Elfenschiffe (Mithgar 03)
Aravan die Linie ab. »Haltet Euch unterhalb der Reling versteckt, sie sollen längsseits gehen und denken, wir schlafen noch.«
Augenblicke verstrichen, und jetzt konnten alle das gedämpfte Eintauchen von Ruderblättern ins Wasser hören. Durch die Ablauföffnungen sahen sie eine vage Form dunkel aus dem Nebel auftauchen und neben die größere Eroean gleiten.
Schließlich schälte sich eine erkennbare Silhouette aus dem Nebel: Es handelte sich um eine zweimastige Dschunke mit hohem Heck, flachem Bug und gehissten Luggersegeln vorn und achtern.
»Wartet«, flüsterte Aravan dem zwergischen Waffenmeister zu.
Die Dschunke war nun längsseits, und auf einen leisen Befehl wurden die Ruder eingezogen und aus der Hand gelegt, da die Ruderer sie gegen Waffen tauschten. Auf dem Deck der Dschunke waren undeutlich Gestalten zu erkennen, die sich zum Entern bereitmachten.
Mit einem hohlen Geräusch stieß der Rumpf der Dschunke an die Eroean.
»Wartet«, befahl Aravan noch einmal im Flüsterton.
Tunk. Ein mit Stoff umwickelter Enterhaken wurde über die Reling geworden, dem rasch drei weitere folgten, und die Dschunke wurde dichter an das Elfenschiff herangezogen und daran festgemacht.
»Jetzt!«, zischte Aravan. »Jetzt!«, brüllte Bokar. JETZT!, schrie die ganze Mannschaft – und mit donnerndem Krachen fielen die drei Enterbrücken auf das Deck des Piratenschiffs, und ihre langen Eisenkrallen bohrten sich in das Holz und hielten das Piratenschiff fest. Und mit dem alten zwergischen Schlachtruf »Châkka-shok! Châkka-cor!« auf den Lippen – ein Schrei, der von allen Zwergen beantwortet wurde – stürmte Bokar mit erhobener Axt über die in Nebel gehüllte Brücke, den riesigen Jatu im Rücken, während Aravan sich in seiner grauen Lederkleidung und mit funkelndem Stahl in der Hand wie ein Geist an einem Tau hinüberschwang und gleichzeitig die zwergischen Krieger und menschlichen Seeleute mit der Waffe in der Hand über die Brücken stürmten oder sich einfach im Nebel über die Reling schwangen, um das jungarische Schiff anzugreifen.
Bokar prallte auf eine Gruppe bestürzter Piraten, und seine doppelschneidige Axt schlug nach rechts und links und verspritzte Blut, während Jatus Streitkolben Gegner beiseite fegte, Schädel einschlug und Knochen brach. Wie ein in Nebel gehüllter Dämon kam Aravan aus dem Nebel geflogen und landete geschmeidig auf dem Achterdeck. Von wirbelnden grauen Nebelschwaden umgeben, zuckte sein Schwert vor und fällte den Steuermann. Der Elf fuhr herum und wehrte den pfeifenden Hieb eines Krummsäbels ab, den ein fluchender, dunkelhäutiger Mensch in einer Lederweste mit aufgenähten Kupferplatten schwang. Stahl klirrte auf Stahl, und Aravan drängte den Piraten nach hinten, bis er brüllend über die Reling kippte und ins Meer fiel.
Die Besatzung der Eroean strömte an Bord der Dschunke und drang auf die Piraten ein, die von Zwergenäxten niedergemacht und von den Säbeln der Menschen getroffen wurden. Der Kampf war praktisch vorbei, kaum dass er begonnen hatte, da die Seeräuber auf den Decks erschlagen oder über Bord gedrängt wurden, um entweder im Nebel unterzutauchen oder um schreiend und um sich schlagend zu ertrinken.
Als die Dschunke vom Feind gesäubert war, rief Aravan: »Kümmert Euch um unsere Verwundeten.« Bokar wiederholte seinen Befehl mit grollender Stimme, und die Menschen und Zwerge machten nach dem überstandenen Kampf eine Bestandsaufnahme.
Nur fünf Besatzungsmitglieder des Elfenschiffs waren überhaupt zu Schaden gekommen, und von denen bedurfte nur einer mehr als oberflächlicher Hilfe. »Hegen, in einem halben Mond seid Ihr wieder auf den Beinen und steht am Ruder«, sagte Aravan, der daneben stand und zusah, wie der Schiffsarzt Nadel und Faden weglegte und eine durchsichtige Flüssigkeit über die Wunde in Hegens Seite goss, der daraufhin scharf durch zusammengebissene Zähne einatmete.
»Aye, Kapitän«, knirschte Hegen, »in zwei Wochen oder noch weniger, würde ich sagen.«
Während Fager die vernähte Wunde mit sauberem Stoff verband, kam Jatu zu Aravan. Der Mensch war riesig und überragte Aravans sechs Fuß um gute sieben Fingerbreit. Er war an die dreihundert Pfund schwer, doch kein Gramm davon war Fett. Seine Haut war so schwarz, dass sie bläulich zu schimmern schien, ein Farbton, der seinen braunen Augen gänzlich fehlte. Er trug dunkles Leder und braune Stiefel aus Ziegenfell an den Füßen. Er räusperte sich – ein tiefes Grollen – und
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