Elidar (German Edition)
plötzlich.
Sao-Tan sah sie fragend an.
»Ruis Karawane reist in Kürze zurück nach Kayvan. Wenn ich ihn bitte und eure Passage bezahle, wird er euch mitnehmen.« Hoffentlich, dachte sie. Wenn der mokarenische Händler witterte, dass seine beiden Reisegäste vor dem Kurator auf der Flucht waren, könnte es schwierig werden.
Sao-Tan nickte nachdenklich. »Yasaim. Deine Heimat, Elidar. Du würdest mit uns kommen?«
Elidar nickte. Der Leibwächter atmete auf. »Also Kayvan. Ich wollte immer schon die yasemitische Wüste sehen. Daheim in Malandakay gibt es so etwas nicht.« Er räusperte sich und wischte mit einem Finger über die Augen. »Staubiges Loch«, murmelte er.
Elidar betrachtete ihn mitfühlend. »Hast du eigentlich Heimweh, Sao-Tan? Nach deiner Familie oder deinem Zuhause?«
Er räusperte sich wieder. »Keine Familie«, brummte er. »Ich bin als Junge an den Kaiserlichen Hof gekommen und dort ausgebildet worden. Die Kaiserlichen Leibwächter haben keine Familien. Mein Zuhause ist dort, wo meine Herrin ist.«
Elidar nickte. »Ich werde Rui sagen, dass zwei weitere Passagiere mit ihm reisen.«
Sie sah sich um. »Ich lasse meinen Reisesack hier bei dir. Was braucht ihr? Wenn ich zurückkehre, bringe ich alles mit, was euch fehlt.«
Sao-Tan legte mit trauriger Miene die Handflächen aneinander und verneigte sich tief. »Wir haben nur das retten können, was wir am Leibe tragen«, sagte er. »Wir sind mittellos, ehrenwerte Freundin.«
Elidar griff nach seiner Schulter und nötigte ihn, sich aufzurichten. »Sao-Tan«, sagte sie ernst. »Ich stehe so tief in eurer Schuld, dass ich sie in meinem ganzen Leben nicht zurückzahlen kann. Was ich für euch tun kann, werde ich tun.«
Wieder verneigte sich der große Leibwächter, und Elidar sah das Schimmern in seinen Augen. »Ich bin nur ein wertloser und unwichtiger Diener«, sagte Sao-Tan. »Aber wenn du meiner Herrin hilfst, werde ich dir mein Leben lang mit meiner Ergebenheit danken.«
»Du redest dummes Zeug, Sao-Tan«, erwiderte Elidar gerührt. »Wenn ich zurückkehre, bringe ich euch Essen mit und bessere Decken. Braucht Morgenblüte eine Heilerin?«
Sao-Tan hob mit besorgter Miene die Hände. »Ich weiß es nicht«, flüsterte er. »Sie ist seit der Niederkunft so schwach. Die Frauen sagen, dass es schwer für sie war.«
Elidar sah zu der Schlafenden hin. »Ich verstehe nichts von Geburten. Aber ich könnte nachsehen, ob in ihr etwas nicht in Ordnung ist. Vielleicht kann ich ihr helfen.«
Sao-Tans Gesicht hellte sich auf. »Könntest du das? Das wäre wunderbar.« Er drückte ihre Schulter mit seiner großen Hand. »Es ist gut, dass du so viel gelernt hast«, sagte er unbeholfen.
30
R ui zeigte sich mäßig begeistert von der Aussicht, zwei weitere Reisende mitnehmen zu sollen. »Vater und Tochter?«, brummte er - denn als solche hatte Elidar die beiden eingeführt. »Der Mann ist mir willkommen, wenn er ein Schwert zu führen weiß, wie du sagst. Aber eine Frau …« Er wiegte skeptisch den Kopf. »Es ist eine lange, beschwerliche Reise für eine Frau. Und ich bin ein Händler, meine Karawane bietet keinerlei Komfort, wie du weißt. Frauen brauchen aber Komfort, sonst werden sie unleidlich. Ich weiß nicht, ob ich möchte, dass sie Unfrieden stiftet, wenn wir …«
Elidar riss der Geduldsfaden. »Hör auf zu jammern, Rui«, sagte sie. »Ich bezahle dir die Passage - und ich bezahle sie gut! Sao-Tan ersetzt alleine eine ganze Truppe bewaffneter Begleiter. Mach dir keine Sorgen wegen der … wegen der Frau, um die kümmere ich mich schon.«
»Auch noch Malandaker«, maulte Rui. »Ich kann diese Leisetreter nicht leiden. Lächeln den ganzen Tag und schlitzen dir dann nachts die Kehle auf.«
»Oh, Rui!«, stöhnte Elidar. »Du bist ein Holzkopf! Du wirst sie gar nicht bemerken. Und mit Sao-Tan wirst du dich gut verstehen. Er lebt schon sehr lange hier in Cathreta.«
Rui sah sie durchdringend an. »Gehören die beiden zum Gefolge der Malandakay-Prinzessin?«, fragte er. »Ich habe Gerüchte gehört, sie sei in Ungnade gefallen. Ich will keinen Ärger mit dem Palatium.«
Elidar verschränkte die Arme und blickte finster. »Kümmere dich nicht um die Gerüchte. Du wirst keinen Ärger bekommen, dafür sorge ich.«
Rui nickte, als hätte sie seinen Argwohn bestätigt. »Also doch. Sei mir nicht böse, alter Freund - ich nehme die beiden nicht mit. Der Kurator kann sehr ungnädig werden, wenn man ihm in die Quere kommt.«
Elidar seufzte. »Wie
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