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Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Titel: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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siebzehnhundertzweiundvierzig.«

9 Gofannon
Die neue Heimat
    Rings um ihn ächzten und schrien die Verbannten vor Schmerz. Sie wanden sich am Boden, hieben wahllos um sich oder spien fürchterliche Flüche aus – die keinerlei Wirkung zeigten.
    Gofannon erhob sich. Seine Beine fühlten sich müde und lahm an. Der Schmerz in König Fanmórs Folterkammern war von fürchterlicher Intensität gewesen; hier und jetzt aber bemerkte er, dass er längst nicht alle Facetten körperlicher Qual kennengelernt hatte.
    Der Boden der weiten Ebene, in der sie gelandet waren, reflektierte Sonnenlicht. Riesige schwarze Wolkenfelder trieben vor dem heißen Gestirn dahin, als würden sie von ihm gejagt werden. Lange Schatten griffen übers Land; bald hierhin, bald dahin, scheinbar ohne Zweck und Ziel.
    Viele elfische Verbündete der Königin suchten nach Verstecken, die sie vor dem Dunkel der Wolken schützen würden. Sie fürchteten und hassten den Schatten. Die Lichtschlucker brachen ihre Zauber, und sie lehrten den Elfen die Wahrheit von der Vergänglichkeit ihres Daseins. Sie zeigten ihnen die Leere, die sie anstelle einer Seele besaßen, und beschworen Wahnsinn herauf.
    Auch Gofannon, der ehemalige Gott, war nicht gegen die Wirkungen der Schatten gefeit. Spiegel, Licht, Schatten ... überall! Sein Magen revoltierte. Am liebsten hätte er seine letzte Mahlzeit hochgewürgt. Doch es war zu lange her, sicherlich drei- oder vierhundert Jahre, dass er feste Nahrung zu sich genommen hatte. Übrig geblieben war bloß eine Erinnerung, die seinen Körper nunmehr in schmerzhafte Krampfzustände zu versetzen drohte.
    Mehr fühlte als sah er, dass sich Königin Gwynbaen nach dem Durchgang ins Schattenland erhob. Sie tat dies mit seltsamer Grazie, die völlig fehl am Platze schien.
    Sie begann zu singen. Ein Lied, ein
Lament
. Worte des Bedauerns und des Verlustes verbanden sich mit einer traurigen Melodie zu einem Etwas, das das Elfenvolk und die anderen Verbündeten der Königin innehalten ließ und sie in einen Moment der Ruhe zwang.
    Gwynbaens Stimme erreichte ungeahnte Höhen. Sie fand zu einer Fülle und einer Intensität, die den Anbeginn der Schöpfung in prächtigen Gedankenbildern wiederauferstehen ließ, Mut und Willen der ersten Bewusstseinswesen interpretierte und Tugenden heraufbeschwor, die Gofannon längst verloren geglaubt hatte.
    Er fiel in den Gesang ein. Mit brummiger, kratziger Stimme, die nach wenigen Momenten zu jener Reinheit fand, die er während der Jahrtausende seiner Jugend entwickelt hatte.
    Gwynbaen zeigte leichte Irritation, ließ ihn aber gewähren. Fließend passte sie sich seinem Bass an, und gemeinsam erinnerten sie sich uralter Worte, die stärker und stärker wurden, je intensiver sie sich damit beschäftigten. So, wie aus einem groben Kiesel ein prächtig geschliffener Stein werden konnte, so rieben sie in vielfachen Wiederholungen die Staubschichten moderner Sprache ab und fanden zu den urtümlichen Bedeutungen der Worte zurück. Sie minimierten weiter, während die Getreuen der Königin in ihrem Selbstmitleid innehielten. Wo auch immer sie standen oder lagen, konzentrierten sie sich nun auf die Töne, auf den Gesang, den immer ursprünglicher werdenden
Klang des Lebens
.
    Schlussendlich blieb ein Lied mit sechs Worten übrig. Urtümlich kräftige Kadenzen überzogen die Spiegelfläche, ließen sie stumpf und leidlich angenehm erscheinen. Schnalz- und Kiekslaute schenkten Mut, während die borstigen Akkorde des dritten und vierten Wortes Hoffnung schürten.
    Gwynbaen deutete ihm, den Gesang für eine Weile zu unterbrechen. Sie drehte sich im Kreis. Ihre Anhänger scharten sich zögerlich um sie; Elfen, Spriggans, Zwerge, Basilisken und all die anderen. Mit halb geschlossenen Augen glitten sie über die Spiegelfläche dahin und kamen näher. Drei Gestalten blieben liegen. Sensible Wulkbäume, die im glasierten Untergrund keinen Wurzelhalt gefunden und in quasitödlichem Schock umgestürzt waren.
    »Dies ist das Schattenland«, begann die Königin ihre Rede. »Ein Land, wie es grausamer nicht sein könnte. Es bietet uns, die wir vom und im Zauber leben und Anzeichen der Vergänglichkeit als intime Verletzungen spüren, große, ungeahnte Schmerzen.« Sie breitete ihre Arme aus. »So weit das Auge reicht, gibt es kaum Änderung in dieser schrecklichen Landschaft. Die Hügel sind milde und abgerundet. Sie erzeugen umso grausamere Reflexionen jener Wolkenschatten, die die Sonne vor sich hertreibt.«
    Wie zur

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