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Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Titel: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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Seit ihrem Bund mit Robert wussten sowohl die Schattenkönigin als auch der Herrscher von Earrach, wo Anne sich für gewöhnlich aufhielt. Warum sollten sie ihr also um die halbe Welt hinterherreisen?
    Erst als sie Robert und sich in den Hintergrund ihrer Überlegungen schob, sah sie klar. Jemand, der aus den USA in dieses ferne und unbedeutende Land reiste, um eine verlassene Burgruine zu besichtigen, musste geradezu besessen von Vampiren oder Massenmördern sein. Sein Interesse galt demnach der Blutgräfin, nicht ihr oder Robert.
    Auf meine alten Tage werde ich tatsächlich paranoid
, dachte Anne erleichtert. Sie leckte sich die Schokolade vom Finger und lehnte sich entspannt zurück. »Glauben Sie, die Gräfin Báthory war so eine Bestie?«, fragte sie in das laufende Gespräch der beiden Männer hinein.
    »Ich glaube nicht«, antwortete Tanner. »Nein. Sie war vieles, aber kein Dämon.«
    »Erzählen Sie uns von ihr. Sie kennen bestimmt alle Geschichten, die jemals über Elisabeth Báthory niedergeschrieben wurden. Kommen Sie, noch ist die letzte Weinflasche nicht leer.«
    Robert, der ihre Worte als gut gemeinte Hilfe für seine Arbeit aufzufassen schien, schenkte eifrig nach. Mit Freude bemerkte Anne, dass er wieder Lust am Recherchieren bekam und den testosteronumwölkten Kampfgeist zurückdrängte.
    Auch Saul Tanner nahm den hingeworfenen Köder mit sichtlichem Genuss auf. Er berichtete von der Gräfin, als spräche er von seiner Traumfrau. Leidenschaftlich. Entzückt. Obwohl die Worte, die er wählte, Attribute voller Scheußlichkeit, Barbarei und Schmerz waren.
    Ein einziges Mal hatte Anne diese Verrückte leibhaftig gesehen und sofort gespürt, dass es in ihrer Umgebung nicht nur für junge, unschuldige Mädchen zu gefährlich war. Báthorys Onkel, Tanten und Cousinen hatten mit alten satanistischen Ritualen experimentiert. Zwar ohne rechten Sinn und Verstand, aber auch ein Zufallstreffer konnte Mächte herbeirufen, mit denen nicht zu spaßen war.
    Anne, die damals viel durch die Welt gereist und ihre Opfer unter den Reichen und Schönen gesucht hatte, hatte daraufhin Abstand vom österreichisch-ungarischen Adel genommen. Stattdessen war sie durch den Osten gewandert – vom heutigen Slowenien aus über Bosnien, Rumänien, die Ukraine und Polen. Durch Lettland war sie bis ins russische Gebiet nach Nowgorod und später bis nach Sankt Petersburg gelangt.
    Es war eine Zeit der Pferdeschlitten und Pelze gewesen. Man hatte den Winter mehr gefürchtet als jeden anderen Feind. In eisigen Nächten hatten sich die Menschen vom Überlebenswillen angetrieben mit Schweinefett oder Tran eingeschmiert und ihre Körper mit Leinenlumpen umwickelt. Ein Versuch, die schützende Speckschwarte nachzuahmen, die Mutter Natur so vielen Tieren geschenkt, aber den Menschen vorenthalten hatte.
    Kein besonders appetitliches Vergnügen für jemanden, dessen Geruchssinn feiner war als der eines Wolfs. Zum Trost für Anne hatten die Männer sich allerdings bestens darauf verstanden, beim Liebesspiel das Blut zum Kochen zu bringen. Animalische Balgereien, bei denen ihre Spielgefährten die erlittenen Blessuren mit Stolz getragen und vorgezeigt hatten. Damals hatte die Muse Anne in einigen besonders hitzigen Liebhabern die Lust am Schreiben, den Spaß an der Musik oder die Liebe zur Malerei geweckt.
    Über die Jahrhunderte hinweg war ihre Arbeit immer leichter geworden. Die Menschen hatten zunehmend nach Sinn in ihrem Leben gefragt und mehr gewollt, als ihre Tage nur mit Arbeit zu verbringen. Selbst die niederen Klassen hatten plötzlich nach einem Glück gestrebt, das sogar das geistige einschloss. Philosophen waren aufgekommen und zeichneten in ihren Werken mal heitere, mal düstere Bilder der Seele. Maler entwickelten seit jener Zeit immer atemberaubendere Techniken und spielten mit der Wahrnehmung – weg vom Realismus, hin zu vorher nie gewagten Kapriolen des Ausdrucks. Manche Werke hatten die Zeit überdauert und galten immer noch als große Kunst. Marc Chagalls zum Beispiel.
    Geboren Ende des neunzehnten Jahrhunderts, hatte sich Chagall bis in die Kaiserstadt durchgeschlagen, um Maler zu werden. Doch in keiner der Schulen war er lange geblieben, bis Anne sich seiner angenommen hatte. Rabiat und verstörend, wahnhaft und visionär waren seine Bilder ab da geworden, als lebte er in einem immerwährenden Rausch. Wann immer Anne mit dem Abstand der Jahrhunderte eines seiner Werke betrachtete, erwachte jene Zeit wieder zum Leben. Marc

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