Elli gibt den Loeffel ab
sprichst.«
Elli wirkte unendlich erleichtert, und Heinz beneidete sie um dieses Gefühl. Er hatte niemanden, mit dem er über die Last, die er seitJahren mit sich herumtrag, reden konnte, und Elli wäre die Letzte, der er von seinem zerstörerischen Egoismus erzählen wollte.
»Du sagtest >zunächst<...« Seine Neugier war geweckt, und angesichts ihrer spürbaren Leichtigkeit wagte er es, sie darauf anzusprechen.
»Ich habe mir an jenem Abend eingeredet, einiges im Leben verpasst zu haben. Meine Ehe mit Josef... Im Nachhinein betrachtet war sie alles andere als gut.« Ellis Miene wirkte auf einmal traurig.
»Aber was ist mit den vielen Reisen, von denen du mir erzählt hast? Mit dem aufregenden Leben?«
»Mehr war es nicht. So hart das klingt, Josef und ich... wir haben uns gut ergänzt, aber... Heinz, ich habe mir klargemacht, dass ich meinen Mann damals nur geheiratet habe, weil ursprünglich Doro ihn haben wollte. Das ist so schrecklich, dass ich mich dafür bis auf die Knochen schäme.« Elli bekam feuchte Augen.
Heinz nahm sie in den Arm, was Elli für einen Augenblick sichtlich genoss. Sie löste sich von ihm und trocknete sich die Augenwinkel mit den Ärmeln ihrer Bluse.
»Ich habe meinen Preis dafür bezahlt. Ich war mit einem Mann zusammen, den ich nicht geliebt habe.«
»Deshalb die Romanze mit Roberto?«
Elli rang sich ein bitteres Lächeln ab und nickte. »Ich hab’s bisher niemandem erzählt. Um ganz ehrlich zu sein... Es ist ziemlich traurig, wenn jemand sich so verhält.«
»Wir machen alle Fehler«, konnte Heinz mit mehr als gutem Gewissen sagen, denn was er sich in seinem Leben geleistet hatte, war mit Sicherheit wesentlich schwerwiegender als dieser Schwesternstreit, der in erster Linie etwas damit zu tun hatte, wie die beiden aufgewachsen waren. Keine Charakterfrage also. Elli hatte zweifelsohne einen guten Charakter. Er dagegen hatte einen schlechten. Dies unterschied sie beide, und genau deshalb hatte er eine Frau wie sie auch nicht verdient.
»Du hattest mit Roberto übrigens recht. Er hat versucht, uns über den Tisch zu ziehen, aber das spielt jetzt auch keine Rolle mehr.« Schlagartig schien sich ihre Miene zu verfinstern. Resignation lag in ihrem Blick.
»Warum, was ist denn passiert?«, fragte er nach.
»Doro ist die Alleinerbin. Es gibt einen Brief, der das beweist«, erklärte Elli.
»Was macht dich so sicher, dass du nicht auch Alessandros Tochter bist?«
Elli war anzusehen, dass sie darüber noch gar nicht nachgedacht hatte. »Hast du alle Briefe gelesen? Vielleicht verschweigt dir Dorothea ja auch etwas?«
»Das glaube ich nicht. Auch wenn wir oft miteinander gestritten haben, sie würde mich nie hintergehen.«
»Also, wenn mich jemand gefragt hätte, wer von euch beiden italienisches Blut in den Adern hat... Als ich dich das erste Mal gesehen habe, an der Tankstelle, war ich mir sicher, dass du eine Italienerin bist.«
»Du bist nicht der Erste, der das sagt«, erwiderte sie schmunzelnd.
»Gibt es denn keinen Hinweis darauf? Hat deine Mutter nie etwas angedeutet?«
Ellis Augen verengten sich, was anscheinend immer der Fall war, wenn sie über etwas nachdachte. »Hat sie dir vielleicht etwas hinterlassen? Ich habe von meinem Großvater zum Beispiel eine Schnupftabakdose bekommen. Irgendetwas Persönliches?«
»Einen Löffel«, platzte es aus ihr heraus. »Natürlich, der Löffel.«
»Einen Löffel?«
»Meine Mutter hat ihn mir kurz vor ihrem Tod geschenkt. Darauf sind Alessandros Initialen eingraviert. Aber vielleicht hat das alles auch gar nichts zu bedeuten. Der Löffel war womöglich nur ein Glücksbringer. Ich bin mir sicher, dass sich meine Mutter nichts dabei gedacht hat.«
»Du solltest dir die Briefe noch mal ansehen«, bestärkte er sie.
»Ich wollte eigentlich heute abreisen. Das wird mir alles zu viel.« Elli wirkte unentschlossen.
Zumindest sollte sie den möglichen Ärger nicht allein durchstehen. »Wenn du magst, bleibe ich noch solange hier«, bot Heinz ihr an.
Der Libanon konnte warten. Immerhin hatte er es bereits bis zu den phönizischen Stufen geschafft, auch wenn sie auf Capri lagen.
Vielleicht waren es ja nur die berühmt-berüchtigte deutsche Gründlichkeit und Sauberkeit. Anja putzte, polierte und scheuerte die Küche der Casa Bella bestimmt schon seit einer Stunde. Doch es war nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver. Sie wusste genau, dass ihre Tage in der Pension gezählt waren. Sobald ihre Mutter mit Paolos Vater einig wurde,
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