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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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verlorene Seele, die du wiederfinden und hierher bringen wolltest.«
    »So ist es. Habe ich also Eure Erlaubnis?«
    Er schwieg. Lange. Er tat, als suchte er nach den richtigen Worten.
    »Tut mir leid«, sagte er schließlich, »aber die Voraussetzungen haben sich geändert.«
    »Wie bitte?«
Wollte der Riese etwa sein Wort brechen?
    »Du warst lange Zeit unterwegs in der Elfenwelt.« Fanmór steckte einen langen, krummen Holzstab ins blaukalte Moosfeuer, zündete ihn an und sog am dickeren Ende. So heftig, dass die Blätter an der Spitze augenblicklich braun wurden und sich zusammenrollten. »Und du weißt nicht, was sich inzwischen an den Übergängen zwischen Menschen- und Elfenwelt zugetragen hat«, sagte er paffend. »Es kam zu ... Irritationen. Wesen, die hier nichts zu suchen hatten, mischten sich in die Kämpfe zwischen der Königin und mir ein, und es gab auch Versuche, die Schlachten auf andere Sphären auszudehnen. Die Menschen waren nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung.«
    »Was wollt Ihr damit sagen?«, fragte ich ungeduldig.
    »Alle Tore wurden geschlossen.« Fanmór blickte an mir vorbei ins Leere. »Die Völker sollen von nun an getrennt voneinander leben. So lautet der Beschluss, den die anderen Großherrscher der Elfenwelt und ich getroffen haben. Eine Verbindung zwischen Wesen beider Welten, gleich welcher Art, ist fortan verboten. Es ist dir untersagt, eine Menschenfrau zu ehelichen oder gar hierher zu bringen.«
    Es dauerte, bis ich verstand, was er meinte. Bis die Worte zu mir durchdrangen und einen Sinn ergaben. »Ihr habt etwas versprochen, Hoher König«, sagte ich schließlich.
    »Ich versprach, über deinen Wunsch nachzudenken.« Fanmór warf den Rauchstab achtlos beiseite. Ein Terzischer Humpelgnom kam herangehoppelt und kehrte ihn mit einem Reisigbesen zurück ins Feuer. »Die Umstände haben mich gezwungen, eine für dich unangenehme Entscheidung zu treffen. Selbst in der Elfenwelt gibt es Veränderungen, wie du siehst.«
    »Ihr habt es versprochen«, wiederholte ich. Jegliches Gefühl verließ meinen Körper. Alles an mir wurde zu Eis, zu einer bedeutungslosen, amorphen Masse.
    »Ich habe in einer der wenigen Kampfpausen Venedig besucht«, fuhr der Riese fort. »In der Hoffnung, neue Impulse für die Auseinandersetzung mit Gwynbaen zu gewinnen. Und weißt du, was ich sah?« Er verschränkte die Arme vor der mächtigen Brust. »Die Stadt ist zur Kloake geworden. Jegliche Ordnung, jeder Respekt vor dem anderen, dem Fremden, ist verloren gegangen. Die Bewohner beobachten einander misstrauisch. Was man nicht kennt, wird abgelehnt. Die Venezianer nehmen die Sitten der barbarischen Völker an. Sie verachten die Elfen wegen ihrer Einfachheit, und sie fühlen sich dabei als etwas Besseres. Dein Experiment ist fehlgeschlagen. Die Stadt ist nicht mehr lange zu halten.«
    »Ihr habt es versprochen, Hoher König«, sagte ich ein drittes Mal.
    »Du
warst der Kitt, der alles zusammenhielt. Deine bloße Anwesenheit reichte einst, um einen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Du bist Venedig, und Venedig ist nichts ohne dich.«
    Ich öffnete den Mund, wollte abermals wiederholen, was mir durch den Kopf ging. Doch ich spürte meine Zunge nicht mehr, spürte nichts mehr; innerlich fühlte ich mich wie tot.
    »Du musst loslassen«, sagte Fanmór mit unerwartet sanfter Stimme. »Eine Verbindung zwischen Mensch und Elf
kann
nicht gut gehen. Besonders nicht in diesen Zeiten.«
    »Ihr könnt mich nicht daran hindern, König Fanmór«, krächzte ich, »dass ich tue, was ich tun muss. Wenn mich die Welt der Elfen nicht haben will, dann werde ich bei den Menschen Asyl finden. Oder woanders. Es werden sich Mittel und Wege finden ...«
    »Ich habe keine Empfehlung ausgesprochen«, unterbrach mich der Riese, »sondern einen Befehl erteilt. Die Tore sind für dich tabu. Haben wir uns verstanden?« Er wuchs vor mir hoch, das Gesicht zu einer Grimasse des Zorns verzerrt.
    »Ich verstehe Euch, aber ich akzeptiere es nicht, König Fanmór«, erwiderte ich. Die Angst, die ich einmal vor diesem mächtigen Recken gespürt hatte, war verflogen. Der König besaß keine Macht mehr über mich. »Ihr könnt mich nicht daran hindern, Julia zu suchen.«
    »Du kennst die Konsequenzen?«
    »Ich kenne sie.«
    Der Riese drehte sich um und hieb mit der Faust auf den Tisch. Er zerbarst, zerbrach in tausend Einzelteile aus magischem Rindenmull, die hektisch auseinanderwuselten und nach ein paar Sekunden wieder zusammenstrebten.

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