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Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Titel: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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proklamiert worden war, stand hier. Er lehnte in seinem breiten Stuhl und grinste, leger auf ein Schwert gestützt. Sein Gesicht erschien durch unterschiedlichen Lichteinfall diabolisch verzerrt.
    Ein dicklicher Trommler riss Robert aus seinen Gedanken. »Macht Platz für das wandernde Volk!«, schrie er vom Podest in der Mitte des Vierecks herab. »Mann, Weib und Kind sollen uns durch mancherlei Belustigung auf das Kommen des Guy vorbereiten. Anschließend werden die edlen Herrschaften, die Honoratioren der Stadt York, ihre Stimmen zur Verurteilung der dreizehn Attentäter erheben.«
    »Was für ein stumpfsinniges Geplappere!«, schimpfte Robert. »Ist doch alles nur Show. Viel Theater um nichts.« Fast beneidete er den verkleideten Stadtwächter, der seinem alkoholischen Hobby in aller Öffentlichkeit frönte.
    »Du solltest nicht immer alles schlecht machen!«, gab Nadja zurück.
    »Solche Dinge haben wir doch schon tausendfach gesehen!« Er deutete auf Menschen in Narrenverkleidung, die Purzelbäume schlugen, sich gegenseitig durch die Luft schleuderten und dabei laut jauchzten. Ein junges Mädchen nahm einen kräftigen Schluck Spiritus und spuckte eine meterlange Feuerlanze. Zwei Seiltänzer bewegten sich drei oder vier Meter über dem Erdboden auf dem lose gespannten Seil aufeinander zu, begegneten einander und küssten sich. Dann balancierten sie den Weg zurück, den sie gekommen waren. Das grauenvolle Gewinsel einer Dudelsack-Kapelle tönte über den Platz und verzückte vor allem die männlichen Zuhörer ...
    »Kannst du nicht ein einziges Mal in deinem Leben Freude an etwas finden, ohne über das Dahinter nachzudenken?«, fuhr ihn Nadja mit unerwarteter Plötzlichkeit an. »Schau einfach zu und amüsiere dich. So, wie es alle anderen Menschen rings um dich auch tun.«
    Robert blickte sich um. Überall begegnete er Ausgelassenheit und Freude. In hoffnungsfroher Erwartung des weiteren Programms, das neben der traditionellen Verbrennung einer Guy-Fawkes-Puppe auf einem Scheiterhaufen und bombastischem Feuerwerk von mehreren Überraschungen sprach.
    »Die Menschen lassen sich allzu gerne manipulieren«, sagte er leise. »Gib ihnen Brot und Spiele, und sie vergessen all ihre Sorgen. Dieses System hat sich über die Jahrtausende bestens bewährt.«
    »Immer noch besser, als das ganze Leben lang an allem und jedem zu zweifeln.«
    Sie meinte es ernst. Robert sah und spürte es.
    Sie hatte keine Ahnung, welche Bedeutung der fünfte November in seinem Leben besaß; wie dann Gedanken an lange Verdrängtes hochkamen, wie sie in Verbindung mit dem Namen Guy Fawkes zu Schmerz und Angst und Wut führten ...
    »Es tut mir leid«, sagte Robert angestrengt. »Ich fühle mich momentan nicht sehr wohl.« Er wollte es ihr erzählen, ihr seine Gefühlswelt offenbaren. Aber die Worte wollten nicht kommen. Ein Knoten steckte in seinem Hals und hinderte ihn am Sprechen.
    Eine rasche Folge hoher, höchster Töne erklang. Jemand spielte in Perfektion auf einer Klarinette und entlockte dem »picksüßen Hölzl«, wie es oftmals im Musikerjargon genannt wurde, eine Melodie, die über den Platz wehte. Sie kündete von Weltschmerz, von großer Sehnsucht – aber auch von Heldenmut.
    Die über tausend Schaulustigen, die sich mittlerweile eingefunden hatten, hielten inne. Sie schwiegen und blickten sich, so wie Robert, interessiert nach dem Künstler um, ohne ihn ausmachen zu können. Das Gelände war zu unübersichtlich. Der Flötenspieler hätte sich im Backstage-Bereich der Bühne, hinter dem Konstantin-Denkmal, aber auch irgendwo auf den Dächern des Minster befinden können.
    »Fantaschtisch!«, hauchte Nadja. Sie hielt ein angebissenes Brownie in Händen. »Scho etwas Schönes habe isch noch nie gehört.«
    »Es erinnert mich ein wenig an den Gesang von gestern«, sagte Robert gedankenverloren. Er sprach leise. Er hätte es als Frevel angesehen, den Klang der kunstvoll hochgetürmten Akkorde durch seine Stimme zu durchbrechen.
    Immer schneller wurde die Musik, immer intensiver. Sie glitt in atemberaubende Höhen, verharrte dort, um dann mit erschreckender Plötzlichkeit in eine andere, martialisch klingende Melodie umzuschlagen. Männer und Frauen rings um ihn wippten und stampften den neuen Rhythmus mit. Er ließ seltsame Ideen in Roberts Kopf entstehen. Solche, die erschreckten und gleichzeitig seine innere Leere füllten.
    Ein letzter, lang gehaltener Ton verwehte. Er hinterließ unheimliche Stille.
    Nur allmählich fand die

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