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Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Titel: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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abrupte Ende zwar wortreich bedauert, seiner Mimik zufolge schien er mit diesem Verlauf aber durchaus einverstanden zu sein. Und Robert ebenso. Der Alkohol hatte seine Zunge schwer gemacht. Ein Umstand, der Anne das übliche Schnarchkonzert bescherte. Aber sie hatte sowieso nicht vorgehabt, die Nacht an seiner Seite zu verbringen.
    Lautlos glitt sie vom Bett und zog sich das Kleid ein drittes Mal an diesem Tag über. Mit einem letzten Blick auf den Schlafenden schlüpfte sie in ihre Schuhe, öffnete behutsam die Tür und trat auf den dunklen Gang hinaus. Die Holzdielen unter dem alten Teppichboden knarrten, als sie die Treppe nach unten huschte. Die Rezeption war unbesetzt. Aus dem Gastraum drangen verhaltene Geräusche. Wahrscheinlich war das Mädchen noch mit dem Beseitigen der Spuren des abendlichen Gelages beschäftigt.
Gut so
, dachte Anne. Katzengleich schlich sie zur Haustür, öffnete sie und trat hinaus in die Nacht.
    Die Luft hatte sich merklich abgekühlt. Immer noch wanderten Wolkenschleier über den Himmel und hüllten den wachsenden Mond in dunkelgraue Kleider. Beste Voraussetzungen für eine Jagd, doch Anne hatte sich entschlossen, zu warten und nach Jarosh Ausschau zu halten. Der Vampir in ihr dürstete nach einer Portion Blut; nicht etwa, weil sie es gebraucht hätte – schließlich war sie keine Untote, die davon leben musste –, sondern aus purer Lust. Blut trinken war ein bisschen wie Schokolade essen – eine Genusssucht, der man immer wieder nachgab, um Stress abzubauen und sich den Glücksmomenten hinzugeben, in denen pure Energie einen durchströmte.
    Während sie die Straße hinunter bis zum Gotteshaus spazierte, sog Anne die nächtliche Atmosphäre in sich auf. Die Fäulnis war allgegenwärtig, auch in der Dunkelheit. Sie spürte den pelzigen Nachgeschmack auf der Zunge und spuckte aus.
Ich hätte Robert energischer von diesem Ausflug abraten sollen. Auch wenn ich schon seit Jahrhunderten nicht mehr hier war, wusste ich dennoch, was vorgeht. Nicht nur in der Menschenwelt ist dieser dunkle Fleck im Gedächtnis der Vergangenheit eine Attraktion – eine sehr gefährliche noch dazu
.
    Die Vorhänge der kargen Behausungen waren zugezogen, die Lichter erloschen. Der Wind strich scheu um Annes Schultern und nestelte an ihren Haarspitzen, als sie den Kiesweg hinauf zur Kirche ging. Auf Höhe des klotzigen Bauwerks umrahmte eine dicke Ziegelmauer den Platz und schloss im Osten einen kleinen Friedhof mit ein. Dort kauerten die Krähen dicht zusammengedrängt in den mageren Baumwipfeln. Reglos wie Statuen und dennoch immer auf der Hut.
    Anne hasste diese Flatterwesen. Egal was die Schauergeschichten glauben machen wollten, waren Krähen keinesfalls die Freunde ihrer Art. Und sie hatte noch keinen Vampir oder sonstigen Verwandten getroffen, der sich in einen Raben oder eine Fledermaus verwandeln konnte. Krähen waren lästige Zaungäste, die sich nach eigenem Gutdünken einmischten. So hatten sie Anne schon manch ein Opfer abspenstig gemacht, es gewarnt oder vertrieben.
    Nachdem Anne die erste Grabsteinreihe passiert hatte, kroch Jarosh aus seinem Versteck und lief schwankend und bei jedem Schritt mit den Armen schlenkernd auf sie zu. Sein Kopf war geduckt, doch sein Blick unverrückbar auf Anne fixiert. Große, weit aufgerissene Augen, die das wenige Mondlicht aufzusaugen schienen; unverkennbare Merkmale eines Ghuls – eines untoten Dieners.
    Es war Anne schleierhaft, wie sie das übersehen haben konnte. Eine unverzeihliche Nachlässigkeit. Diese Wesen verfügten kaum über magische Fähigkeiten. Ihr Tarnzauber war für Wissende leicht zu durchschauen.
    »Was willst du?«, fragte sie forsch und hielt ihn gleichzeitig mit ausgestreckter Hand auf Abstand.
    »Der Herrin immer zu Diensten«, röchelte der Ghul. Es klang, als würden sich die Töne durch ein Gewirr von Staubfäden zwängen.
    Schmeißfliegen bildeten mäandernde Muster auf seinem abgerissenen Hemd. Darunter verbarg sich ein knöchriger Körper, über den sich nur noch stellenweise Muskeln und Sehnen spannten. Er hatte Glück, denn sein Kopf war bisher kaum vom Verwesungsprozess betroffen. Ein einziges Loch prangte zwischen den filzigen Haarbüscheln. Auch dort hatten es sich die Fliegen bequem gemacht. Vordergründig war er ein bemitleidenswertes Geschöpf, doch Anne wusste, dass die Ghuls von ihren Meistern nicht ohne Grund erwählt worden waren. Verschlagenheit, Skrupellosigkeit und grenzenlose Gier standen auf der Liste der üblichen

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