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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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hat schon die Julia gespielt. Gerade proben wir den Mittsommernachtstraum und sie ist die Titania.“
    „Die Titania? So, so.“ T. W. Webber sah tatsächlich interessiert aus. „Und wen spielst du, Tigerlily?“
    Lily wurde ein kleines bisschen rot. „Den Puck.“
    „Ein nicht zu unterschätzender Zeitgenosse“, sagte Webber ernst und zwinkerte ihr zu.
    Lily fand ihn richtig nett. Rose hingegen schien nicht von so freundlichen Gefühlen erfüllt zu sein. „Und Puck gehört zu den Fey. Wie wir. Wie Gray. Warum zitieren Sie Shakespeare?“, wollte sie wissen.
    „Weil der gute William auch hier mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Passt auf: Die Namen der zwei feindlichen Häuser waren Lancaster und York. Beide Familien hatten königliches Blut und stritten um die Erbfolge. Eine der blutigsten Schlachten Englands ist ihrer Fehde zu verdanken. Mal saßen Lancaster-Könige auf dem Thron, mal York-Könige. Und schließlich kam Henry Tudor. Er hatte eine Lancaster in seiner Ahnenreihe und heiratete Elisabeth von York, um seinen Anspruch auf den Thron von beiden Seiten zu legitimieren. Er vereinte sogar ihrer beider Wappen in seinem.“ Webber holte Luft. „Man spricht von den Rosenkriegen, weil beide Häuser eine Rose in ihrem Wappen führten.“
    Die Mädchen saßen wie vom Donner gerührt. Rose griff nach Lilys Hand.
    „Welche Farbe“, flüsterte Lily, „hatten die Rosen?“
    „Rot“, sagte T. W. Webber. „Und weiß.“

 
    10
    Lord, what fools these mortals be! ~ Herr des Himmels, was für Toren diese Sterblichen sind!
    Das einzige Geräusch im Zimmer war das Knarzen von Leder, als T. W. Webber sich in seinem Sessel wieder vorbeugte. Seine fahlen Augen blickten eindringlich. „Zwei Häuser, gleich an Würdigkeit“ , deklamierte er in die Stille hinein, „reizt alter Hass zu neuem Kampf und Streit.“
    Die Mädchen starrten ihn an.
    „Sie sind ja verrückt“, sagte Rose ehrfürchtig. „Wollen Sie behaupten, hier schlagen sich so ein paar machthungrige Adelige nach all den Jahrhunderten wieder die Köpfe ein?“
    Webber schwieg einige Augenblicke. „Jetzt wird es schwieriger“, sagte er schließlich.
    „Können Sie nicht einfach nicken oder den Kopf schütteln?“, fragte Lily.
    „Bedaure“, sagte er und klang, als meine er es ernst.
    „Okay.“ Lily schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. „Sie sagen, es ist kein Zufall, dass wir eine weiße Rose auf Graysons Schlafplatz gefunden haben. Ich sage, es ist kein Zufall, dass Ihre Gesellschaft eine weiß-rote Rose als Zeichen trägt.“
    „Die Tudorrose“, sagte Webber heiser. „Die auch als Zeichen für das Ende der Rosenkriege gelesen werden kann. Das ist uns wichtig, darauf konzentrieren wir uns.“
    „Aha. Können Sie uns nicht etwas deutlicher sagen, was Ihr komischer Verein so treibt?“, fragte Rose entnervt. „Nur mit dieser Geschichtsstunde hier kommen wir nicht weiter.“
    „Sie nennen sich Chronisten“, murmelte Lily in Gedanken. „Das habe ich vom Dach aus gehört.“ Ihr Kopf schnellte hoch. „Und ich konnte das hören, weil Sie ein Fenster aufgemacht haben, Mr Webber. Für mich!“
    Webber breitete die Arme aus, als wolle er sagen: „Ich bestätige nicht, ich streite nicht ab.“
    Aber Lily wusste, dass sie Recht hatte. „Wenn die Chronisten ihren Namen nicht ohne Grund tragen, dann zeichnen sie auf, was geschieht. Und zwar schreiben sie die Geschichte der beiden Häuser nieder, die der Yorks und die der Lancasters – deshalb die Tudorrose, die beider Wappen in sich vereint.“
    Webber lächelte. So weit, so gut, dachte Lily.
    „Und warum bitte schreiben sie das alles auf?“, fragte Rose.
    „Ich habe wirklich keine Ahnung.“ Lily überlegte.
    „Weil Gelehrte sich gerne mit unnötigem Kram beschäftigen?“, schlug Rose vor.
    Lily schüttelte den Kopf. „Dann müssten sie es nicht geheim halten. Warum müssen sie es geheim halten?“ Sie starrte Webber an – und er starrte sie an. Verdammt, dachte Lily. Ich komme nicht drauf.
    „Das ist ja alles wahnsinnig interessant, aber wir wissen immer noch nicht, wo Gray ist“, rief Rose.
    „Aber wer ihn geraubt hat, wissen wir“, sagte Lily. „Denk an die weiße Rose. Sie wurde ja quasi als Visitenkarte hinterlassen. Für Mum, oder? Damit sie weiß, wo Gray ist. Und“, es schnürte ihr den Hals zu, „damit sie nicht nach ihm sucht. Es war wie ein Abschiedsgruß.“
    Rose richtete sich abrupt auf. „Das werden wir ja noch sehen.

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