Elidar (German Edition)
eine Pause machen«, sagte er. »Möchtest du mich begleiten? Ich gehe zum Ruheraum und zeige dir auf dem Weg dorthin das Gelände.«
Elidar nahm sein Angebot dankbar an. Während sie neben ihm herlief, überlegte sie, wie sie ihn am Unverfänglichsten nach dem Weg an die Oberfläche fragen konnte.
Sie durchquerten das weitläufige Höhlenareal. Eine ganze Armee von Dkhev war damit beschäftigt, Brut- und Aufzuchtkammern zu leeren und wieder zu füllen, Würmlinge von der Kälte in die Wärme und zurück zu tragen, Boden und Wände der Kammern zu säubern, die Öfen zu feuern und die Nahrung in die Kammern zu füllen.
»Warum werden nicht alle Würmlinge gefüttert?«, fragte Elidar.
Wieder blickte der Dkhev voller Verwunderung auf sie. »Alle zu füttern würde das Gleichgewicht stören«, sagte er dann. »Wir haben das Kontingent an Weibchen für diese Brutperiode bereits erreicht. Jetzt bekommen nur noch diese Würmlinge Nahrung.«
Elidar begann zu begreifen. »Befruchtete Eier werden zu Dkhev«, rekapitulierte sie laut. »Und gefütterte Würmlinge, die aus befruchteten Eiern stammen …«
»… werden zu jungen Königinnen«, ergänzte der Dkhev. Er lachte wieder. »Du stellst Fragen wie ein Nestling, der gerade seine Aufzuchtkammer verlassen hat. Hast du denn dort draußen alles vergessen?«
»Ich bin kein …«, begann Elidar und verstummte. Die Drachenkönigin lachte. Er weiß nichts. Er kennt nur seine Eier und seine Würmlinge. Frag ihn nach der Welt dort draußen.
»Wann ist dein Dienst beendet? Wann gehst du hinaus?«, fragte Elidar.
»Hinaus?« Sein Gesicht zeigte echten Schrecken. »Du meinst … nach oben?«
»Nach oben. Hinaus. In die Stadt.« Elidar bemühte sich, nicht ungeduldig zu klingen.
Der Dkhev schüttelte heftig den Kopf. »Niemand von uns Pflegern geht hinaus. Das hier ist meine Heimat. Nur junge Königinnen gehen nach oben. Und einige der Männchen, wenn der Erste sie anfordert.«
»Dann kennst du den Weg hinaus wahrscheinlich gar nicht«, folgerte Elidar mutlos. Der Dkhev nickte voller Unbehagen.
»Dort drüben ist die Nestling-Station. Hier bleiben die Nestlinge, bis sie alt genug sind, um ihre Arbeit zu tun«, sagte er, erleichtert, dass er das Thema wechseln konnte.
Elidar blickte über die Absperrung. Das mussten die Dkhev-Kinder sein, die noch niemand je zu Gesicht bekommen hatte. Sie sahen nicht anders aus als die Erwachsenen, vielleicht waren sie ein wenig kleiner und zierlicher. Sie spielten jedoch nicht miteinander, sondern saßen und lagen still in dem pferchähnlichen Raum, schliefen oder starrten in die Luft. Elidar schüttelte sich unwillkürlich.
»Sie sind noch nicht fertig«, merkte der Dkhev an. »Siehst du, sie können noch nicht sprechen oder wie ein ausgewachsener Dkhev auf etwas reagieren.« Er klatschte laut in die Hände, aber die Nestlinge schien das plötzliche Geräusch nicht zu interessieren.
»Hier ist der Ruheraum«, sagte der Dkhev und blieb stehen. »Willst du auch ruhen?«
Elidar lehnte ab. »Ich muss mit dem Leiter sprechen«, sagte sie. »Wo kann ich ihn finden?«
Wieder dieser Blick voller Unverständnis. »Leiter?«
Elidar bewegte hilflos die Hände. »Dein Vorgesetzter. Derjenige, der hier das Sagen hat. So etwas wie der Alte Drache.«
Der Dkhev zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was du meinst«, erwiderte er. Dann nickte er freundlich und ließ sie stehen.
Elidar wanderte weiter durch das Höhlengelände. Irgendwann musste sie doch an einen Ausgang gelangen, an einen Weg hinaus. Das Brennmaterial, die Nahrung für Würmlinge und Pfleger, die Decken und anderes Material mussten schließlich hier herunter transportiert werden. Das war möglicherweise ihr Weg in die Freiheit.
Je weiter sie ging, desto spärlicher wurde der Betrieb. Immer weniger Dkhev begegneten ihr, Fackeln und Feuer brannten in größeren Abständen, und schließlich verengte sich das Gelände zu einem schmalen Durchgang. Elidar passierte ihn und stand wieder in undurchdringlicher Finsternis. Dies war nicht der Versorgungsweg, auf den sie gehofft hatte.
Sie sah sich um. War dort ein Lichtschimmer? Wahrscheinlich war es nur ein weiterer Eingang zu dem Brutareal. Sie ging darauf zu, ohne ihren Weg zu beleuchten. Ihre Augen schienen sich an die Dunkelheit gewöhnt zu haben. Mit traumwandlerischer Sicherheit wich sie Hindernissen, Steinen und in den Weg ragenden Felsnasen aus.
Wieder erreichte sie einen Eingang, doch dieses Mal war die Höhle dahinter
Weitere Kostenlose Bücher