Elli gibt den Loeffel ab
hier?«
Im Nu waren ihre Hände patschnass geleckt. Der kleine Kerl schien sich gar nicht mehr beruhigen zu wollen, selbst dann nicht, als Heinz in Begleitung des Hoteliers die Zimmertür erreichte.
»Scusi, signora. Der Herr...«
»Heinz!« Elli traute ihren Augen nicht.
»Elli!« Heinz schien von innen heraus zu strahlen, als er sie sah, und ihr erging es nicht anders.
Angesichts von Oskars Tänzeln und Heinz’ Strahlen bedurfte es keiner weiteren Erklärung. Der Hotelier sah ein, dass dieser Besuch äußerst willkommen war, und verabschiedete sich mit einem Nicken.
»Du hast etwas bei mir verloren.« Er reichte ihr das Lederetui.
Elli nahm es entgegen und schüttelte fassungslos den Kopf. »Danke. Du bist also bis hierher gefahren... Ich... Wie hast du mich überhaupt gefunden? Ach ja, der Brief. Komm doch erst mal rein«, stammelte sie, gerührt und überwältigt zugleich. »Es ist noch Kaffee übrig. Magst du einen?«
»Gerne.«
»Und für dich haben wir sicher noch ein Schälchen mit Wasser«, wandte sie sich nun an Oskar.
Der Hund schien jedes Wort zu verstehen, was sein vor Freude kreisender Schwanz eindrucksvoll belegte.
Heinz nahm auf einem der Korbsessel Platz. Elli konnte es immer noch nicht glauben, dass er leibhaftig vor ihr saß und solche Mühen auf sich genommen hatte, um sie ausfindig zu machen. Jeder andere hätte ihr die Sachen einfach nach Deutschland geschickt, an die auf dem Personalausweis angegebene Adresse.
»Ich dachte, du wärst längst auf dem Weg nach Ägypten...« Elli schenkte ihm Kaffee ein.
»Das dachte ich auch, aber es sollte wohl nicht sein.«
»Jetzt habe ich ein richtig schlechtes Gewissen.«
Heinz lächelte sie für einen Moment nur an. »Es ist schön, dich wiederzusehen«, sagte er, nachdem er an seinem Kaffee genippt hatte. »Und Oskar freut sich auch.«
Offensichtlich, denn der kleine Hund hatte es sich bereits auf ihrem Schoß bequem gemacht.
»Ein Erbe ohne Ausweis anzutreten. Das wäre sicher schwierig geworden«, mutmaßte Heinz und traf damit voll ins Schwarze.
Erst jetzt erinnerte Elli sich, dass sie ihm erzählt hatte, weshalb sie nach Capri wollte. »Der Ausweis ist noch das geringste Problem«, erwiderte sie.
Heinz zog neugierig die Augenbrauen hoch. Sollte sie ihn in die ganze Geschichte einweihen? Elli fuhr Oskar durchs Fell und kam dabei zu dem Schluss, dass es eigentlich überhaupt keinen Grund gab, ihm nicht von den jüngsten Ereignissen zu erzählen. Vielleicht konnte er ihnen sogar einen Rat geben? Außerdem fühlte es sich gut an, dass er hier war.
Der Boden war so staubig, dass Anja jeden einzelnen ihrer Schritte sehen konnte. Abdrücke wie auf Schnee, nur dass der vermeintliche Schnee grau war. Die abgedeckten Möbel wirkten im fahlen Licht der Dachluke irgendwie gespenstisch, und die vielen Spinnweben sowie das Knarzen der alten Deckenbalken taten ihr Übriges. Wie sich die Möbel und der Geschmack der Menschen doch über Jahrzehnte verändern konnten — ebenso wie die Qualität des Mobiliars. Wohin Anja auch blickte, standen Möbel aus Massivholz, das mit viel Liebe zum Detail gearbeitet worden war. Eingelassene Fliesen und Glasornamente kamen zum Vorschein, als sie mit der flachen Hand den Staub der Jahrzehnte von einer Kommode wischte, die ihr den Weg zu den großen Schränken versperrte. Ihre Großmutter hatte zweifelsohne einen guten Geschmack gehabt.
Die Kommode zu verrücken, erwies sich als echte Herausforderung. War die vielleicht schwer! Anja erinnerte sich, dass dies der Grund war, weshalb sie die Möbel damals nicht entsorgt hatten. Irgendwo in diesem eingestaubten Chaos mussten die Briefe sein, die hoffentlich belegen konnten, dass sie ein Haus auf Capri geerbt hatten. Ihre Mutter hatte sie genau instruiert, in den Kommoden und auf einem der großen Holzschränke nachzusehen. Offenbar konnte sie sich nicht mehr genau erinnern, wo sie die Korrespondenz ihrer Großmutter mit ihrer besten Freundin Charlotte gefunden oder verstaut hatte. Vielleicht in einer der Kommodenschubladen?
Was da alles zum Vorschein kam. Eine wunderschöne Puderdose aus Keramik, ein eingetrocknetes Tintenfass, Muscheln, die vermutlich von Capri stammten. Warum sonst sollten sie auf einem Stapel Fotos mit angegilbten Urlaubserinnerungen aus Italien liegen? Anja zog die Bilder heraus und blätterte den Stapel neugierig durch. An eine der Aufnahmen konnte sie sich sogar noch erinnern. Sie war gerahmt, und darauf war eine kleine Pension zu sehen, die
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