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Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Titel: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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deine Zukunft aussieht«, antwortete Anne nach einer Weile ausweichend. »Jedes Wort, jede Bewegung, die von meinem damaligen Verhalten abweicht, könnte alles verändern. Und vielleicht hat sie das bereits.«
    Der Riesenwolf kniff die Augen zusammen. Seine langen, borstigen Brauen verzogen sich wie unter Schmerzen. Er ahnte wohl, dass Anne keine guten Nachrichten für ihn hatte. »Dann will ich mich weiter an die Hoffnung klammern. Sie ist eine unbefriedigende Freundin, und dennoch hält sie mich am Leben, egal wie düster der mir vorgezeichnete Weg aussehen mag.«
    Anne nickte gedankenvoll und forschte in ihrem Inneren nach der Antriebsfeder ihres eigenen Daseins. Doch sie fand nichts.
    Die Sonne wanderte träge gen Westen und spendete hinter einem Dunstschleier versteckt nur spärliches Licht. Mittlerweile war es später Mittag. Lorec lag neben Anne dösend auf dem festgetrampelten Vorplatz der Höhle. Die Bäume, die sich rund um die kleine Felsenzunge in die Höhe streckten, wiegten sich knarrend im Wind.
    Als ein Eichelhäher im Dickicht Alarm schlug, spitzte der Wolfsmann instinktiv die Ohren. Wie Funkantennen schwenkten sie zu beiden Seiten aus, bis sie den Grund für die Störung lokalisiert hatten. Schlagartig richtete Lorec sich auf und spannte seine mächtigen Glieder an. »Menschen«, knurrte er. »Schwitzende Menschen, getrieben von Angst und Wut.«
    Anne verstand sofort. Ihr Zögern vor dem Leichenhaus hatte offenbar weitaus größere Auswirkungen. Immerhin hatte sie zwei Menschen ums Leben gebracht und dem Pöbel damit ein paar gute Gründe mehr gegeben, sie zu jagen. Die Wut hatte die Angst vor der auferstandenen Hexe übertönt.
    Eine Horde Kerle trat aus dem Dickicht der Bäume. Sie waren mit langen Stöcken bewaffnet, mit Knüppeln und Schrotgewehren. Beim Anblick des Wolfes und der Frau stießen sie wildes Kampfgeschrei aus.
    »Versteck dich!«, bellte Lorec, während er mit gewaltigen Sprüngen den herannahenden Männern entgegenspurtete.
    »Nicht!«, schrie Anne, doch es war zu spät.
    Auf ein gebrülltes Kommando hin schwärmten die Angreifer aus. Sie bildeten einen Halbkreis und hielten unerschrocken auf die Anhöhe zu. Eine Öllampe wurde herumgereicht. Die vermeintlichen Knüppel entpuppten sich als Fackeln, mit denen sie den Riesenwolf wild fuchtelnd auf Abstand hielten, während sie mit den Waffen auf ihn einprügelten.
    Unschlüssig verharrte Anne auf der Stelle, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ihrem Freund zu helfen und sich selbst in Sicherheit zu bringen. Sie wusste, dass die Flammen eigentlich ihr galten, der vermeintlichen Hexe. Verbrennen war die gängige Methode dieser Zeit, um das Böse und Entartete zu vernichten. Die Geschichtsschreiber würden die Epoche später als Hochzeit der europäischen Hexenverfolgung bezeichnen.
    Der anfänglich von der Kirche heraufbeschworene Inquisitionswahn hatte sich längst verselbstständigt. Aus den niedersten Beweggründen wurden Frauen wie Männer denunziert und von weltlichen Gerichten bei öffentlichen Massenprozessen verurteilt. Abstruse Geständnisse wie ein Ritt auf dem Besen oder der Bund mit dem Teufel persönlich wurden erzwungen.
    Anne erschauderte bei dem Gedanken, vielleicht selbst Opfer dieser barbarischen Gerichtsbarkeit zu werden. Die Schreie und Gerüche auf den von geifernden Schaulustigen umringten Richtplätzen stiegen aus den Tiefen ihrer alten Seele empor. Hass wallte in ihr auf, Zorn brauste durch ihre Adern und mobilisierte alle noch übrige Macht. Mit wehenden Haaren und im Energiestrudel flatternden Kleid rezitierte sie den grausamsten aller Flüche. Donnergleich hallte ihre Stimme durch den Wald. Funkenkaskaden stoben aus ihren Fingerspitzen.
    Als sie zur finalen Strophe ansetzte, beugten sich die Bäume im tosenden Wind. Ein letzter Satz, ein Wort noch, dann …
    Wie aus dem Nichts hämmerte etwas Metallenes gegen ihren Hinterkopf, ließ sie stocken und nach vorne taumeln. Dann ein zweiter Schlag – wahrscheinlich mit einer Schaufel –, und sie sackte bewusstlos zu Boden.
    Unsäglicher Schmerz riss Anne aus einem formlosen Dunkel zurück in den wahr gewordenen Albtraum. Der übergroße massige Scharfrichter, der ihr gerade eben mit einem Schmiedehammer einen Pflock ins Herz getrieben hatte, entblößte grinsend seine schwarzen Zahnstümpfe. Einen Moment lang badete er sich im Jubel der Menge und stieg dann über eine Leiter den Scheiterhaufen hinab.
    Mit starr aufgerissenen Augen blickte Anne, die durch

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