Elfenschiffe (Mithgar 03)
auszumachen, aus der das leise Plätschern kam, das vom dichten Nebel gedämpft wurde. Über ihm hingen die Seidensegel der Eroean schlaff herab, da sich kein Lüftchen regte, während das Schiff langsam in der schwachen Strömung des Flusses trieb, dessen Mündung sich eine ungewisse Strecke weiter östlich befand. Irgendwo in der Nähe befanden sich die Drachenfänge, scharfe Klippen, die aus dem Meer ragten, und Aravan wusste, dass er bald entweder den Anker werfen oder Beiboote aussetzen musste, welche das Schiff ins Schlepptau nahmen, um der treibenden Eroean das Schicksal zu ersparen, an diesen in Nebel gehüllten Felsen zu zerschellen… aber noch nicht, noch nicht, denn eine andere tödliche Gefahr näherte sich.
Aravan gab Bokar ein stummes Signal, und der mit einer Axt bewaffnete Zwerg trat neben den elfischen Kapitän. Bokar war mit seinen vier Fuß und sechs Fingerbreit erheblich kleiner als Aravan, obwohl der Zwerg in den Schultern um die Hälfte breiter war.
Ohne ein Wort zeigte Aravan nach steuerbord. Bokar nickte und schritt dann die Reihe der zwergischen Krieger und menschlichen Matrosen ab, um ihnen die Stelle zu zeigen, auf die Aravan ihn aufmerksam gemacht hatte. Bis an die Zähne bewaffnet warteten sie – die Zwerge in ihren Brustharnischen aus gehärtetem Leder und den dunklen Helmen mit Nasen- und Wangenschutz, die zusätzlich mit Hörnern, Stacheln oder Metallflügeln verziert waren, die Menschen ohne Rüstung, aber mit Säbeln bewaffnet.
Eine Woche zuvor hatte der schwarzhaarige Kapitän mit seinem Elfenschiff samt Mannschaft im Hafen von Janjong festgemacht und die bislang aus Porzellan bestehende Ladung durch Muskatnüsse und Zimt ergänzt. Nach Süden und ganz leicht nach Westen waren sie gesegelt und mit günstigem Wind weiter durch das Jingameer. Die Eroean hatte alle Segel gesetzt – vom Großsegel über das Bram- und Königssegel bis hin zum Himmelssegel – und bis zur piratenverseuchten Straße von Alacca, jenem langen, schmalen Durchlass zwischen den Küsten von Jung und den felsigen Klippen von Lazan, ein weißes Kielwasser hinter sich hergezogen… und bei Alacca hatte es eine völlige Flaute gegeben. Eine Nacht hatten sie vor Anker gelegen und auf das Aufkommen von Wind gewartet. Doch dann war der Morgen gekommen, und mit ihm war der Nebel aus dem Dschungel gekrochen, so dicht, dass man kaum fünf Schritte weit sehen konnte.
In diesem Nebel hatten sie eine Stimme gehört, die über das Wasser hallte – den scharfen Fluch eines Mannes, der jäh verstummt war. Rasch und lautlos hatte Aravan den Anker gerade so weit gelichtet, dass das Schiff frei treiben konnte, sodass es in der schwachen Strömung träge die Position änderte. Und die gesamte Mannschaft hatte sich bewaffnet, denn es war klar, dass sich Piraten näherten.
Jatu, der Erste Offizier des Elfenschiffs, ein großer dunkelhäutiger Mensch, kam aus der Takelage, ging zu Aravan und flüsterte: »Kapitän, in dem Nebel kann ich nichts von ihrem Schiff erkennen, aber sie haben einen Mann im Ausguck, der aus dem Nebel ragt, und der führt sie, weil er unsere Takelage über der Nebelbank erkennen kann.«
»Vash!«, zischte Aravan leise. »Wie weit sind sie entfernt? Und in welcher Richtung?«
Jatu zeigte nach steuerbord und einen Strich oder zwei nach achtern abweichend. »Vielleicht eine Viertelstunde bei dieser Geschwindigkeit.«
»Dann bleibt uns nichts weiter übrig, als zu kämpfen. Seid Ihr gesehen worden, Jatu? Nein? Gut, dann glauben sie vielleicht, dass sie uns überraschen können, und wissen nicht, dass wir von ihnen wissen. Nehmt zwei Mann und lasst leise den Anker herunter.«
Aravan ging die Reihe entlang zu Bokar, der grimmig unter seinem geflügelten Helm hervorschaute. »Waffenmeister, macht die Enterleinen bereit und auch einen Corvus oder zwei. Wir tragen den Kampf zu ihnen.«
Durch seinen roten Bart grinste Bokar grimmig, während seine Augen funkelten, dann gab er den Befehl an seine Zwergenkämpfer und die Menschen weiter. Auf der Steuerbordseite wurden Taue aus ihren Halterungen gelöst, und Krieger und Matrosen ergriffen die Seile. An drei verschiedenen Stellen wurden breite Laufplanken, die in langen, gekrümmten Schnäbeln ausliefen, an der Reling der Eroean befestigt. Sie waren so konstruiert, dass sie wie eine Zugbrücke herabfallen und sich die Eisenhaken am Ende in das andere Schiff verbeißen konnten. Jede Planke war ein Corvus zum Entern eines gegnerischen Schiffs.
Wieder schritt
Weitere Kostenlose Bücher