Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin
schüttelte er den Kopf. »Das war wohl nichts.«
Die Gräfin ließ von ihrem Opfer ab und drehte sich mit blutverschmiertem Gesicht in Roberts Richtung. Sofort zog er den Kopf ein und hielt sich rasch die Hand vor den Mund. Unter heftigem Würgen bäumte sich sein Körper auf, und er schaffte es nur mit äußerster Willensanstrengung, keinen Laut von sich zu geben. Nie! Niemals wollte er Anne so sehen!
Um nicht entdeckt zu werden, signalisierte Robert Anne, dass er rausmusste. Ohne Zwischenfälle erreichten sie die Oberfläche und traten aus dem Haus in die schwächer werdende Abendsonne. Robert machte noch drei weitere Schritte, dann brach es in einem einzigen Schwall aus ihm heraus.
»Wir müssen die Polizei informieren«, sagte er atemlos, nachdem er mehrfach ausgespuckt und sich den Mund mit einem Taschentuch abgewischt hatte.
»Das ist keine gute Idee«, befand Anne. »Solche Angelegenheiten regeln wir auf unsere Weise.«
»Und die wäre?« Robert schnaubte. »Willst du Bandorchu um einen Säuberungstrupp bitten? Oder Fanmór? Damit sie den Mist, den dieser verfluchte Elf hier angerichtet hat, wieder aufwischen? Allein hätte Tanner das nie auf die Reihe bekommen. Aber wer schert sich schon um ein paar dumme und kurzlebige Menschen, was?« Mit seinen Nerven am Ende, fuhr er sich durch die zerzausten Haare. »Wer schert sich schon um so ein gefühlsduseliges Volk.«
Anne kam näher, strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und fasste ihn sanft am Kinn. »Ich mag vielleicht nicht als Retterin der Menschheit taugen, aber ich habe eine Rechnung mit dem Amerikaner offen, und die werde ich begleichen.«
»Allein gegen alle? Wie willst du das schaffen?«
»Ich werde sie mir einzeln vorknöpfen, zusammen mit Lorec. Denn durch die Gräfin ist auch er in diesen Fall verstrickt.«
Die nächsten Tage spähte Anne die Lage allein aus; Robert sollte sich auf seine Arbeiten am Buch konzentrieren. Doch sie wusste, dass er mit den Recherchen nur quälend langsam vorankam. Seine Gedanken waren übervoll mit den Bildern aus dem Gewölbekeller. Jede Nacht wachte er schweißgebadet neben ihr auf, mit einem stummen Schrei auf den Lippen, der sie an das tote Mädchen erinnerte. Er konnte sich einfach nicht damit abfinden, abzuwarten, während die Gräfin eine Gefangene nach der anderen abschlachtete. Anne hatte ihn davon überzeugt, dass die Polizei nicht viel würde ausrichten können. Im Gegenteil. Mehr involvierte Leute bedeuteten auch mehr Opfer.
Die Vampirin wollte die Gräfin abpassen, wenn diese einmal allein war. Doch Jarosh, Tanner und Darby wichen nicht von ihrer Seite. Mindestens zwei von ihnen blieben, wenn ein anderer Besorgungen machte oder neue Mädchen beschaffte. Davon hatte sie Robert nichts erzählt, um seine Seele nicht noch mehr zu belasten. Da sie mit dieser Strategie aber nicht weiterkam, besuchte sie in der dritten Nacht Lorec, um sich mit ihm zu besprechen.
»Du lässt zu, dass sie dort unten im Keller Mädchen zu Tode quält?«, rief der Wolfsmann fassungslos.
Sie saßen um ein kleines Lagerfeuer, das er im Schutz einiger aufgestapelter Gesteinsbrocken entzündet hatte. Um sie wucherten kleinblättrige Dornenbüsche. Der Boden war festgetrampelt und trocken.
»Was schlägst du vor? Hineinstürmen und kämpfen?« Anne schnaubte. »Für solche Tipps hätte ich nicht herkommen müssen.«
»Warum hast du nichts unternommen, als ihr dort unten wart? Womöglich hat sie mittlerweile eine untote Streitmacht aufgebaut. Glaubst du, dadurch wird es leichter?«
Anne sah ein, dass es vielleicht ein Fehler gewesen war, so lange zu warten. Andererseits wusste sie, dass sie es nicht ohne Hilfe mit Darby und Elisabeth Báthory aufnehmen konnte. In der Gräfin floss Annes Blut, ein Teil ihrer eigenen Kraft und Macht.
»Dann komme ich mit dir«, sagte Lorec, nachdem sie ihre Befürchtung zögerlich ausgesprochen hatte. »Lass mich als Wolf an deiner Seite für das Gute kämpfen. Das wäre für uns beide eine Premiere.« Er lachte und strich sich über die muskulösen Oberschenkel. »Wer weiß, vielleicht hätte ich das schon früher tun sollen. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob ich es in all den Jahrhunderten einmal mit der selbstlosen Erlöservariante versucht habe. Aber warum nicht? Schließlich bin ich bereits selbst Teil einer Sage. Vielleicht wird das Märchen wahr.« Er grinste schief.
Und so schmiedeten sie einen waghalsigen Plan, um Rache zu nehmen, Erlösung zu finden und ganz nebenbei ein
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