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Elfenzorn

Elfenzorn

Titel: Elfenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»So kann ich ja wohl schlecht aufbrechen, oder? Also lasst uns zurück ins Haus gehen und in aller Ruhe darüber reden. Und zwar wie halbwegs zivilisierte Menschen, wenn es möglich ist.«
    Eirann reagierte überhaupt nicht. Alica verdrehte die Augen und murmelte etwas, was niemand verstand und auch nicht verstehen sollte. Jesus rang sich zwar schließlich zu einem Nicken durch, aber er wäre nicht er gewesen, hätte er nicht mit einem schrägen Blick auf Eirann hinzugefügt: »Menschen?«

    Sie hätte erwartet, dass es hier oben, um so vieles näher bei der Sonne, wärmer war, aber das genaue Gegenteil war der Fall. Zum ersten Mal, seit Flammenhuf sie im Dschungel abgeworfen hatte, wünschte sie sich ihren Polaranzug zurück. Es war nicht so kalt, dass sie ernsthaft in Gefahr gewesen wäre, sich Erfrierungen zuzuziehen oder irgendeinen anderen bleibenden Schaden davonzutragen, aber kalt genug, um sie mit den Zähnen klappern zu lassen und ihren Atem in weißen Nebel vor ihrem Gesicht zu verwandeln ... auch wenn sie das nur vermutete, denn der rasende Wind schleuderte die Luft viel zu schnell an ihr vorbei, um irgendetwas davon zu sehen. Selbst der gewaltige Pegasus schien seinen rasselnden Atemzügen nach zu schließen, Probleme mit der dünnen Luft zu haben und natürlich mit der Kälte. Aber warum sollte es ihm auch besser gehen als ihr?
    Pia klapperte ununterbrochen mit den Zähnen, und auchwenn es in Wahrheit nicht so war, so bildete sie sich doch zumindest ein, dass ihre Finger längst mit Flammenhufs weißer Mähne zusammengefroren sein mussten, in die sie sich in Ermangelung eines Zügels gekrallt hatten. Wenn sie zurück in der Stadt war, dachte sie spöttisch, dann würde sie achtgeben müssen, dass sie nicht abbrachen – oder sie einfach zur Gänze zersplitterte wie eine Eisskulptur, die von einem Hammerschlag getroffen wurde.
    Aber das würde Jesus zumindest die Mühe ersparen, sie umzubringen – was er ganz gewiss tun würde, wenn sie lebendig zurückkam.
    Pia schüttelte diesen ebenso albernen wie auch leicht beunruhigenden Gedanken ab und versuchte zumindest, Kälte und Atemnot Paroli zu bieten, indem sie sich auf die zu Spielzeuggröße zusammengeschrumpfte Landschaft konzentrierte, die gefühlte hundert Meilen unter ihr entlangzog. In Wahrheit war es vielleicht eine oder auch zwei – eben gerade hoch genug, um die dünne Luft und die niedrigen Temperaturen wirklich unangenehm werden zu lassen – aber längst nicht hoch genug, um vom Boden aus wirklich unsichtbar zu sein. Eirann hatte ihr glaubhaft versichert, dass es in Schwert Tormans Heer keine Waffe gab, die sie hier oben erreichen konnte, und dass der Schattenelb mit Ausnahme seiner Raben auch über nichts gebot, was flog. Sie glaubte ihm. Aber sie fühlte sich dennoch unbehaglich. Ungefähr so, als hätte ihr Alica zum Abschied eine große Zielscheibe auf Brust und Rücken ihres weißen Gewandes gestickt.
    Pia würgte auch diesen Gedanken ab, bevor er von etwas Albernem zu etwas werden konnte, was ihr wirklich zu schaffen machte, löste behutsam die linke Hand aus Flammenhufs Mähne (ihre Knöchel knirschten tatsächlich leise, als sie sie bewegte, und taten auch weh) und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, um die Tränen wegzuwischen, die der eisige Flugwind hineingetrieben hatte. Es wurde ein wenig besser, wenn auch nicht so sehr, wie sie es sich gewünscht hätte, doch immerhingerann das grau-grüne Durcheinander tief unter ihr jetzt zu einer Landschaft, in der sich endloser grüner Dschungel mit Savannen und zerklüfteten Tälern abwechselte und die vom silbernen Band eines schmalen, aber so reißenden Flusses geteilt wurde, dass an eine Überquerung nicht einmal zu denken war. Eirann hatte ihr erklärt, dass dieser Fluss die letzte natürliche Festung war, die die Stadt im Norden beschützte, und dass es im Umkreis von vier oder fünf Tagesreisen nur eine einzige Möglichkeit gab, ihn zu überqueren. Wenn sie Tormans Heer fand, dann dort.
    Und sie hoffte, es nicht zu finden.
    Diese Furt war mehr als nur eine seichte Stelle, an der ein ganzes Heer den ansonsten unpassierbaren Fluss queren konnte. Taten sie es, dann gab es eigentlich nur noch eine einzige Richtung, in die sie sich von hier aus wenden konnten, nämlich direkt auf Chichen Itza zu. Das hatte Eirann ihr nicht gesagt, aber es war auch nicht notwendig gewesen. Sie war schließlich nicht blind. Flammenhuf jagte jetzt seit guten zwei oder vielleicht auch schon drei

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