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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Fairchild. In Roses Zimmer lagen nie Klamotten herum und an Roses Schreibtisch hätte man sogar im Dunkeln einen Brief schreiben können. Rose musste nie fieberhaft ihren Lieblingslippenstift suchen und Rose wusste immer, wo sie ihre Schlüssel hingelegt hatte. Eine Eigenschaft, um die sie von Lily und Kate glühend beneidet wurde.
    „Ich gebe mein Bestes“, versicherte Lily ihrer Schwester. „Im schlimmsten Fall hole ich das Zimmermädchen zurück. Das war sowieso schwer schockiert, weil wir seine Hilfe ausgeschlagen haben. Aber du bist wirklich nicht böse, wenn ich mich hier noch ein wenig verkrieche?“ Sie holte tief Luft. „Ich weiß, ich sollte da draußen sein, nach einer Spur suchen, irgendwas. Es ist nur“, sie sah ihrer Schwester fest in die Augen, „ich grusele mich fürchterlich davor, ihnen gegenüberzutreten.“
    „Ihnen?“
    „Den Fey.“
    „Oh.“ Rose blinzelte.
    „Kannst du dir das vorstellen?“, fragte Lily ihre Schwester. „Ein ganzes Schloss voller Fey? Ein ganzer Saal voller Fey? Und wir mittendrin?“ Sie schüttelte sich unwillkürlich.
    „Lily“, sagte Rose milde erschüttert. „Hast du Angst?“
    „Ja“, gestand Lily. „Habe ich. Du nicht?“
    Rose schwieg eine Weile. „Davor nicht. Weißt du, wenn ich ehrlich sein soll, freue ich mich sogar darauf, endlich Elfen zu begegnen.“
    „Noch mehr Elfen, meinst du. Außer den Tanten und dem Duke.“
    „Und deinem Alistair.“
    „Er ist nicht mein Alistair“, empörte sich Lily.
    „Nein?“ Rose lächelte spitzbübisch. „Wie gut! Dann kann ich ihn ja haben!“
    „Mit Handkuss“, erklärte Lily großartig. „Mylady.“
    Roses Veilchenaugen funkelten. „Weißt du“, sagte sie nachdenklich, „dieses Mylady könnte mir gefallen.“
    „Das glaube ich gerne. Vor allem, wenn du dazu noch das Himmelbett kriegst.“
    „Genau.“ Rose grinste. „Ich gehe jetzt. Ich komm dich aber holen, bevor wir zum Abendessen gehen. Okay?“
    „Okay.“
    Rose verschwand und ließ Stille zurück.
    Lily kam sich verloren vor, kaum dass die Tür hinter ihrer Schwester ins Schloss gefallen war. Sie tippte ein „Jol, ich wollte, du wärst hier“ in ihr Handy und schickte die Nachricht ab, bevor ihr dieses Geständnis peinlich werden konnte.
    Dann betrachtete sie missmutig ihre Gepäckstücke und dachte: Wo sind Zimmermädchen, wenn man sie braucht? Aber sofort schämte sie sich für diesen Gedanken, rutschte von der Matratze und griff sich ihr Ballkleid, das sorgfältig in seine Schutzhülle verpackt quer über einem kleinen Sessel lag. Gerade als Lily die Unmengen Stoff vorsichtig im Schrank verstaute, hörte sie die Zimmertür klappen.
    „Schon wieder da?“, fragte sie unwillkürlich erleichtert und drehte sich um.
    Alistair stand drei Schritte hinter ihr.
    Lily zuckte zurück. Im ersten Augenblick wollte sie um Hilfe rufen, doch dann schaltete sich ihr gesunder Menschenverstand ein. Alistair York hatte ihr das Leben gerettet, es bestand erst mal kein Grund zur Panik. Zur Missbilligung allerdings schon.
    „Klopfst du nie an?“, fragte Lily so kühl wie möglich.
    Seine Mundwinkel kräuselten sich amüsiert. „In meinem eigenen Haus? Selten.“
    „Wirklich unhöflich“, kommentierte Lily spitz.
    Er lachte. Sein Haar, so hellblond, dass es fast silbern wirkte, benahm sich genauso widerspenstig wie in jener Nacht im Bibliothekshof. Es fiel ihm schräg über die Stirn und die linke Augenbraue. Die Augen darunter waren so schwarz, wie Lily sie in Erinnerung hatte, schwarz wie die Moore um Pipers Corner. Und genauso unergründlich, dachte Lily beklommen, während sie den jungen Elf betrachtete.
    Ja, er hatte die scharf geschnittenen Züge seines Vaters, ein starkknochiges Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen. Doch seine Lippen waren nicht dünn, sondern sanft geschwungen, und seine Nase hatte nichts von einem Adler, sondern war lang und schmal und erinnerte Lily irgendwie an einen Löwen.
    „Gehst du mit mir auf die Jagd?“, fragte Alistair frei heraus. Er trug noch seine blanken Reitstiefel und die beigefarbenen Reithosen, in denen er eben auf seinem herrlichen Braunen gesessen hatte, und die dunkelblaue Steppweste über dem bis zum Kinn geschlossenen Zip-Pullover. Seine Reithandschuhe hielt er lässig zwischen den Fingern.
    Er sieht aus, als wäre er direkt aus den Ställen hergekommen, dachte Lily. Als hätte er keine Zeit verlieren wollen. Dieser Gedanke beruhigte sie jetzt nicht unbedingt.
    „Und?“, fragte Alistair.

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