Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes - Themsen, V: Elfenzeit 7: Wächter des Weltenbaumes
Anstrengung dessen, was sie getan hatte, forderte ihren Tribut.
»Soweit ich es kann«, antwortete Doktor Lindström. Er stand noch immer mit dem Rücken zu ihr. »An seinen Sachen war nichts Ungewöhnliches, so viel kann ich euch gleich sagen. Typische Kleidung der jungen Leute aus der Gothic-Szene. Ich werde seinen Körper erneut untersuchen. Was ihr mir erzählt habt, lässt mich einiges über die Krankheit vermuten. Sollte mir dabei etwas auffallen, was uns mehr über die Unfallursache sagt, werde ich es euch mitteilen.«
Rian erinnerte sich an das stechende Gefühl im Bauch. Sie zog das Leichentuch tiefer herunter und strich mit den Fingern dort über den Körper des Trolls, wo der Schmerz bei ihm gesessen haben musste. Sie spürte eine leichte Erhebung in der Haut.
»Was ist das?«, fragte sie.
Lindström drehte sich um und sah auf die Stelle, die Rians Finger ertasteten. Mit zusammengekniffenen Augen beugte er sich dicht an den Bauch heran. »Das sieht fast aus wie eine Narbe«, sagte er schließlich. »Ein Schnitt, würde ich sagen, so lang und gerade, wie sie ist. Vielleicht ist er mal in eine Messerstecherei geraten.«
Rian sah über Lindström hinweg zu David. Ihr Bruder machte eine Kopfbewegung zur Tür, und sie nickte.
»Vielen Dank für deine Unterstützung«, sagte sie zu Lindström gewandt. »Falls du etwas herausfindest, kannst du uns im Hotel eine Nachricht hinterlassen.« Sie reichte ihm eine Hotelvisitenkarte.
Der Arzt steckte die Karte ein, zog das Tuch wieder über Murtiks Leiche und schloss die Lade. »Ich werde euch auf jeden Fall auf dem Laufenden halten, wenn sich etwas Neues ergibt. Tut mir aber auch einen Gefallen und beschafft mir die Erlaubnis für eine Autopsie. Ich möchte so viel wie möglich über diese Erbkrankheit erfahren. Das kann nur im Interesse der Familie sein.«
»Wir werden sehen, was wir tun können«, sagte Rian.
Doktor Lindström begleitete sie zurück zum Ausgang. Rian verabschiedete sich mit einem Händedruck und einem warmen Lächeln von ihm.
»Vielleicht können wir uns nächstes Mal ja an einem angenehmeren Ort treffen, zusammen etwas trinken gehen und auch über andere Dinge als Krankheit und Tod reden«, sagte sie und ließ ihren natürlichen Zauber, gespickt mit einer Spur Magie, auf ihn wirken.
»Das würde mich sehr freuen«, antwortete er mit einem Lächeln, das seine hellen Augen leuchten ließ. David reichte ihm ebenfalls die Hand. Lindström sah ihnen noch hinterher, als sie bereits durch die Glastür gegangen waren.
Obwohl Rian auch vorher wenig Zweifel daran gehabt hatte, dass er sich wieder bei ihnen melden würde – jetzt war sie sich ganz sicher.
Mit lautem Schlürfen saugte Rian den letzten Flecken Milchschaum ein. Gegen die Kälte und den fallenden Schnee hatten sie sich auf dem nahen Campus in ein Studentencafé zurückgezogen. Rian hatte sich eine Latte macchiato und ein großes Stück süßen Kuchen gegönnt, um ihre Energien wiederherzustellen, während ihr Bruder eine schwedische Kaffeespezialität probierte.
»Hast du etwas Interessantes in Murtik gesehen?«, fragte David, nachdem sie sich eine Weile dem Genuss und ihren eigenen Gedanken hingegeben hatten.
Rian sammelte sich. »Er ist vorgestern Nacht noch in einer Holzhütte gewesen, zusammen mit den anderen Trollen, denke ich. Die Eindrücke aus dieser Zeit waren allerdings schon etwas verschwommen, darum bin ich nicht sicher, was dort passiert ist. Ich weiß allerdings, dass er Schmerzen gehabt hat, und sie hingen mit dieser Wunde am Bauch zusammen. Jemand anders war dort, es gab ein Handgemenge, und Murtik ist weggelaufen. Es war schon fast Morgengrauen, und er ist gerannt, bis er einige Bäume gefunden hat, zwischen denen er sich vor der Sonne in Sicherheit bringen wollte. Da standen auch hohe Binsen, und in der Hütte habe ich Lichtreflexionen wie von Wasser gesehen. Ich schätze, es war eine Hütte dicht am Ufer des Sees. Vielleicht ein Bootshaus.«
David nickte. »Wir sollten die Gegend einmal absuchen. Könntest du den Ort finden?«
»Ich denke schon, wenn wir in die Nähe kommen. Zwei Männer fanden Murtik später in seinem Versteck. Sie haben ihn überwältigt und mit sich geschleift, wohl um ihn zurückzubringen. Vermutlich wussten sie nicht, dass ihn das Sonnenlicht tötet, oder wollten es nicht glauben. Er hat mehrfach versucht, wegzulaufen oder an irgendeinem Schattenplatz zu bleiben, aber die Männer haben ihn immer wieder weggezerrt.« Sie zupfte an einer
Weitere Kostenlose Bücher