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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Alistair einen Schritt nach vorne und verbeugte sich knapp. Neben ihm folgte Robert Swanscot seinen Bewegungen wie ein Echo.
    Da war die letzte Stufe. Sie blieben stehen. Alistair streckte eine Hand aus. Robert ebenfalls.
    Lily ließ den Arm ihres Vaters los. Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, wandte sich ab und legte ihre bebenden Finger in Alistairs.
    Der Earl lächelte breit.
    „Wild Rose Fairchild wird begleitet von David Swanscot, Marquis von Langdon“, verkündete die Baronin von Leicesterfield, während Rose auf Emmas Bruder zuschwebte. „Tigerlily Fairchild aus der Familie der Lancasters hat ihre Hand dem Earl of Rosebery gereicht, Alistair York.“
    Die Menge blieb stumm und unbewegt. Lily meinte ihre ungläubigen Gedanken hören zu können: Ein York und eine Lancaster? Der Earl und die uneheliche Halbbluttochter eines Barons?
    Eben diese beiden.
    Sie gaben ein schönes Paar ab, darüber war sich Lily im Klaren. Wo sie golden war, war er silbern, sie war die Sonne, er der Mond. Doch Lily wusste: Genau wie diese beiden Himmelskörper gehörten sie eigentlich nicht nebeneinander ans Firmament.
    Die Menge begann plötzlich, ihnen Beifall zu spenden, Beifall, zu lebhaft, um nur höflich zu sein. Vielleicht galt er den erschütternd eindringlichen Blicken, die Alistair Lily zuwarf, oder der mädchenhaften Röte, die daraufhin ihre Wangen färbte. Der Duke würde sich jedenfalls freuen, wenn man uns jetzt schon für Verliebte hielte, dachte Lily, während sie mit Alistair ihren Platz zwischen den anderen Paaren einnahm, an den Gästen vorbei in den Bankettsaal einzog und sich zur Balleröffnung aufstellte.
    Musik setzte ein. Die Violinenklänge von der Empore und das warme Licht der unzähligen Kerzen, die hier brannten, verschwammen für Lily zu einer diffusen Kulisse. Nur Alistair blieb ständig in ihrem Blickfeld. Zwischen wirbelnden weißen Röcken drehte und wendete Lily sich mit ihm auf dem spiegelglatten Parkett, drehte sich und bemerkte schließlich, dass sich Alistair seltsam benahm. Sein routinierter Charme bröckelte. Die gekräuselten Mundwinkel und der schief gelegte Kopf wirkten nicht so arrogant wie sonst. Mehrmals setzte der junge Earl an, um Lily etwas zu sagen, stoppte sich jedoch jedes Mal in der letzten Sekunde.
    Als die Musik schließlich endete, alle Debütantinnen einschließlich Lily gleichzeitig in einem tiefen Knicks versanken und die Herren sich knapp verbeugten, blieb Alistair aufrecht stehen und schüttelte mit einem verblüfften Lachen den Kopf.
    „Es geht nicht, meine Hübsche“, sagte er zu ihr hinunter. „Ich kriege es nicht hin. Lass es mich dir einfach zeigen.“
    Und ohne sich weiter zu erklären, zog er sie hoch, beugte den Kopf und bedeckte ihren Mund mit seinem. Dort auf der Tanzfläche vor den Augen aller. Seine Lippen erstickten ihren Laut des Entsetzens, seine Hände legten sich auf ihre bloßen Schultern, als sie unwillkürlich zurückschrak.
    Dann hatte Lily sich wieder in der Gewalt. Sie schloss die Augen und hielt still. Oh, Alistair York war ein guter Küsser! Nicht zu sanft und nicht zu fest presste sich sein Mund auf ihren, nicht zu zaghaft und nicht zu fordernd teilten seine Lippen ihre. Aber es waren einfach die falschen Lippen, der falsche Mund! Lily wollte Salz schmecken und Wolfshaar riechen. Sie wollte Jolyon Wilde küssen, nicht Alistair York. Den Menschen, nicht den Fey.
    Alistairs Atem ging ein wenig unstet, als sie sich endlich voneinander lösten. Lilys auch, aber aus einem anderen Grund. Gleich muss ich weinen, dachte sie. Gleich, gleich, jetzt.
    Sie drehte das Gesicht zur Seite, um die Gefühle zu verbergen, die darüberliefen wie der Wind über eine Wasseroberfläche. Und entdeckte Jolyon in der applaudierenden Menge.

 
    28
    And then end life when I end loyalty! ~ Brech ich die Treu, will ich den Hals mir brechen!
    Nur für eine Sekunde trafen sich ihre Blicke, bevor Jolyon sich abrupt abwandte und zwischen den Fey verschwand.
    Doch Lily hatte sein Gesicht gesehen. Wie zu Stein erstarrt war es gewesen. Sie wollte ihm nachrufen, ihm nachlaufen, ihm alles erklären, seine Züge so lange streicheln, bis sie sich wieder entspannten, seine Lippen so lange küssen, bis sie sich nicht mehr in diese harte Linie pressten, und ihm so oft „Ich liebe dich!“ ins Ohr flüstern, bis sein Stahlblick weich wurde. Es brauchte ihre ganze Kraft, es nicht zu tun. Aber Lily wusste, wenn sie jetzt nicht einen Moment für sich sein konnte, würde sie hier

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