Ella und der Neue in der Klasse
Tür.
»Beeilt euch!«, rief er uns noch nach, dann hörten wir die schwere Eisentür zufallen.
Wir rannten, so schnell wir konnten, aber der Gang war endlos lang.
»Wer das wohl ist, der uns erwartet?«, fragte ich.
»Bestimmt der Ausrufer«, vermutete Tiina.
»Aber wie kann er im Voraus wissen, dass wir kommen?«, wunderte ich mich.
»Ausrufer müssen alles im Voraus wissen. Wie sollen sie sonst durchsagen, was als Nächstes passiert?«, erklärte Hanna.
Das stimmte wahrscheinlich. Und es war ein bisschen beängstigend, dass wir gleich so jemanden kennenlernen sollten.
Die Flügeltür, von der uns der Wachmann erzählt hatte, war groß und sah schwer aus, aber sie gab überraschend leicht nach, als wir alle zusammen dagegenrannten. Dann hatten wir nicht mal Zeit, uns über das hell angestrahlte Eishockeyfeld zu wundern, das gleich hinter der Tür begann. Dazu waren wir viel zu schnell.
An unserer Geschwindigkeit lag es wahrscheinlich auch, dass wir nach ein paar Schritten auf dem Eis durch die Gegend schlitterten wie Kegel, die eine Kugel genau an der richtigen Stelle getroffen hat. Pekka war der Einzige, der genau auf den Mittelkreis zuschlitterte. Genauer gesagt, rutschte er pfeilschnell auf dem Bauch wie ein ins Wasser tauchender Fischreiher. Und im Mittelkreis wartete schon ein Onkel mit Mikrofon. Auf den waren gerade noch die Blicke vieler Tausend Zuschauer gerichtet. Aber jetzt kamen wir.
»Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus Anlass des heutigen Länderspiels wird uns der aus Funk und Fernsehen bekannte Kinderchor Purzelbaum die Nationalhymne zu Gehör bringen!«, verkündete der Onkel mit dem Mikrofon.
Genau da wurde Pekka von den Füßen des Onkels gestoppt. Der Onkel schaute nach unten und Pekka zu ihm hinauf.
»Bist du der Kinderchor?«, fragte der Onkel.
»Bist du Paavos Vater?«, fragte Pekka.
»Hoffentlich nicht«, sagte der Onkel, und dann starrte er Pekka so lange an, dass wir anderen es schafften, uns aufzurappeln und um die beiden herum im Mittelkreis zu versammeln.
Dann kamen jede Menge Eishockeyspieler aufs Eis. Die einen trugen blaue Hosen und gelbe Trikots, auf denen »Sverige« stand. Die anderen trugen blaue Hosen und weiße Trikots, auf denen »Suomi« stand. 3
Der Onkel sah jetzt aus, als wüsste er nicht recht weiter, aber dann fiel ihm offenbar doch wieder ein, worauf die Zuschauer warteten. Die Eishockeyspieler hatten sich inzwischen alle in einer Reihe aufgestellt und ihre Helme abgenommen. Links standen die Blau-Gelben, rechts die Blau-Weißen.
»Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte erheben Sie sich für die Nationalhymnen!«, rief der Onkel mit dem Mikrofon.
»Singt!«, flüsterte er uns zu.
»Wie bitte?«, wunderten wir uns.
»Ihr könnt doch wohl singen?«
»Klar«, versicherten wir ihm.
»Dann singt!«
Und dann sangen wir. Der Onkel gab uns dafür sogar das Mikrofon. Wir wussten zwar nicht, was wir singen sollten, aber das machte nichts, weil wir sowieso nur zwei Lieder können. Das eine ist das von dem Pechvogel mit den Ziegeln und das andere heißt »Die Affen rasen durch den Wald«. Das Affenbandenlied konnten wir noch nicht lange, aber wir fanden, dass es besser zu einem Eishockeyspiel passte. Wir hätten nur nie gedacht, dass die Menschen es sich im Stehen anhören und dazu auch noch die Hüte und Mützen vom Kopf nehmen würden.
»Die Affen rasen durch den Wald,
der eine macht den andern kalt,
die ganze Affenbande brüllt:
Wer hat die Kokosnuss,
wer hat die Kokosnuss,
wer hat die Kokosnuss gekla-ha-haut?
Wer hat die Kokosnuss,
wer hat die Kokosnuss,
wer hat die Kokosnuss geklaut?«
Weiter konnten wir das Lied nicht, aber das machte nichts, weil die Zuschauer es konnten und allein weitersangen. Ich glaube, sie fanden es alle sehr schön und genau richtig feierlich. Nur der Onkel mit dem Mikrofon sah irgendwie komisch aus, so knallfeuerrot im Gesicht, aber vielleicht war er auch ein bisschen schüchtern wegen den vielen Leuten. Als das Lied zu Ende war, nahm er wieder das Mikrofon.
»Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach der finnischen nun die schwedische Nationalhymne!«, rief er. Dann guckte er uns ganz komisch an und gab uns das Mikrofon zurück.
Wir fanden, das Pechvogellied passte immer noch nicht, also sangen wir das von der Affenbande noch mal, nur diesmal mit einer zweiten Strophe. Das heißt, Hanna sang die zweite Strophe allein, sie hatte sich nämlich einen neuen Text dafür
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