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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Mal widersprach Lily nicht.
    „Gut, wenn wir nicht zu dir können, gehen wir zu mir. Komm mit.“ Er griff nach ihrer Hand, wie schon einmal, und zog sie mit sich, wie schon einmal. Und auch dieses Mal folgte ihm Lily ohne Widerspruch.
    Sie gingen nicht weit. Sie durchquerten zwei Gebäude und einen Innenhof und gelangten in einen kleinen Park. An seinem anderen Ende lag hinter ein paar kahlen Linden ein großes trutziges Backsteingebäude, hinter dessen Fenstern vereinzelt Licht brannte und die Nacht erhellte. Der Anblick wärmte Lily das Herz.
    „Mein Wohnheim“, erklärt Jolyon ihr.
    Über ausgetretene Steinstufen erreichten sie die Eingangshalle. Auch hier brannte Licht. Die bunten Zettel, die am Schwarzen Brett neben der Hausordnung hingen, bewegten sich im Luftzug, als Lily und Jolyon eintraten. Der Nachtportier in seiner Loge sah von seiner Zeitung auf.
    Erwischt, dachte Lily.
    Aber Jolyon trat einfach nur an die Theke, griff nach einem Kugelschreiber, der neben einem aufgeschlagenen Heft lag, und begann zu schreiben. Lily beugte sich vor. Er schrieb seinen Namen und ihren Namen.
    „Komm“, sagte er dann zu Lily.
    Wieder ein Hof, wieder ein Treppenhaus. Aber dieses hier war ganz anders als das in Kates Haus. Es hätte einen frischen Anstrich vertragen können, ein paar mehr Glühbirnen in den Wandleuchten und nähere Bekanntschaft mit ein paar Litern Seifenlauge.
    Im dritten Stock drehte sich Jolyon zu Lily um. Im Halbdunkel sah er so fremd aus.
    Genau das ist er ja, dachte Lily. Ein Fremder. Sie musste vorsichtig sein, sie sollte vielleicht sogar nicht hier sein. Aber sie konnte einfach nicht anders. Sie fühlte sich so viel besser in seiner Gegenwart, viel getrösteter als zuvor mit Kate. Lily schob diesen Gedanken beiseite, sie ertrug es nicht, an ihre Mum zu denken. Und erst recht nicht an Gray.
    „Wir müssen leise sein“, sagte Jolyon mit gesenkter Stimme, als er den Schlüssel ins Schloss steckte. „Ich habe noch drei Mitbewohner. Und mindestens zwei von ihnen sind zu Hause.“
    Lily nickte.
    Spärliches Mondlicht fiel durch die Fenster, genau wie in Kates Appartement. Aber bei Kate sorgte eine von der Uni bezahlte Putzfrau für Sauberkeit. Und Kate hatte, ungeachtet ihres mangelnden Ordnungssinns, mit ausgewähltem Kleinkram, Bildern und Teppichen das Universitätsmobiliar aufgewertet und so der Wohnung ihren höchsteigenen Stempel aufgedrückt. Hier hingegen trug alles die Handschrift verschiedener Urheber und atmete den Geist des Vergänglichen. Die Flurwände waren mit Postern bepflastert, die längst in der Versenkung verschwundene Popstars bejubelten, inzwischen in Rente gegangene Abschlussjahrgänge zeigten oder Filme ankündigten, die heute schon Klassiker waren. An der Decke ließ sich erkennen, wie bröckelig und lose der Putz stellenweise war. Der Holzboden stöhnte bei jedem noch so vorsichtigen Schritt, als Lily hinter Jolyon her durch einen dunklen Flur tappte. Ein Kühlschrank summte dazu bedrohlich laut. Es war kalt hier, nicht viel wärmer als draußen. Vorsichtig bahnte Lily sich ihren Weg an einem Berg von Schuhen und Stapeln von Zeitschriften vorbei.
    Das Zimmer am Ende des Flurs war Jolyons. Es maß vielleicht vier mal drei Meter. Ein dunkles, schweres Holzbett, ein ebenso schwerer Schreibtisch und ein Kleiderschrank standen darin. Diese massiven Möbel hatten sicher schon Generationen von Studenten überlebt. Lily lehnte sich an den Tisch und fuhr mit den Fingerspitzen über seine verkratzte Oberfläche. Spürte den Spuren der Bewohner nach.
    Jolyon warf seinen Mantel über den einzigen Stuhl im Zimmer, trat zum Kopfende des Bettes, bückte sich und knipste die Leselampe an. Er drehte sie so zur Wand, dass sie nur gedämpft leuchtete. Lily war ihm dankbar dafür. Ihn und sich in helles Licht getaucht zu sehen, hätte sie nicht ertragen. So durfte alles unscharf bleiben, unwirklich. Er und sie – und die Sache mit Gray.
    Unaufgefordert ließ sich Lily auf Jolyons Bett sinken. In Mantel und Schal und mit den dicken Stiefeln an den bloßen Füßen. Blieb dann bewegungslos sitzen. Sah nur stumm zu ihm hoch.
    Er fragte nicht. Kam einfach zu ihr, hockte sich vor sie hin und griff nach ihren Mantelaufschlägen. Vorsichtig streifte er ihr den Dufflecoat von den Schultern.
    „Den Schal lässt du vielleicht lieber an. Die Heizung läuft hier nur an hohen Feiertagen.“ Er grinste. Umfasste dann ihre linke Wade und zog ihr den Stiefel vom Fuß. „Darin kriege ich langsam

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