Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel
Computer und schrieb einen langen Brief. An Martin.
Sie las das Geschriebene noch einmal durch. War das voreilig? Sie legte den Brief in einem Ordner mit der Bezeichnung Privat ab. Die Entscheidung, ob sie ihn abschickte, konnte warten.
33. KAPITEL
Die Akten landeten kurz vor dem Mittagessen auf dem Schreibtisch von John Rosén. Er ging sie zusammen mit Elina und Henrik Svalberg durch.
»Damit wäre das erledigt«, sagte Rosén nach der letzten Akte. »Sämtliche Fälle sind von Yngve Carlströms Abteilung bearbeitet worden. Er hatte Einblick in alle Fälle oder hätte zumindest die Möglichkeit gehabt. Jetzt steht er wirklich auf unserer Liste der Verdächtigen.«
»Ich kann heute schon anfangen, ihn zu überwachen«, meinte Elina. Sie schaute auf die Uhr. »Viertel nach eins. Ich kann dann noch schnell nach Hause fahren und ein paar Kleider zusammenpacken und bin dann um vier vor der Migrationsbehörde.«
»Machen wir«, sagte Rosén.
Das Auto, in dem sie saß, war unauffällig. Ein grüner Saab 9000 aus den späten Neunzigern. Im Unterschied zu ihrem schwarzen Cabrio kein Wagen, der auffiel. Die Sonne war eine gute Stunde zuvor untergegangen, und die Straße wurde nur noch von den Laternen erhellt. Menschen begannen allmählich aus dem Gebäude zu strömen. Deren Arbeitstag war zu Ende. Sie kümmerten sie nicht. Sie hatte die Augen auf seinen Wagen gerichtet. Er würde ihn wohl kaum über Nacht dort stehen lassen.
Sie sah ihn bereits von weitem. Er war größer, als sie ihn in Erinnerung hatte. Vielleicht weil sie bei ihrem letzten Treffen gesessen hatten, oder weil sie sich in seiner Größe getäuscht hatte, weil er so unansehnlich war. Er ging etwas vornübergebeugt. Brauner Mantel, Brille, kurze Nase. Keine Mütze, abgetragene Kleidung. Er zog einen Autoschlüssel aus der Tasche und öffnete mit einem Knopfdruck die Zentralverriegelung.
Sie schob den Hebel der Automatik auf Drive und folgte ihm. Er nahm den Weg, mit dem sie gerechnet hatte, die kürzeste Strecke zur Ankdammsgatan in Solna. Elina fragte sich, warum er überhaupt das Auto zur Arbeit nahm, denn er wohnte nur ein paar Häuserblocks entfernt. Aber manchmal tat sie das schließlich auch, um ihr Auto rasch zur Hand zu haben.
Carlström fuhr an seinem Haus vorbei und hielt vor einem Lebensmittelladen etwas weiter die Straße entlang. Kurz darauf trat er mit einer Tüte in der Hand wieder auf die Straße. Er fuhr zurück und stellte seinen Wagen auf dem für ihn reservierten Parkplatz vor dem Haus ab. Er ging auf die Haustür zu. Öffnete sie. Seine Wohnung lag im siebten Stockwerk.
Elina zählte die Sekunden. Nach etwa einer Minute ging das Licht in seiner Wohnung an. Carlström schien direkt nach oben gegangen zu sein.
Es war fünf nach halb sechs. Vier Stunden und vierzig Minuten später ging das Licht aus. Elina wartete noch zehn Minuten, dann ließ sie den Motor an. Ihre Eltern wussten, dass sie kommen würde, obwohl es spät werden konnte.
34. KAPITEL
»Spreche ich mit Henrik Svalberg?«
Die Stimme am anderen Ende klang bekannt, Svalberg konnte sie jedoch nicht richtig einordnen. Also antwortete er einfach nur: »|a.«
»Hier ist Lennart Lilja, der Vater von Annika.«
Svalberg nickte schweigend.
»Darf ich fragen, wie es Ihnen und Ihrer Frau geht?«, sagte er.
»Danke. Wir leben von einem Tag zum nächsten.«
Es wurde still.
»Ich will Sie ein paar Sachen fragen, die Ihre Ermittlungen betreffen«, sagte Lennart Lilja. »Mir wäre es sehr recht, wenn Sie zu uns nach Hause kommen könnten. Ich habe keine große Lust, das Präsidium aufzusuchen.«
Svalberg schaute auf die Uhr.
»Das verstehe ich«, sagte er. »Ich könnte sofort kommen. Die Adresse habe ich.«
»Bis später.«
Svalberg parkte auf der Straße vor dem Einfamilienhaus. Die Einfahrt war leer, das Auto der Familie stand nicht dort. Lennart Lilja öffnete, noch ehe Svalberg klingeln konnte.
»Disa ist bei unserem Sohn Gustav«, sagte er. »Sie ist oft dort. Wir sind also allein.«
Svalberg zog sich in der Diele die Schuhe aus. Er warf einen Blick ins Wohnzimmer. Die Blumen auf den Fensterbänken mussten gegossen werden. Auf der Terrasse standen noch die Gartenmöbel. Vor einem Foto von Annika auf dem Regal stand eine brennende Kerze.
Sie setzten sich an den Küchentisch. Lennart Lilja war magerer geworden. Er sah älter aus.
»Es war schwerer, als ich es mir hätte vorstellen können«, sagte er. »Alle Eltern denken des Öfteren daran, wie es wäre,
Weitere Kostenlose Bücher