Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin - Schartz, S: Elfenzeit 9: Im Bann der Dunklen Königin
das Ruder übernehmen.
Der alte Gott umfasste den Schwertgriff mit beiden Händen und näherte sich langsam dem Bewusstlosen. Vorsicht war geboten, er war ja kein Narr. Wer wusste schon, ob der Getreue nicht von einem Schutzbann umgeben war …
Aber nein. Die Ohnmacht hatte ihn völlig überrascht. So, wie er dalag, ließ es keinen anderen Schluss zu. Kein Schutzbann, keine Gegenwehr.
Gleich war dieser Buhmann Geschichte und Gofannon ein Held. Das ganze Schloss würde ihm zu Füßen liegen, weil er es vom Herrn der Schrecken befreit hatte. Das würde dem Gott ungeahnte, neue Kräfte verleihen …
Der Getreue lag auf der Seite, mit dem Rücken zur Tür. Gofannon musste ihn umrunden, um den richtigen Ansatz für den Schwerthieb zu finden. Besser wäre es gewesen, wenn der Kapuzenmantel ihn nicht mehr umhüllen würde, aber es musste eben so gehen.
Ah. Da war der Kopf, immer noch bedeckt, als wäre die Kapuze mit dem Haupt verwachsen. Das eiskalte Glühen der Augen war erloschen. Ganz still und ruhig lag der Finstere da, wie leblos, und bot keine Gefahr mehr. Fast friedlich.
Näher heran. Der Gott wog das Gewicht in Händen und rechnete aus, wo genau er ansetzen musste, wo die Klinge die größte Schlagkraft hatte. Er hatte nur einen einzigen Hieb, und der musste den Kopf sofort vom Hals trennen. Schnell und sauber, darin kannte Gofannon sich aus.
Das Schwert war gut und scharf. Es konnte nichts schiefgehen. Er nahm Maß und hob die Arme.
Jetzt.
In diesem Augenblick schoss eine schwarz behandschuhte Hand von unten her auf ihn zu.
Gofannon stieß ein quiekendes Geräusch aus, als sich eisenharte Finger um seine Kehle schlossen und zudrückten. Im nächsten Augenblick wurde er von den Beinen gerissen und landete unsanft auf dem Rücken, das Schwert fiel ihm aus den Händen. Wie ein gefangenes Tier zappelte er im Griff des Verhüllten, der sich aufrichtete und über ihn beugte.
Unmöglich. Wie kann er …
Doch er war wach und lebendig und trotz der brennenden Aura immer noch stark, viel zu kräftig für den dicklichen Gott.
»Du kommst mir gerade recht«, zischte der Getreue mit der vertraut heiseren, aus dem Totenreich hallenden Stimme. »Deine göttliche Aura brachte mich im rechten Moment wieder zu mir.«
»N… nein …«, keuchte Gofannon halb erstickt. Vergeblich setzte er sich zur Wehr, kratzte und riss an der Hand, die ihn immer noch gnadenlos im Griff hielt. Seine kurzen Beine traten wild um sich, fanden aber kein Ziel. »D… das ist u… ungerecht.«
»Ich habe dir so viel gegeben. Es wird Zeit, dass ich etwas zurückbekomme«, sagte der Getreue höhnisch.
»Du? Du hast mir gar nichts …«
»Alter Narr, was glaubst du, weswegen du noch am Leben bist? Davon werde ich dir jetzt ein bisschen nehmen. Doch sei unbesorgt. Ich werde dich nicht töten, denn ich brauche dich noch.«
»Wag es nicht«, quiekte der Gott verzweifelt. »Das ist Blasphemie …«
»Ich stehe weit über dir in der Hierarchie.« Der Finstere lachte rau. »Dummer kleiner Gott. Und nun hör auf, dich zu wehren, sonst tut es nur weh. Mir ist das egal, aber für dich dürfte es einen Unterschied machen.«
Gofannon gab keineswegs auf, schlug um sich und wand sich, unternahm alles, um sich zu befreien. Er schrie jämmerlich auf, als der Verhüllte ungerührt seinen Kopf dicht auf ihn herabsenkte und die göttliche Lebenskraft in einem dicken weißen Faden aus ihm saugte. Die Schreie des Gottes erstarben jedoch bald, und er versank in tiefer Bewusstlosigkeit, während der Getreue immer mehr Energie aus ihm zog.
Im selben Maße, wie die Lebenskraft in ihn floss, erlosch das Feuer in der finsteren Aura, und wohltuende Kälte breitete sich aus. Als es genug war, ließ der Getreue den verhutzelten Gott fallen und sank mit einem tiefen Seufzer an den Bettrand zurück, der ihm Stütze gab.
Während Sand aus dem alten Stundenglas am Kopfende des Bettes rann, ließ der Getreue die neu gewonnene Kraft durch seinen Körper strömen und fühlte dankbar, wie er sich erholte, wie alles in ihm abkühlte und sich seine Gedanken klärten.
Er konnte sich kaum erinnern, was geschehen war. Ein helles Feuer hatte plötzlich in ihm gelodert, dann waren ihm die Sinne geschwunden, und er war erst wieder zu sich gekommen, als Gofannon ihn fand. Der Getreue hatte keine Erklärung für seinen Zustand, doch er wusste, dass ihm die Zeit schneller zwischen den Fingern zerrann als der Sand dort hinten. Er musste zusehen, dass er sich mehr Zeit verschaffte,
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