Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel
Stockholm, aber nicht hier.«
»Annika Lilja«, mischte sich Svalberg ein. »Warum wurde sie ermordet? Bei ihr kann es sich doch wohl kaum um eine palästinensische Terroristin gehandelt haben?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Bäckman. »Vielleicht war sie ja ein ziviles Kriegsopfer.«
Um die Vernehmung von Qourirs Nachbarn kümmerte sich die Kriminalpolizei Stockholm. Keiner der Bewohner seines Stockwerks hatte zum Zeitpunkt des Mordes jemanden kommen oder gehen sehen, falls die Zeitangabe des Gerichtsmediziners überhaupt zutraf. Egon Jönsson erhielt die Verhörprotokolle am Spätnachmittag und übergab sie Rosén, der sie Elina, Svalberg und Enquist zeigte.
»Eigentlich haben wir nichts in der Hand«, sagte Rosén zu seinen drei Ermittlern. »Wir gehen nach Hause. Morgen besprechen wir dann eingehend, wie wir weiterkommen können.«
Elina rief Susanne an: »Ich brauche Gesellschaft.«
Während Emilie zwischen ihren Beinen herumwieselte, erzählte Elina von ihrer letzten Nacht mit Anton, von der Ermittlung, die ihr aus den Händen zu gleiten drohte, und von dem Gefühl, jetzt mit allem von vorn beginnen zu müssen.
Um halb sieben war es Zeit, Emilie zu Bett zu bringen. Das Mädchen sträubte sich, weil Elina zu Besuch war. Susanne ging mit ihr ins Schlafzimmer, um für eine ruhige Stimmung zu sorgen.
Elina schaltete den Fernseher ein und senkte die Lautstärke. Die Werbung ging gerade zu Ende, und die Erkennungsmelodie der Nachrichten erklang. Die Schlagzeile bewirkte, dass Elina sofort wieder lauter drehte. Fassungslos hörte sie eine Frau mit Löwenmähne den ersten Beitrag ankündigen.
»Die Sicherheitspolizei geht von einem Zusammenhang zwischen einem Mord an einem vierzigjährigen Einwanderer im Stockholmer Vorort Tensta und dem brutalen Doppelmord an zwei jungen Leuten letzten Sonntag in Västerås aus. Die Polizei schweigt sich über das eventuelle Motiv aus, der Nyheterna gegenüber ließ sie jedoch verlauten, dass zwei der Opfer Mitglieder von Terrororganisationen im Nahen Osten gewesen seien. Wir machen darauf aufmerksam, dass gewisse Sequenzen des folgenden Beitrags recht verstörend sein könnten.«
Aufnahmen aus Ahmed Qourirs Wohnung in Tensta. Reporter mit Mikrofon: Die Leiche des Mannes wurde hier gefunden. Sein Hintergrund. Die angenommene Verbindung zum Doppelmord.
Interview: Der Chef der Sicherheitspolizei mit dem Aussehen eines Frettchens. Terrororganisationen in Schweden, die wir bereits beobachteten, als der globale Krieg gegen den Terror noch nicht begonnen hatte.
Sprecherstimme: Die Polizei hat sich dafür entschieden, ein Video zu zeigen, das von einem der Mordopfer, kurz bevor es ermordet wurde, aufgenommen wurde.
Elina atmete tief ein und hielt dann die Luft an. Sie sah den Elch, es wurde gezoomt, »Jamal«, die rennenden Füße … alles!
Sie zwang sich dazu, aufmerksam zuzuhören. Dann folgte wieder das Interview. Der Chef der Sicherheitspolizei: »Aus dem Video geht die unerhörte Brutalität des Verbrechens hervor. Wir hoffen, dass Hinweise auf die Identität des Täters eingehen.«
Dann sprach der Reporter sein Resümee: Den Nyheterna liegen Informationen vor, wonach die Sicherheitspolizei davon ausgeht, dass der Täter das Land bereits verlassen habe.
Elina fuchtelte mit den Händen in der Luft. Sie konnte es nicht fassen. Sie schaute in Richtung Schlafzimmer. Die Tür war geschlossen. Susanne, das darf nicht wahr sein! Sie griff zum Telefon. Wählte die Privatnummer Roséns. Nach dem zweiten Klingeln hob er ab.
»Hast du das gesehen? Was zum Teufel geht da eigentlich ab?«
»Ich hab’s auch gesehen. Jönsson hat mich vor einer Viertelstunde angerufen und es mir gesagt. Er und Bäckman seien dagegen gewesen. Das waren diese Geheimdienstler aus Stockholm, die vorgeschlagen haben, das Video ans Fernsehen zu geben. Der Chef der Sicherheitspolizei hat es abgesegnet, was ganz offensichtlich stimmt, denn er war schließlich höchstpersönlich im Fernsehen zu sehen. Vielleicht war es ja auch seine Idee.«
»Aber warum? Das ist doch vollkommen schwachsinnig! Denk nur an Annikas Eltern! Was für ein fürchterlicher Schock das gewesen sein muss. Sie hatten das Video ja noch gar nicht gesehen, und plötzlich führt man ihnen den Mord an ihrer Tochter im Fernsehen vor. Fühlt sich dafür jemand verantwortlich?«
»Ich kann nur hoffen, dass jemand sie vorher verständigt hat.«
»Aber warum? Warum haben sie das Video gezeigt?«
»Ich weiß nicht, Elina. Ich weiß
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