Elfenschiffe (Mithgar 03)
ganzen Tag nahm die Finsternis zu, während der Mond langsam über die Sonne kroch und immer mehr Licht verschluckte, während am sich verdunkelnden Himmel schwache Spuren des Nordlichts funkelten. Matrosen und Krieger schauten nur ganz selten zu dem Schauspiel in die Höhe, und wenn, dann nur kurz und mit halb verdeckten Augen. Sie flüsterten leise und zaghaft miteinander, denn ungeachtet der Tatsache, dass Kapitän Aravan mit ihnen gesprochen hatte, und ungeachtet der Tatsache, dass sie den Grund kannten, hielten sich alte Geschichten und Aberglaube doch grimmig in den Herzen der Menschen und Zwerge. Und jeder Mensch und Châk betrachtete diese Finsternis als ein böses Omen.
Alamar stand kurz nach dem Mittag auf und wetterte, dass niemand daran gedacht habe, ihn zu wecken, denn seine Leidenschaft sei die Betrachtung des Himmels, und nun sei über die Hälfte der Sonne verdeckt, und er habe bis zu dieser Stelle alles verpasst. Aylis erinnerte ihn jedoch daran, dass er die Bedeutung dieses Datums ebenfalls vergessen hatte.
Langsam, aber stetig nahm die Finsternis zu und erreichte ihren Höchststand weniger als eine Stunde vor Sonnenuntergang, obwohl noch eine Sichel der Sonne zu sehen war. »Wären wir in meiner Kate in Rwn, hätten wir eine totale Finsternis gesehen.«
Doch Jinnarin betrachtete die Finsternis mit Unruhe im Herzen, denn in Gedanken wiederholte sie ständig, Aller schlechten Dinge sind vier … Aller schlechten Dinge sind vier.
»Haltet sie ständig unter vollen Segeln, Frizian«, befahl Aravan. »Wir fahren im Kreis. Ich will keine Zeit verlieren und bereits in Bewegung sein, wenn die nächste Wolke niedergeht.«
Frizian schaute auf die schmale Sichel der immer noch vom Mond verdeckten untergehenden Sonne. »Aye, Herr Käpt’n. Wir sind unter vollen Segeln, wenn die nächste Wolke niedergeht. Im Moment fahren wir vielleicht in die falsche Richtung, aber in dem Fall können wir sofort beidrehen.«
»Wir holen es ein, was es auch ist, Herr Käpt’n«, fügte Hegen hinzu. »Diesmal gibt es kein entkommen, Phantom oder nicht.«
Als die vom Mond verdeckte Sonne schließlich versunken war, brach übergangslos die Nacht herein, und das Schiff schlug einen Dreieckskurs ein und durchfuhr immer und immer wieder dieselben Gewässer.
Stunden verstrichen, und immer noch fuhr das Schiff Halsen, und die Mannschaft führte immer wieder dieselben Handgriffe und Manöver aus.
»Herrje«, sagte Artus, »ich fand es schon schlimm, den ganzen Tag unter einer ständig kleiner werdenden Sonne zu segeln, aber immer im Kreis zu fahren, ist noch schlimmer. Du meine Güte, das ist so, als wäre man auf einem Geisterschiff unterwegs nach nirgendwo.«
»Ooh«, ergänzte Lobbie schaudernd, »sag so etwas nicht. Es ist schon beängstigend genug, dass wir unter diesem geisterhaften Licht am Himmel fahren. Da musst du nicht auch noch ein Verhängnis auf uns herabreden.«
Reydeaus Pfeifen unterbrach ihr Gespräch, und sie mussten wieder an den Tauen ziehen, um den Kurs zu ändern.
»Grrr!«, knurrte Bokar zwischen seinen bewaffneten und gerüsteten Kriegern. »Ich habe das Gefühl, als würden wir unserem eigenen Schwanz hinterherjagen.«
Neben ihm nickte Dokan und inspizierte das stumpfe Ende seines Streithammers. »Gib mir einen guten Kampf, Waffenmeister. Piraten, Grg, sogar ein Madûk – was, spielt keine Rolle.«
»Aye«, fügte Dask hinzu. »Wir waren zu lange untätig und haben nur Hirngespinste verfolgt.«
Bokar nickte und strich über die Schneide seiner Axtklinge. »Vielleicht heute Nacht, Châkka. Vielleicht heute Nacht.«
Das Schiff blieb weiter auf seinem Dreieckskurs, bis Jinnarin nach einer weiteren Stunde rief: »Über uns, Aravan! Über uns! Eine Wolke! Eine große Wolke! Ach, Adon, sie wird uns treffen!«
Aravan schaute nach oben, und seine Elfenaugen sahen, wie das Gebilde herabsauste. Die Wolke war ganz nah und raste der Eroean entgegen. Riesig war sie, dunstig-blass und durchscheinend, aber mit einem Tosen wie von einem gewaltigen Feuer raste sie an ihnen vorbei. Sogar die Menschen und Zwerge, wussten, dass etwas Gewaltiges sie streifte, obwohl sie es nicht sehen konnten, denn ihnen standen die Haare zu Berge, die Takelage leuchtete, und Elmsfeuer flackerten über Masten und Segel, während ein mächtiges Rauschen in der Luft lag. Die Wolke glitt über das Schiff hinweg und nach achtern, um irgendwo gerade hinter dem nahen Horizont auf das Meer zu treffen.
»Reydeau, Kehrtwende nach
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