Elfenschwestern
Hals über Kopf und hoffnungslos verfallen.“
Lily musste tief Luft holen, um ihr vor Freude plötzlich schneller schlagendes Herz zu beruhigen. „Und ich ihm, denke ich.“
Jetzt sah Rose sie an. „Ja“, sagte sie langsam. „Vielleicht macht auch das den Unterschied.“
Lily wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Deshalb sagte sie etwas anderes: „Es tut mir leid. Das mit Duncan.“
Rose zuckte gleichgültig die Achseln.
„Ich denke“, wagte sich Lily langsam vor, „er liebt dich.“
Rose lachte spöttisch. „Lily, er kennt mich gar nicht.“
„Ja, weil du ihn nicht lässt“, rief Lily. „Weil du ihm nie die ganze Rose gezeigt hast. Wenn du das tätest, würde er sein gebrochenes Herz vielleicht für dich wieder flicken.“
Rose schnaubte. „Du redest entschieden zu viel mit Eileen“, urteilte sie. Eileen lehrte am Queens College mit ganzer Leidenschaft Psychologie.
Lily rollte sich neben ihrer Schwester auf den Rücken. Durch die weiß getünchte Decke zogen sich dunkle Holzbalken. Weil Lily hier so oft mit Rose gelegen hatte, kannte sie fast jede Maserung und jede Kerbe.
„Ich kenne Jolyon ja auch nicht“, gestand Lily. „Kein Wunder, wir haben uns schließlich vor vier Tagen das erste Mal gesehen!“ Sie seufzte sehnsüchtig. „Aber es ist so, als sei er magnetisch, verstehst du? Und als sei ich eines unserer Eisenamulette. Die eherne Lilie. Ich kann nichts dagegen tun, dass ich von dem Magneten angezogen werde.“
Rose lachte. „Hoffnungslos verfallen“, wiederholte sie. „Der eine dem anderen.“
„Meinst du, so etwas kann halten?“, fragte Lily bang.
„Auf dem Gebiet habe ich nun wirklich keine Erfahrung“, sagte Rose trocken. „Wahre Liebe? Bis dass der Tod uns scheidet? Ich weiß nicht, ob es die gibt.“
Lily schwieg betroffen.
Da schlang Rose einen Arm um Lily, zog den goldblonden Lockenkopf an ihre tiefschwarze Mähne. „Aber weißt du was, Schwesterchen? Ich wette, wenn es die wahre Liebe gibt, könnte sie so anfangen, wie die zwischen dir und dem Menschenknaben.“
Als Lily barfuß und nicht länger in ihrer Schulkluft, sondern in rasch übergeworfenem Kapuzenpulli und weicher Nickihose und endlich mit ihrem Lilienamulett um den Hals nach unten tappte, fand sie Jolyon in der Küche, wie er sich gerade durch alle Schränke und Regale arbeitete. Auf dem Tisch standen drei Teller samt Besteck, auf dem Herd ein Topf mit in sprudelndem Wasser kochenden Nudeln.
Ohne nachzudenken, trat Lily zu Jolyon, schlang die Arme um seinen Oberkörper und vergrub das Gesicht zwischen seinen Schulterblättern. Er zuckte nur ganz leicht zusammen.
„Du kochst für uns?“, fragte sie seinen Rücken.
„Sieht so aus.“
„Und wenn ich verspreche, dass du nicht mehr kochen musst, bleibst du dann da?“
Jolyon stellte die Gläser, die er gerade hielt, vor sich aufs Büffett und legte seine Hände auf ihre. „Möchtest du das denn?“
„Sonst würde ich ja wohl nicht fragen!“, sagte sie empört.
Sie spürte, wie er leise lachte. „Das ist richtig.“ Vorsichtig drehte er sich in ihrer Umarmung um und sah sie mit seinen stahlblauen Augen an. Von seinem Blick wurden ihr die Knie ein bisschen weich. „Ich wollte es dich nur sagen hören“, erklärte er. „Es scheint so einige junge Männer zu geben, die du gerne in deiner Nähe hast.“
Lily blinzelte verwirrt.
Er sagte: „Duncan?“
Lily konnte nicht anders, sie lachte laut heraus. Jolyon aber blieb ernst.
„Duncan ist verrückt nach Rose“, protestierte Lily. „Nur ist Rose leider nicht genauso verrückt nach ihm.“
Jolyon drehte sich eine ihrer dunkelblonden Locken um den Finger und betrachtete sie. „Tigerstreifen“, sagte er nachdenklich. „Weißt du, Tigermädchen, solch herrlichen Raubkatzen wie dir sind viele Jäger auf den Fersen.“
Die prickelnde Freude darüber, dass er sie eine herrliche Raubkatze genannt hatte, mischte sich mit spontan aufflammender Wut. „Das sagt der Richtige!“
Er hob eine dunkle Braue. „Wie meinst du das?“
„Wie ich das meine? Wer ist Heather?“
„Ah.“ Jolyon seufzte. „Das hast du mich doch schon einmal gefragt.“
„Ja, und du hast es vorgezogen, darauf nicht zu antworten.“ Sie ließ die Arme sinken und wollte von ihm zurücktreten, doch jetzt zog er sie an sich. „Warte.“
„Das hier wird deiner Freundin nicht gefallen“, erklärte Lily, so trocken sie konnte, als er mit beiden Händen ihre Taille umfasste. Sehr gut konnte sie es nicht,
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