Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel - Schartz, S: Elfenzeit 8: Insel von Feuer und Nebel
Film.
Sie grinste Massimiliano vielsagend an, und er grinste ebenso zurück. »Bitte sagt Max zu mir, alle nennen mich so.« Er wies einladend auf einen ehemals himmelblauen Fiat-Transporter, der schon deutlich bessere Tage gesehen hatte. »Prego, steigt ein, ich bin euer Fahrer und bringe euch zu Mamma Letitia. Ihr werdet schon erwartet, aber natürlich hat mir niemand gesagt, dass es Verwandte sind! Die noch dazu perfekt Italienisch sprechen!«
»Red nicht so viel, Max, und setz dich lieber in Bewegung«, brummte Großvater Antonio. »Es ist unhöflich, Leute warten zu lassen.«
»Schon gut.« Max hob lachend die Hände und kletterte in den knarzenden, bedenklich wackelnden Transporter. Fabio setzte sich zu ihm nach vorne, Nadja stieg prustend hinten ein.
»Was denn?«, fragte ihr Vater.
»Nichts.« Sie kicherte.
Kurz darauf holperte der Wagen über irgendwelche Kieswege, die garantiert nicht für den öffentlichen Verkehr gedacht waren und Ziegenpfaden ähnelten. Wahrscheinlich waren sie eine Abkürzung, obwohl Nadja bezweifelte, dass es auf dieser Strecke wirklich schneller ging. Sie wurde ordentlich durchgeschüttelt und musste sich gut festhalten; eine zusätzliche Belastung für ihren Magen war es allerdings nicht, ganz im Gegenteil. So hatte sie wenigstens eine Ausrede, falls ihr mal wieder schlecht wurde. Und über die Ablenkung war sie auch froh.
»Wissen Sie Bescheid über Mamma Letitia?«, fragte Max Fabio.
»Nur sehr wenig«, gab er zu.
»Ich darf sie so nennen, weil ich eines ihrer Waisenkinder bin, alle anderen sagen Donna Letitia.« Max verfiel in einen Plauderton. »Ich war neun, als ich meine Eltern verlor, und zog als eines der ersten Kinder in dem neuen Haus ein. Und ich bin heute immer noch da, als Helfer für alles. Sie ist wie eine Mutter für mich, und das
Cuore
ist mein Zuhause.«
Wie eine Mutter
. Das versetzte Nadja einen scharfen Stich ins Herz, aber sie ließ sich nichts anmerken.
»Cuore?«, wiederholte Fabio.
»
Il Cuore del Sole
, so heißt die Institution. Die Kinderklinik erhält als Ausbildungsstätte Zuschüsse, so kommen wir von Jahr zu Jahr über die Runden. Donna Letitia ist hier sehr geachtet.«
»Und wie … lebt sie so?«, fragte Fabio zögernd.
»Das weiß niemand, Signor Oreso. Es gibt nur die Arbeit für sie, ansonsten lebt sie sehr zurückgezogen und allein. Es gab schon Signori, die sich für sie interessierten, aber sie hat sie alle abgewiesen.« Max hob die Schultern. »Sicher wissen Sie über ihre Vergangenheit besser Bescheid als ich oder jeder andere hier, denn sie hat noch nie darüber gesprochen. Ich jedenfalls glaube, dass irgendein Stronzo ihr das Herz gebrochen hat. Wer vergräbt sich schon freiwillig an so einem Ort? Mamma Letitia ist hier nicht geboren, und sie ist sehr gebildet. Sie hätte tausend andere Sachen tun können. Aber irgendetwas Schlimmes hat sie zu uns getrieben, als ob sie sich vor der Welt verstecken wollte.«
Max warf Fabio einen kurzen Seitenblick zu, der deutlich machte,
wen
er für den verantwortungslosen Stronzo hielt. Und immer wieder sah er prüfend über den Spiegel zu Nadja, mit ratlosem, verwirrtem Blick. Aber er stellte keine Fragen. Dass Schweigen Gold ist, bekam man auf Sizilien mit der Muttermilch eingetrichtert.
Nadja bezweifelte, dass ihr Vater den Blick bemerkt hatte, denn er starrte nachdenklich zum Fenster hinaus. Was ging wohl in ihm vor?
»Bleibst du länger, Nadja?«, fragte Max sie, als das Schweigen sich in die Länge zog.
»Keine Ahnung«, antwortete sie wahrheitsgemäß. »Wir haben hier etwas zu erledigen, und ich weiß nicht, wie lange das dauert. Dieser Besuch war eher … spontan.«
»Scheint mir auch so, denn Mamma Letitia hat mir erst vor zwei Tagen welchen angekündigt. Das war sehr kurzfristig. Und total überraschend, denn es ist ihr erster Besuch, seit sie hierherkam.« Wieder dieser prüfende, fragende Blick.
»Hat sie gesagt, wie viele Personen sie erwartet?«
»Gar nichts. Nur, dass ich auf Nonna Natalias Anruf warten soll.«
Endlich bog der gebrechliche Wagen ächzend und schnaufend auf eine Teerstraße ein und bald darauf in eine breite Einfahrt, über die ein Torbogen mit schmiedeeisernem Namen gespannt war: Il Cuore del Sole, mit Klinikhinweis und dem Schild spielender Kinder daneben. Ab hier war nur noch Tempo 20 erlaubt.
Der Wagen steuerte auf ein großes weißes Haus zu, neben dem der quadratische, von außen schon deutlich als Klinik sichtbare zweite Bau stand. Auf der
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