Elidar (German Edition)
damit sie überhaupt etwas spürte) und schnalzte mit der Zunge. »Ssssa«, zischte sie und hielt sich lieber gut am Nackenkamm des Tieres fest.
Das Dakh rülpste erneut und stand auf. Es sah sich nach seinem gewohnten Treiber um. Jord stand mit verschränkten Armen neben dem Dakh und grinste breit. Elidar beugte sich vor und ruckte an einem der empfindlicheren Auswüchse auf dem Nacken des Dakhs. Die Echse brummelte und setzte sich mit einem Kopfschütteln in Bewegung. Elidar hörte die Rufe der Mokarener, aber sie war viel zu beschäftigt, das störrische Tier in einer Schleife über den Hof zu leiten.
»Hier zum Wagen«, hörte sie Rui brüllen. »Komm schon. Wir schirren ihn gleich ein.«
Elidar begann heftig zu schwitzen. Das Dakh zu lenken war schwerer als sie in Erinnerung hatte. Im Moment sah es sehr danach aus, als würde es sie jeden Moment aus dem Tor und hinaus auf die Straße tragen. Sie zerrte an seinem Nackenkamm und fluchte unterdrückt.
Mach es nicht so kompliziert , sagte die Drachenkönigin. Sie klang amüsiert. Sag ihm einfach, was du von ihm willst. Die kleinen Söhne sind nicht sehr klug, aber sie tun, was du sagst.
Elidar blinzelte den Schweiß aus ihren Augen und dachte verzweifelt: Geh zum Wagen, kleiner Bruder. Du kennst das doch. Komm schon, geh zum Wagen, lass dich anschirren.
Das Dakh verharrte. Vor ihm lockte das offene Tor. Es knurrte enttäuscht und trat von einem Bein aufs andere, dann machte es endlich schaukelnd kehrt und trottete gehorsam zur Mitte des Hofes, wo Rui mit dem Geschirr wartete. Die Gehilfen staunten und klatschten Beifall, und Jord lachte über das ganze Gesicht. »Gut gemacht, junger Dakh-Treiber«, rief er und klatschte ebenfalls in die Hände. »Du kannst gleich bei mir anfangen!«
Rui zwinkerte ihr anerkennend zu, als sie neben ihm vom Dakh-Rücken sprang. »Nichts verlernt, hm?«, sagte er.
Elidar beruhigte ihren verräterisch hastigen Atem und zuckte so gelassen wie möglich mit den Schultern. »Ich habe mich erinnert«, sagte sie. Dann half sie Rui, das Dakh an den Wagen zu schirren.
Nach diesem Zwischenspiel schien Rui jeden Vorbehalt gegen die Reisegesellschaft, die Elidar ihm aufgedrängt hatte, verloren zu haben. Er verabschiedete sich herzlich von ihr und bekräftigte, dass er in Settenberg auf sie und ihre Begleiter warten würde, falls die Karawane zuerst dort eintreffen sollte.
Elidar machte sich erleichtert auf, um ihre Einkäufe für Morgenblüte zu organisieren. Sao-Tan hatte ihr gesagt, wo sie den Jungen finden würde, der ihr seinen Brief überbracht hatte. Sie gab ihm die Einkaufsliste und ein großzügiges Handgeld, für das er die erstandenen Waren in das Versteck der beiden Flüchtlinge bringen sollte. Sie schärfte ihm ein, vorsichtig und diskret zu sein, was er mit einem milde herablassenden Blick bestätigte, und ließ ihn dann ziehen. Sao-Tan vertraute dem Jungen, also wagte sie es auch.
Sie selbst ging über den kleinen Markt, auf dem auch Flavians Köchin immer einkaufte, und wählte aus dem erstaunlich reichhaltigen Angebot die frischesten und wohlriechendsten Früchte aus, frischgebackenes Brot und feste Butter, ein wenig Schinken und Käse, einen Krug Wein und einen kleinen Beutel mit geröstetem Cha'fai. Den wunderbar duftenden Tee, den Morgenblüte ihr immer hatte servieren lassen, gab es hier natürlich nicht zu kaufen, aber Elidar hoffte, dass ein kräftiger Cha’fai, auf yasemitische Art zubereitet, der Prinzessin ebenfalls munden würde.
Statt mit ihren Vorräten sogleich ins Versteck zurückzukehren, setzte sie sich vor einer kleinen Taverne in die Sonne, streckte die Beine aus und sah in den Himmel. Schon vor einiger Zeit hatte sie festgestellt, dass sie mit offenen Augen direkt in die Sonne schauen konnte, ohne dass sie geblendet wurde oder ihr die Augen schmerzten. Das heiße Strahlen war ihr so angenehm wie früher die Wärme eines Kaminfeuers, und der Anblick der Sonne gab ihr in angestrengten Momenten Ruhe und Kraft.
Sie wandte den Blick auch nicht ab, als sie jemanden neben sich hörte. »Bring mir einen Becher roten Wein und etwas Brot.«
Stuhlbeine scharrten über den Boden. »Was erlaubst du …«, begann sie und richtete sich erbost auf.
»Hallo, Elidar«, sagte Valerian und schob ihr einen Becher hin. »Weißwein, es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du Roten möchtest.«
»Valerian.«
»Du bist nicht gerade begeistert, mich zu sehen.«
Elidar zwang sich zu einem Lächeln. »Vergib mir. Du
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