Elidar (German Edition)
zu reiten. Einer der älteren Gardisten wettete mit ihm, dass er sich keine fünf Atemzüge lang auf dem Rücken der Reitechse halten würde. Luca, der sich für einen guten Reiter hielt, nahm die Herausforderung an und kletterte auf den Rücken des Tiers. Kaum saß er oben, lag er schon mit der Nase im Staub und musste zum Verlust seiner Wettschuld auch noch einen schmerzhaften Echsenbiss in der Kehrseite und den Spott seiner Kameraden ertragen. Seitdem hatte er um die Biester einen großen Bogen gemacht und hätte auch jedem anderen dazu geraten.
Jetzt hielt er die Luft an. Elidar ging forschen Schrittes auf den Gehilfen zu. »Der Beißkorb ist nicht nötig«, sagte sie.
Luca hörte, wie Rui nach Luft schnappte. »Jetzt wirst du übermütig«, sagte er. »Vorsicht, Kleiner, du willst doch sicher die meisten deiner Körperteile behalten, oder?«
Elidar lächelte nicht. »Nimm ihm den Beißkorb ab«, sagte sie
zu dem Gehilfen. Der zuckte mit den Schultern und sah Rui an.
»Na gut, du musst es wissen«, lachte Rui. »Tu, was er sagt, Gualdo.«
Der Gehilfe näherte sich vorsichtig dem Kopf der Echse und löste die Schnallen, die den Maulkorb hielten. Dann sprang er mit einem Fluch vor dem zuschnappenden Tier zurück, wobei er ein Stück seines Ärmels und ein bisschen Haut einbüßte.
Das Khev fauchte und sah sich mit tückisch glitzernden Augen nach seinem nächsten Opfer um. Er drehte den schmalen Kopf und ließ ein blitzendes Raubtiergebiss sehen. Sein Blick fiel auf Elidar, die wenige Schritte entfernt stand und den langen Zügel lose um den Arm geschlungen hatte.
»Hsss«, machte sie. »Hsss, kleiner Bruder.«
Luca spürte, wie der Legat, der neben ihm stand, eine Bewegung machte. Auch Luca konnte kaum still stehen bleiben. Das Mädchen war verrückt. Er umfasste seine Krücke fester, um sich zwischen Elidar und die Echse zu werfen.
»Warte«, sagte der Legat.
Elidar näherte sich dem fauchenden und spuckenden Tier bis auf eine Armeslänge und ließ die ganze Zeit sanfte Zischlaute hören. Das Khev reckte den Hals und schnappte nach ihr, aber merkwürdig kraftlos und halbherzig und es verfehlte Elidar um eine ganze Handbreite.
Als Elidar nahe genug heran war, legte sie eine Hand auf die Stirn des Tieres und die andere über seine tiefliegenden Nasenlöcher.
Luca umklammerte seine Krücke so fest, dass seine Finger weiß wurden. Die Hand des Mädchens lag beinahe im zähnestarrenden Maul des Khevs - eine schnelle Bewegung des Echsenkopfes und Elidar hätte keine Finger mehr.
Er hörte, wie Nkar-Dag neben ihm leise zischend atmete. Der Legat schien ebenso nervös zu sein wie er selbst.
Das Mädchen legte sich nun in aller Seelenruhe die Zügel zurecht und machte Anstalten, auf den Rücken der Echse zu steigen.
»Lass gut sein«, rief Rui. »Ich nehme dich mit, Junge. Du hast die Mutprobe bestanden!«
Elidar lachte ihn an und schwang ihr Bein über den Khev-Rücken. Ein letzter Ruck, und sie hockte auf dem hochgezogenen Rückenpanzer, der so etwas wie einen natürlichen Sattel bildete. »Hoassss«, zischte sie und ruckte am Zügel. Das Khev nickte unwillig mit dem Kopf, aber es gehorchte dennoch. Es richtete sich auf seine starken Hinterbeine auf, hob die kleineren Vorderbeine in einer anmutigen Geste gegen die Brust und rannte los.
Luca hörte, wie die kleine Zuschauermenge, die sich inzwischen angesammelt hatte, erstaunt aufschrie. Er selbst schnaufte und musste sich hinsetzen, weil sein zertrümmertes Knie ihn nicht mehr tragen wollte.
»Interessant«, sagte der Dkhev. »Du kennst das Menschenkind? Wer sind seine Eltern?«
Luca schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
Sie schwiegen, bis kurz darauf das Khev mit seiner Reiterin das Serail umrundet hatte und unter dem Beifall der Zuschauer fauchend vor Rui anhielt. Es ließ sich mit einem unmutigen Schütteln seines Kopfes auf seine vier Beine nieder, senkte den Kopf und ließ Elidar absteigen. Sie reichte dem Gehilfen die Zügel, nickte Rui hoheitsvoll zu und sagte: »Nun?«
Der kleine Händler breitete die Arme aus. »Was soll ich sagen?« Er lachte. »Pack dein Bündel. Wir reisen morgen früh beim ersten Ruf ab. Komm gleich zu mir, ich weise dir einen Platz für dein Gepäck zu.«
»So bald schon?«, fragte Luca.
Rui hob die Schultern. »Termine. Ich will den Senfmarkt in Auritos noch mitnehmen.«
Elidar, die ein wenig schwerer atmete, kam an Lucas Seite. »Morgen«, sagte sie. Ihre Augen strahlten.
»Legat«, sagte Luca, »hast du
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