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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Elidar, um ihre Verwirrung zu überspielen.
    Rui setzte den Becher ab und wischte sich über den Mund. »Früh? Ich habe elende Verspätung, weil die Passstraße blockiert war. Erdrutsch. Wir haben uns regelrecht hindurchgraben müssen. Ich wollte eigentlich sechs Tage nach Vollmond hier sein, aber jetzt ist es elf Tage später.«
    Elidar schüttelte den Kopf. »Aber Vollmond war doch in der letzten Nacht.«
    Rui starrte sie an. »Junge, musst du abgestürzt sein«, sagte er beinahe ehrfürchtig.
    »Ich stürze nie ab«, erwiderte sie eisig. Erinnerungen blitzten in ihr auf. Hohe, schneebedeckte Gipfel. Weite Ebenen, die im Mondlicht aussahen wie das Meer, wenn der Wind das hohe Gras bewegte. Die Küste, steil und gischtbespritzt, und eine fahle Bahn aus Silber, die sich über das Wasser erstreckte. Der Mond, der selbst im Abnehmen noch genug Licht verströmte, um die Silhouetten der Boote erkennen zu lassen, die auf dem Wasser ankerten. Elidar schüttelte sich.
    »Die Passstraße war verschüttet?«, fragte sie. »In Höhe des Sargnagels?« Eins der Bilder in ihrem Kopf zeigte ihr die charakteristische Form des Berggipfels, eine unpassierbare Straße und eine Karawane, die vor dem Erdrutsch lagerte.
    Rui nickte verdutzt.
    Elidar vergrub den Kopf in den Händen. Königin, flüsterte sie, wir waren doch fast zu Hause. Warum bist du zurückgeflogen?
    Sie hörte das klingelnde Lachen in ihrem Inneren. Du wolltest dich verabschieden. Morgenblütes Gesicht tauchte vor ihrem inneren Auge auf.
    »Geht es dir gut?«, fragte Rui besorgt.
    Elidar sah auf und lächelte. »Keine Sorge. Ich sortiere nur meine Gedanken.«
    Der Händler lachte vergnügt. »Das kenne ich. Bin als junger Bursche auch gelegentlich mal ins Weinfass gefallen und hab so schnell nicht wieder rausgefunden.« Er zwinkerte ihr zu. »Ich bin beruhigt, dass das auch euch Zauberern passiert.«
    Eine Weile plauderten sie über dies und das, bis Elidar ihr Inneres beruhigt hatte. Dann sagte sie: »Erzähl mir von Luca. Was treibt er, wie geht es ihm?«
    »Oh, Luca«, sagte Rui und wich ihrem Blick aus..
    »Was ist mit ihm?«, fragte sie ruhig. War ihm womöglich etwas zugestoßen? Sie hatte ihm gelegentlich geschrieben, wenn sie einem der reisenden Brüder einen Brief mitgeben konnte, aber nie eine Antwort erhalten. Das hatte ihr aber keine Sorge bereitet, denn Luca gehörte nicht zu denen, die sich hinsetzten und Briefe verfassten. Morgenblüte hatte ihr stets versichert, dass es ihm gut ging, und sie hatte ihr geglaubt. Hatte die Prinzessin sie belogen?
    Rui klopfte seine Pfeife aus und begann sie zu reinigen. »Nein, nein«, erwiderte er, aber es klang nicht sonderlich überzeugend. »Er war so eine Art Vater für dich, hm?«
    »Rui«, sagte sie scharf.
    Er seufzte und legte die Pfeife auf den Tisch. »Also gut. Du weißt, dass Mukhar-Dag ihn in seinen Dienst genommen hat?«
    Elidar nickte.
    »Nun, er war Mukhar-Dags rechte Hand«, fuhr Rui fort.
    »War?«, fragte Elidar ungeduldig.
    Der Händler hob die Hand. »Lass mich erzählen, Junge. Schau nicht so grimmig aus der Wäsche. Luca ist am Leben und es geht ihm gut - jedenfalls war das der Fall, als ich Kayvan vor ein paar Wochen verließ.
    Also, Mukhar-Dag hatte ihn in seinen Dienst genommen und zu seiner rechten Hand gemacht. Das hat natürlich für einige Aufregung gesorgt. Ein Mensch, noch dazu ein ehemaliges Mitglied der ›Unsterblichen‹, dient den Drachen!« Rui grinste und trank seinen Becher leer.
    »Dann hat sich aber keiner mehr deswegen aufgeregt, weil sie ihren Atem für etwas anderes gebraucht haben. Die Dkhev haben nämlich damit begonnen, dem Statthalter seinen Spaß zu verderben. Egal, in welchem Fleischtopf Maurus seine fetten Finger hatte, Mukhar-Dag hat ihn daraus vertrieben. Mit List, mit Gold, manchmal auch mit Gewalt. Und dann hat er angefangen, sich in den Stadtvierteln breit zu machen, die bis dahin für die Drachen tabu waren.« Rui griff kopfschüttelnd nach dem Messer und schnitt sich ein Stück Trackrinde ab, das er zwischen die Zähne steckte. Er schob beides Elidar hin, die dankend ablehnte.
    »Die Dkhev haben also die Stadt übernommen«, fasste Elidar zusammen.
    Rui wiegte den Kopf. »Man könnte es so sagen. Mehr oder weniger - ja.«
    »Und der Statthalter hat tatenlos zugesehen?«
    Rui schnaubte verächtlich. »Maurus ist ein fettes Nichts. Wenn es wirklich Ärger gibt, versteckt er sich unter seinem Bett. Die Garde hat versucht, etwas gegen die Dkhev zu unternehmen, aber

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