Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen - Themsen, V: Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen
Brand setzte.
Nadja drehte sich nicht mehr um.
Rian nahm alles nur wie durch einen Schleier wahr. Vor ihren Augen stand nur ihr Bruder, der durch den Baum gefallen und verschwunden war. Verzweifelt versuchte sie, ihn zu erspüren, ein Lebenszeichen zu erhalten. Doch da war nichts, alles war abgeschnitten. Nicht, als wäre David gestorben, das hätte sich anders angefühlt. Es war eher, als habe sich eine Tür zwischen ihnen geschlossen.
Sie merkte kaum, dass Robert sie am Ufer des Flusses absetzte und ihre Freunde berieten, wie sie von hier fortkommen sollten. Sie zog die Beine an, schlang die Arme darum und starrte über den Fluss. Ein unerträgliches Gefühl der Leere beherrschte sie. Niemals seit ihrer Geburt waren sie so getrennt gewesen. Immer hatten sie einander gespürt, egal wie weit sie voneinander weg gewesen waren.
Pirx stand plötzlich vor ihr und zog an ihrer Hand.
»Rian, wir brauchen dich«, piepste er. »Ich kann das nicht alleine, nicht für uns alle, wenn du nicht mitmachst! Bitte lass uns nicht allein!«
»Allein?«, wiederholte sie leise und starrte ihn verständnislos an.
Was wusste der Pixie schon vom Alleinsein? Sie war allein. Ganz und gar.
Hinter ihr klang ein Brüllen auf, und sie zuckte zusammen.
»Wenn du uns nicht hilfst, bekommt uns entweder der Getreue zu fassen oder der Drache«, jammerte Pirx. Tränen sammelten sich in seinen Augen. »Ich kann uns nicht vor ihm schützen, ich komme ja nicht mal gegen den dummen Kau an! Und die Menschen auch nicht, Rian! Nadja und Robert werden ohne dich sterben und wir beide vielleicht auch!«
Rian blinzelte. Etwas sickerte in ihren Verstand, die Erinnerung an eine Stimme.
Keine Menschen dürfen zu Schaden kommen. Das ist Fanmórs Gebot.
Sie streckte den Rücken und sah sich um. Robert und Nadja standen am Ufer und sahen abschätzend zur anderen Seite des Flusses. Hinter der Böschung waren die Geräusche eines Kampfes hörbar, der das magische Gefüge dieses Platzes erschütterte. Der Getreue war mächtig, doch Alberich befand sich auf ureigenstem Territorium, an der Quelle seiner Kraft. Er würde ihren Feind noch eine Weile aufhalten.
»Warum tut er das?«, flüsterte Rian.
Pirx sah sie fragend an.
Die Elfe schüttelte den Kopf und stand auf. Eine Barriere in ihr schlug zu, und für den Moment vergaß sie, was geschehen war, dachte nur noch an die Aufgabe vor ihr.
»Nadja, Robert, Pirx – kommt alle her.«
Ihre menschlichen Freunde sahen sich erstaunt um.
»Was willst du tun?«, fragte Nadja.
»Ich bringe uns zurück. Bleibt einfach dicht bei mir.«
Rian hob Pirx auf ihre Schulter und ging langsam in das Wasser. Nach kurzem Zögern folgten auch Nadja und Robert. Während das Wasser stieg, wob Rian mit ihren Fingern und dem Gesang ihrer Stimme um sie alle den Schimmerzauber, der die Atemblase schuf und kein Wasser zu ihnen hereindringen ließ. Sie ging weiter. Um sie und die Menschen herum zappelten Fische und Kleintiere auf plötzlich trockenem Boden, bis sie vorbei waren und das Wasser zurückkehrte. Schließlich schlug es über ihnen zusammen, und sie bewegten sich in einer schimmernden Halbkugel auf dem Grund des Flusses.
»Alle Wächter sind beseitigt, wenn man Alberichs Wort zumindest so weit trauen kann«, sagte Rian. »Uns sollte also nichts aufhalten.«
Erinnerungen an die Kämpfe auf dem Weg zum Quell tauchten auf, und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass stets nur sie und David oder Pirx angegriffen worden waren. Alberich hatte ihnen im Kampf geholfen, doch er war stets unverletzt geblieben. Warum war ihr das nicht aufgefallen, als es wichtig war? Zudem hatte er Davids und vielleicht auch ihr Leben in den Schleiern riskiert. Vielleicht hätte er ohne Pirx auch nicht in den Kampf gegen das Tentakelwesen eingegriffen. Pirx hatte er die ganze Zeit beschützt, weil Pirx seine wertvolle Fracht trug. Das war der Grund, weshalb er überhaupt in Kämpfe eingegriffen hatte. Wäre Pirx mit ihm durch die Strömung geschwommen, wäre ihr Schicksal vermutlich schon im Durchgang besiegelt gewesen.
Eine weitere Barriere schloss sich. Sie vergaß die störenden Erinnerungen und konzentrierte sich auf die vor ihr liegende Aufgabe.
Sie erreichten den Felsen, unter dem die Öffnung lag. In seinem Todeskampf hatte der Flusswächter ihn anscheinend wieder über den Durchgang geschoben, doch gemeinsam gelang es ihnen, den Eingang freizulegen.
»Wir müssen hintereinander durchtauchen«, erklärte Rian. »Ich schwimme voran, und Pirx
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