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Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Titel: Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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Ausnahme von denen, die Spione anwerben sollten.«
    Sergej schenkte ihr ein Lächeln, das einstudiert wirkte. Elina versuchte, eine vernichtende Antwort zu finden, ihr fiel aber nichts ein. Nadia lachte erneut und hakte sich bei Elina ein.
    Das Café tauchte zehn Minuten später hinter einem Park auf. Schwere Gardinen von der Decke bis zum Boden, dunkles Mobiliar, Mädchen mit dicken Herbstjacken, blondiertem Haar und kurzen Röcken. Verqualmt. Nadia zündete sich eine Zigarette an. Sergej hielt Elina eine Schachtel hin, aber sie schüttelte den Kopf.
    Nachdem sie ihren Kaffee getrunken hatten, schnitt Nadia das Thema an.
    »Sollten wir nicht zu dieser Wohnung in der Profzojusnaja fahren, Sergej? Das könnten wir doch?«
    »Klar«, antwortete Sergej. »Vielleicht ist euer Flüchtlingsfreund ja dort?«
    »Ich kann in einem anderen Land keine polizeilichen Nachforschungen betreiben«, meinte Elina. »Das könnte zu diplomatischen Protesten führen. Außerdem ist die Ermittlung eingestellt.« Sie erklärte Sergej, was geschehen war.
    »Na dann«, meinte Sergej, »wenn die Ermittlung ohnehin eingestellt ist, dann handelt es sich ja nicht mehr um eine polizeiliche Nachforschung. Du hilfst einfach nur ein paar Leuten dabei, ein verschwundenes Familienmitglied zu suchen.«
    »Genau«, pflichtete ihm Nadia bei. »Du tust ihnen einen Gefallen. Komm schon, wir fahren gleich hin. Dann kann ich dir auch zeigen, wo ich aufgewachsen bin!«
    Elina zögerte, aber ihre Neugier siegte. Als Nadia ihre Hand ergriff und sie aus ihrem Sessel zog, folgte sie bereitwillig.
    Sie nahmen die Ringlinie der U-Bahn, auf der jede Station einem Museum glich. Nadia zeigte ihr die Profzojusnaja auf einem Übersichtsplan. Elina prägte sich ein, dass ein kyrillisches »P« einem Tor glich.
    Die Profzojusnaja erinnerte an eine kleinere Stadt. Die Häuser standen an der breiten Straße wie aufgereihte Dominosteine. Nadia zeigte auf eines der Gebäude, von dem sich der Putz stellenweise großflächig gelöst hatte, sodass das Backsteinskelett sichtbar war.
    »Dort, im obersten Stockwerk, drittes, nein, viertes Fenster von links. Dort wuchs Gottes Geschenk an die Menschheit auf.«
    An der Haustür von Nummer 368 bückte sich Sergej und suchte die Fassade neben der Tür mit den Augen ab.
    »Er sucht den Türcode«, sagte Nadia. »Es gibt immer irgendeine Mutter, die ihn an die Hauswand schreibt, falls ihre Kinder ihn vergessen sollten.«
    Die Wohnung lag im fünften Stockwerk. Elina wollte schon fragen, ob sie es wirklich wagen konnten, den Fahrstuhl zu benutzen, stieg dann aber in die Kabine, ohne Einspruch zu erheben. Die Tür mit der Nummer 17 auf einem kleinen Blechschild war mit schwarzem Wachstuch verkleidet. Sergej klingelte. Niemand öffnete. Er hämmerte auf die Tür. Nach einer Weile ließ sich eine Stimme hinter der Tür vernehmen. Sergej brüllte:
    »Militsija! Otkrojte dver! «
    »Sergej sagt, dass er von der Polizei ist und dass sie aufmachen sollen«, sagte Nadia mit einem nachsichtigen Lächeln.
    »Nein«, sagte Elina entsetzt. »Nicht von der Polizei!«
    »Zu spät«, sagte Nadia und zuckte mit den Achseln. »Außerdem war das vermutlich die einzige Methode, sie dazu zu bringen, die Tür zu öffnen.«
    Ein Schlüssel wurde umgedreht und die Tür einen Spalt weit geöffnet. Sergej öffnete sie ganz. Ein Mann mit gehäkelter Mütze, weiten Kleidern und schwarzem Vollbart stand in der winzigen Diele. Sergej sagte ein paar Worte auf Russisch und erhielt ein leises Da zur Antwort.
    »Komm«, meinte Nadia. »Der Mann sagt, dass wir reinkommen dürfen.«
    Wahrscheinlich ist er glücklich, dass Gäste kommen, dachte Elina.
    An einem Tisch saßen vier weitere Männer, die ähnlich gekleidet waren.
    »Afghanen«, sagte Sergej.
    Nur einer der Männer sprach Russisch. Nadia übersetzte, was er sagte.
    »Sie leben hier nun schon seit einem bis drei fahren. Kein Land will sie aufnehmen, und nach Afghanistan können sie auch nicht zurück. Sie bekommen etwas Geld vom UNHCR, aber jedes Mal nimmt ihnen die Polizei einen Teil ab. Er hofft, dass wir nicht auch Geld von ihnen wollen.«
    Elina schüttelte den Kopf. »Frag ihn, ob er sich an einen Palästinenser namens Sayed Al-Sharif erinnert.«
    Nadia wandte sich an den Mann.
    »Er sagt, er sei niemandem mit diesem Namen begegnet, es herrsche aber eine rege Fluktuation in dieser Wohnung.«
    Sergej beugte sich zu dem Mann vor, der ihnen die Tür geöffnet hatte, und deutete dann auf die vier anderen, die auch

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