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Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes

Titel: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Es fühlte sich warm und lebendig an, und es sandte eindeutige Gedankensignale aus.
    »Was bist du?«, fragte er müde. »Was machst du hier?«
    Das Lallen eines Idioten antwortete ihm, unterbrochen von wenigen vernünftigen Worten. Ja – es handelte sich um einen Versteinerten. Um ein Wesen, das sich selbst aufgegeben, sich selbst vergessen hatte, um zu einem
Ding
zu werden. Seit Jahrtausenden oder länger mochte der/die/das hier stehen, in Grüblereien versunken,
ob
und
wie
es sich weiterbewegen konnte. Irgendwann war auch diese Idee im Abgrund des schwindenden Geistes verschwunden, um einer oberflächlichen Beschäftigung mit dem eigenen Ich Platz zu machen. In absehbarer Zeit würde er/sie/es mit
allem
aufhören. Der Geist würde verschwinden, der Fels in weiteren Jahrmillionen zu feinstem Sand abgeschmirgelt und schlussendlich, als bösartige Ironie des Schicksals, Teil der verhassten Spiegelfläche werden.
    »Kannst du mich hören?«, hakte Gofannon nach.
    »Ja ...« Ein Echo, so schwach wie ein einzelner Spinnenfaden, antwortete ihm. War es in seinem Kopf, oder hörte er die Stimme wirklich? Gofannon wusste es nicht.
    »Warum hast du ... aufgehört?«
    »Es gibt keinen Sinn, der einen Sinn macht. Es gibt kein Leben im Leben. Alles ist tot im Tod ...«
    Das waren die Ideen eines Schwachsinnigen. Reduziertes Wahrnehmungsvermögen, das gemeinsam mit dem Wort- und Denkschatz schrumpfte. Wort für Wort, Sinnbild für Sinnbild.
    »Kannst du mich spüren oder sehen?«, fragte Gofannon.
    »Beides.«
    »Siehst du, wie ich gehe? Wie ich weitermache – und dadurch lebe?«
    »Vielleicht bist du eine meiner Fantasien? Oder die Erinnerung an ein früheres Selbst? Ich zweifle daran, dass du echt bist. Dafür bist du auch viel zu hässlich.«
    Erneut begann die Felsspitze sinnloses Gebrabbel auszusenden. Täuschte sich Gofannon, oder schwankte sie? Besaß das Wesen noch einen Rest eines Bewegungselements?
    »Ich bin
wahr
«, sagte er nachdenklich. »Ich entwickle eigene Gedanken. Ich bin ein
Selbst.«
    »Mag sein. Möglicherweise aber rede ich mir das auch nur ein. Dum-di-dum ...«
    Gofannon hasste die Felsspitze mit einem Mal. Wütend hieb er auf das Gestein ein und brüllte: »Ich werde jetzt von hier weggehen! Du wirst sehen und spüren, wie ich mich entferne, wie ich hinter der Hügelkette verschwinde. Ich bin nicht so wie du, dass ich grundlos mit allem aufhöre; ich werde weitermachen, genau wie die Königin. Sie wird es nicht dulden, dass wir uns vergessen. Sie hält uns fest und gibt uns Kraft. So lange, bis wir uns aus der Schattenwelt befreien können ...«
    »Ein interessanter Gedanke – wenn er von mir selbst stammt. Das würde bedeuten, dass meine Ideen selbst Ideen entwickeln. Das ist eine neue Form der Verrücktheit, und das wiederum erscheint mir schon wieder als ganz normal ...«
    Gofannon fühlte ein Grummeln in seinem Magen. Er begann lauthals zu lachen. Für einen Moment vergaß er all sein Elend und labte sich am Wahnsinn seines »Gesprächspartners«. Der Gedanke, noch weitaus besser dran zu sein als dieser versteinerte Idiot, hatte etwas Kräftigendes, Sättigendes an sich.
    »Hör mir gut zu, mein Freund«, sagte Gofannon. »Hinter dem Hügelland wird die Königin einen Ort aus dem Boden stampfen, der uns vor Schatten und Spiegellicht schützt. Dort könntest du wieder zu dir kommen und dein Leben neu beginnen. Alles, was du tun musst, ist, dich in Bewegung zu setzen und uns zu folgen.«
    »Bewegung? Dieses Konzept ist lächerlich. So weit und solange man auch geht – man gelangt nirgends hin. Ich kann mich noch gut daran erinnern ...«
    »Und wie steht es mit deiner Neugierde? Willst du nicht wissen, was hinter den Hügeln geschehen wird? Ob ich dich anlüge oder ob ich recht habe?«
    »Ich weiß nicht ...«
    »Denke darüber nach. Vielleicht verstehst du, was ich meine, wenn ich aus deiner Wahrnehmung entschwinde.«
    »Einer meiner Gedanken marschiert davon und macht sich selbstständig. Wie überaus interessant ...« Der Felsen grummelte einen Ton, der von einem anderen, noch tieferen, umschränkt wurde. In der eng umsäumten Welt der Felsspitze mochte dies eine wunderschöne Melodie sein, die von Glück und Ruhm erzählte.
    Gofannon sah sich um. Die Königin und die anderen Verbannten hatten mittlerweile die erste Kuppe in einer Kette immer höherer Hügel erreicht. Allmählich verschwanden sie in der dahinter liegenden Senke. Er musste sich beeilen; sonst drohte ihm Gefahr, in diesem

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