen … »Deine Leute brauchen dich. Du bist die größte Heilerin Elvions und kannst nicht einfach auf Befreiungsmission gehen. Was ist mit deinem Land? Was ist mit den Tempeln? Du hast so viele Verpflichtungen, ich kann dir nicht auch noch meine aufbürden.«
»Aber natürlich kannst du das!« Vinae trat einen Schritt zurück und beobachtete ihn nun noch etwas genauer. »Geradejetzt braucht ihr eine Heilerin. Ihr werdet in den Kampf ziehen, und ich kann dich doch nicht einfach alleinlassen!«
»Ich bin ein Ritter, Vin. Ich bin der Befehlshaber. Es ist meine Aufgabe, in den Kampf zu ziehen. Deine als Fürstin ist es, deinem Land beizustehen.«
»Aber …«
Ardemir schüttelte den Kopf. »Ich bin umgeben von fähigen Kämpfern, auch unter ihnen sind Heiler, und wir werden alles tun, um Liadan zurückzubringen. Du wirst anderswo gebraucht.«
» Du brauchst mich.«
Die Worte schmerzten ihn schlimmer, als es Vinae bewusst sein konnte. Sie hatte recht, er brauchte sie so
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