Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
sind verwandte Seelen. Vor dem Himmelshafen gibt es eine große Treppe. Wenn man sie eine Weile hinabsteigt, kommt man an einen Ort, an dem drei Wachen den Weg versperren. Ich denke, du wirst finden, was du suchst, wenn du es schaffst, an ihnen vorbeizukommen.«
    »Du meinst, sie halten Lyndwyn gefangen? Das ist unmöglich, Orimedes. Sie besitzt den Albenstein und ist eine Zauberin. Niemand in diesem Berg könnte sie gegen ihren Willen festhalten.«
    »Und wenn sie freiwillig dort unten ist?«, gab der Kentaur zu bedenken. »Sie… «
    »Was?«
    Orimedes stand wie versteinert. Mit offenem Mund blickte er auf den See. Wie in Trance hob er den Arm und deutete auf das Wasser. »Die Fische. Sieh nur!«
    Geisterhaft blasse Fischleiber stiegen aus den dunklen Tiefen des Sees an die Oberfläche. Leblos trieben sie mit den weißen Bäuchen nach oben in der sanften Dünung. Bald waren es hunderte.
    »Was geschieht da?« Orimedes wich ein Stück vom Ufer zurück, als fürchte er, das Los der Fische zu teilen. »Der See! Er muss vergiftet sein. Es werden immer mehr. Alles ist tot!«
    Ollowain blickte auf das grüne Wasser. Es hatte fast die Farbe von Lyndwyns Augen. Diese wunderbaren grünen Augen mit den goldenen Sprenkeln darin! Den Kentaur schüttelte ihn. »Was ist das?«
    »Lyndwyn…« Ollowain blinzelte. Der Bann war gebrochen. »Bleib hier. Achte darauf, dass niemand aus dem See trinkt. Ich hole Hilfe.«

DIE SPINNE UNTER DEM REGENBOGEN

    Gundar kniete sich vor dem Götterbild in den Schnee. Ole hatte es tatsächlich gewagt! Dies hier war der Ort, an dem seine Pilgerfahrt im Wahn geendet hatte.
    Der Priester tastete über die raue Oberfläche des Holzes. Man hatte das Bildnis des Luth aus einem dicken Eichenstamm geschlagen. Der Kopf mit seinen wulstigen Augenbrauen war gut ausgearbeitet, doch unterhalb der Schultern hatte der Künstler nur vage die Formen des Körpers angedeutet. Und das Wenige war längst unter einem Panzer miteinander verbackener, rostiger Eisenstücke verschwunden. Da fanden sich Nägel, Bruchstücke von zerbrochenen Klingen, Ringe, Blechstücke, ein Hufeisen. Entlang der Passstraße gab es ein Dutzend oder mehr dieser Götterbilder. Jeder Reisende opferte an ihnen ein Stück altes Eisen und bat den Schicksalsweber um Schutz für den Weg über die Berge. So kleideten sich die Statuen über die Jahrhunderte in einen Panzer aus Eisen und Rost. Man nannte sie Eisenmänner.
    Ulric hatte den Hammer mit dem Steinkopf gepackt, der neben der Statue auf einem flachen Felsen lag. Mit all seiner Kraft trieb der Junge einen Nagel in den Fuß des Götterbildes.
    Gundar betrachtete noch immer die Lücken, die in den Rostmantel der Statue gebrochen waren. Was hatte Ole dazu gebracht, einen Gott zu berauben?
    »Wird Luth uns schützen?«, fragte Ulric und legte den Hammer zurück.
    »Dein Onkel hat den Schicksalsweber erzürnt«, antwortete der Priester ernst. »Beten wir, dass wir Luth gnädig stimmen können.«
    »Aber wir bringen doch alles zurück. Ist es dann nicht wieder gut?«
    Gundar seufzte. »Vielleicht.« Er öffnete den Lederbeutel mit den rostigen Eisenstücken, die Ole in seine Peitschenschnüre eingeflochten hatte. Dann nahm der Priester den Hammer und versuchte, sie vorsichtig wieder in das Holz zu treiben.
    »Gundar?« Ulric rieb sich die Hände, die rot vor Kälte waren. »Wenn ich meinen Zauberdolch in den Eisenmann stoße, wird Luth Halgard dann wieder ganz gesund machen?«
    Der Priester hielt in seiner Arbeit inne und blickte zum Himmel. Was sollte er auf diese Frage nur antworten? »Der Dolch ist dein größter Schatz, nicht wahr?«
    Der Junge nickte.
    »Und du würdest ihn für Halgard opfern?«
    »Wenn Luth sie wieder gesund macht.«
    »Es ist nicht die Art des Schicksalswebers, uns zu berauben. Ich bin mir sicher, Luth hat gehört, was für ein Opfer du bringen würdest. Und er weiß, dass du mit reinem Herzen sprichst. Behalte den Dolch. Luth war es, der den Pfad deines Lebens so knüpfte, dass du den Schwertmeister der Elfen trafst und dass Ollowain dir dieses Geschenk machte. Der Dolch ist also auch ein Geschenk Luths an dich. Und Geschenke gibt man nicht zurück. Damit würdest du den Gott beleidigen.«
    »Ich wollte ihn nicht kränken«, sagte Ulric zerknirscht. »Manchmal ist es sehr schwer, die Götter zu verstehen. Gut, dass du da bist und erklären kannst, was sie wollen.«
    Gundar schluckte. »Ja«, sagte er leise. Er dachte daran, wie oft er selbst im Zweifel war. Das Vertrauen

Weitere Kostenlose Bücher