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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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nicht auch etwas Gutes ziehen? Warum sollte ich nicht als Vermittler zwischen Menschen und Elfen arbeiten?
    Ich beschloss, Fanmór meine Pläne zu unterbreiten. Er war meiner Meinung nach ein Sturschädel von aufbrausendem Temperament. Zumindest in seinen jungen Jahren hatte er durch sein ungestümes Benehmen das Reich in Unruhe versetzt – und damit der Anderswelt geschadet. Der große Konflikt mit Bandorchu sicherte ihm zwar später den Thron im mythenumwobenen Baumschloss – er erzeugte aber auch Unruhe im alten Adel. Dennoch hatte ich Respekt vor dem groß gewachsenen König.
    »Kommt nicht infrage!«, brüllte er mich an. »Was soll das heißen: ein gemeinsames Werk von Elfen und Menschen? Was für einen Sinn soll das haben?«
    »Früher waren die Verbindungen zwischen den Welten viel intensiver«, erwiderte ich. »Wir lebten sozusagen Tür an Tür ...«
    »Bis uns die Menschen ihr Vertrauen entzogen«, unterbrach mich Fanmór unwirsch. »Sie meinten, wir hätten auf der Erde nichts mehr zu suchen. Also werden wir die Tore nach und nach schließen. Soll dieses stumpfsinnige Gewürm, das nichts als Tod und Vernichtung im Kopf hat, doch allein mit seinen Problemen zurechtkommen.«
    »Ihr verallgemeinert, Hoher Herr«, wagte ich zu widersprechen. »Auch in unserer Heimat ist nicht alles eitel Sonnenschein. Wir machen Sachen, für die wir uns schämen sollten. Wir missachten Moralvorstellungen und nehmen uns aus der Menschenwelt, was wir wollen. Diener, Liebchen, Hofnarren, Arbeiter. Wir spielen mit ihnen, verzaubern und necken sie, verwirren sie mit unseren überlegenen Sinnen.«
    »Weil wir besser als sie sind! Ein Grund mehr, die Tore zu schließen.«
    Ich blickte zu ihm hoch. Seine Argumente erschienen mir oberflächlich; wie die Wiedergabe einer der endlosen Diskussionen am Hof im Baumschloss. Gab es denn einen bestimmten, einen persönlichen Grund, warum er so heftig gegen die Menschen sprach?
    »Sie haben ganz besondere Qualitäten. Ich hatte Zeit, sie kennenzulernen.«
    »Und sich von ihnen verderben zu lassen?« Fanmór hieb mit der Faust auf den Tisch, sodass das lebende Holz ängstlich knarrte. »Bist du überhaupt noch ein reinblütiger Elf?«
    »Genauso viel oder so wenig wie Ihr!«, schrie ich ihn an, ohne nachzudenken.
    Ruhe. Schreckliche, Angst machende Ruhe. Der König starrte mich an, als wolle er mich packen und wie einen Ast über dem Knie entzweibrechen. Ich war zu weit gegangen, hatte seine Zugehörigkeit zum Elfenvolk und die Reinheit seiner Blutlinien angezweifelt. Nun lag es an ihm, mich zu töten, zu verbannen, mich in eine Grube zu werfen und erst nach ein paar tausend Jahren wieder auszubuddeln ... Alles war sein Recht.
    »Na schön«, sagte Fanmór, der sich zu meiner großen Überraschung binnen weniger Augenblicke wieder fing und nun unnatürlich friedlich wirkte. »Du willst einen Versuch unternehmen, das Verhältnis zwischen ihnen und uns zu verbessern?«
    »Ja«, antwortete ich völlig verdattert. Was trieb den König an, warum war er so unausgeglichen? »Es geht nicht nur um einen symbolischen Akt. Ich rede von realer, körperlicher Zusammenarbeit.«
    »Du willst, dass Elf und Mensch ein Fanal der ... der Vernunft errichten.«
    »Kein Fanal, sondern etwas viel Praktischeres. Ich möchte einen Lebensraum schaffen. An einem völlig unmöglichen Platz. Mit Mitteln, die niemals zuvor verwendet wurden. Dort, wo sich energetische Linien kreuzen und beide Völker die Kraft des Ortes in sich aufnehmen können.«
    Fanmór wandte mir den Rücken zu. Er starrte durch ein Fenster hinab auf seine Stadt, sein Land, sein Reich. Lange blieb er so stehen und ließ mich warten.
    »Es hat keinen Sinn«, sagte er schließlich, ohne sich umzudrehen. »Doch es muss nicht alles im Leben Sinn machen, kleiner Fiomha. Du erhältst von mir den Auftrag, Pläne zu entwerfen und sie mir so rasch wie möglich vorzulegen. Wenn sie mir gefallen, erlaube ich dir, sie in die Tat umzusetzen. Ich an deiner Stelle würde alle Wesen der Anderswelt, die sich auf der Erde befinden, zur Unterstützung zusammenziehen. Versuche, die Gräben zwischen den Menschen und uns zu überbrücken – oder gar aufzufüllen.« Und leise murmelnd fügte er hinzu: »Ich wünsche dir viel Glück dabei.«
    Fanmór war ein Angst einflößender und seltsamer Kerl. Doch er besaß auch Größe, und er war keineswegs ... schlecht. Der König wollte etwas bewegen, und er war sogar bereit, sich mit einem kleinen Würstchen wie mir

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