Elizabeth - Tochter der Rosen
Eigenschaft halber sehr ...«
Ein Klopfen an der Tür unterbrach uns. Henry wurde sogleich unruhig, denn in diesen Tagen waren alle Nachrichten schlechte.
Man sagte uns, dass Sir Robert Clifford aus Burgund zurück sei und dringend Bericht erstatten wolle.
Was hat er mit Henry zu schaffen?, fragte ich mich. Clifford war ein Lancastrianer, der im Jahr zuvor zu den Yorkisten übergelaufen war, und dafür hatte Morton ihn in St. Paul offiziell als Verräter gegen den König verflucht. Nun kam er mit ernster Miene auf uns zu und kniete sich vor Henry. Meinem Gemahl zitterten die Hände, und sein Atem ging flach, auch wenn er eine betont gelassene Haltung neben mir auf dem Sofa einnahm. Als ich von ihm zu seiner Mutter sah, erkannte ich den Grund für sein Unbehagen. Clifford ist einer von Henrys Spionen!, durchfuhr es mich. Mortons Fluch sollte das Bild, das er nach außen gab, lediglich glaubwürdiger machen. Es war einsolch subtiles und täuschendes Detail, wie es einzig Margaret Beauforts listigem Verstand entsprungen sein konnte.
»Was bringen Sie an Neuigkeiten, Clifford?«, fragte Henry.
»Die Verschwörung wächst, Hoheit. König James von Schottland und Maximilian von Österreich bieten Warbeck Männer und Waffen für die Invasion an.« Er zögerte und senkte die Stimme. »Es gibt einige aus Euren königlichen Kreisen, die Hilfe versprachen.«
Allen im Zimmer stockte hörbar der Atem.
»Mylord, sollte die Königin sich nicht lieber in ihr Gemach zurückziehen?«, fragte Margaret Beaufort ihren Sohn.
»Sie ist jetzt eine von uns«, antwortete er. »Glaubst du, sie würde ihre eigenen Söhne zugunsten eines Hochstaplers verraten?«
Und wenn er kein Hochstapler ist?, regte sich eine zarte Stimme in mir. Ich holte tief Luft und wies diesen Gedanken weit von mir. Ausgeschlossen. Es ist zu lange her, und Dickon lebt nicht mehr.
»Sie sagen, falls Perkin Warbeck beweisen kann, dass er Richard of York ist, werden sie nicht die Hand gegen ihn erheben, Sire.«
Für einen Moment war nichts als das Trommeln der Regentropfen auf den Fenstern zu hören.
»Kann es denn bewiesen werden?«, fragte Henry. Seine Lippen waren bleich.
»Es heißt, der Prätendent habe Dokumente mit dem Siegel Richards III . bei sich. Außerdem hat er das gleiche seltsame linke Auge, das mehrere Plantagenet-Könige auszeichnete – und Richard of York. Die gekrönten Häupter Europas haben ihn ausnahmslos als Richard von England anerkannt. Sogar Spanien.«
Beklemmende Stille legte sich über den Raum. Vor Schreckhatte ich mich halb aufgerichtet. Sogar Spanien, unser größter Verbündeter!
Henry wandte sich zu mir. »Elizabeth, bedenke bitte, dass Dokumente gefälscht werden können! Und das Auge bedeutet nichts. Dein Vater hat viele uneheliche Kinder gezeugt.« Dennoch bebte seine Stimme beim Sprechen.
Ich sank wieder auf meinen Platz zurück und wusste nicht, was ich glauben sollte. Ich wusste, dass Richard meine Brüder nicht ermordet hatte, und ich wusste, dass Edward gestorben war, wahrscheinlich durch Buckinghams Hände. Aber ich konnte nicht sagen, was nach Bosworth aus Dickon geworden war. Hatte meine Tante einen treuen Gefolgsmann in Brügge gehabt, von dem sie erfahren hatte, wie Lovells Invasion ausgegangen war? Hatte Lovell meinen Bruder mitgenommen, als er nach der Niederlage geflohen war?
Henry riss mich aus meinen Gedanken. »Diese Verräter in unserer Mitte, wer sind sie?«
Clifford räusperte sich nervös, bevor er antwortete: »Ihr Anführer ist jemand, von man es nie für möglich gehalten hätte. Euer Onkel, Sir William Stanley.«
Erschrocken blickte ich zu Margaret Beaufort. Ihr Gesicht bekam einen glasigen Glanz, während Henry sie ebenfalls voller Entsetzen anstarrte.
»Der Bruder meines Stiefvaters? Mein Kämmerer?«, murmelte der aschfahle Henry.
Zwar mochte er an schlechte Nachrichten gewöhnt sein, doch auf diese erstaunlichen Ausmaße, die sie nunmehr annahmen, war er nicht gefasst gewesen. Als Kämmerer ernannte Stanley Henrys vertrauteste Diener: seine Wundärzte, Barbiere, Heiler, Ritter und Leibgardisten – all jene, die ganz nahe an den König herankamen und ihn mit einem plötzlichen Dolchstoß umbringen könnten.
Henry stand sichtlich erschüttert und gespenstisch blass auf. »Aber er rettete mir in Bosworth Field das Leben und wurde dafür reich belohnt. Er hat mich eigenhändig gekrönt! Das kann nicht sein. Er hat zu viel zu verlieren, als dass er es wagen würde, einen Schwindler
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